Internetnutzung am Arbeitsplatz - Teil II

20.12.2005
Die meisten Arbeitsplätze sind heute mit einem Internetanschluss versehen. Doch das heißt nicht, das der Mitarbeiter die grenzenlosen Möglichkeiten auch automatisch nutzen darf. Rechtsanwalt Johannes Richard über die dazugehörigen Rechte und Pflichten.

Sowohl bei der Feststellung von arbeitsrechtlichen Pflichtverletzungen wie auch bei einer "Qualitätskontrolle" der Leistungen des Arbeitnehmers stellt sich die Frage, was dem Arbeitgeber an Überwachungsmaßnahmen bei der Computertätigkeit seines Arbeitnehmers erlaubt ist.

Der Arbeitgeber unterliegt hierbei einmal dem Fernmeldegeheimnis nach § 85 Abs. 2 TKG, wenn er "geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt oder daran mitwirkt". Diese Telekommunikationsdienste müssen sich, damit § 85 TKG Anwendung findet, gemäß § 1 Nr. 5 TDG an Dritte richten. Bei der rein dienstlichen Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen wie Telefon und E-Mail sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, da es sich hierbei nicht um ein Angebot für Dritte handelt. Der Arbeitnehmer ist im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht mit Dritten vergleichbar.

Bei den dienstlichen Nutzung des Interents steht das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Vordergrund.
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Anders sieht die Situation aus, wenn dem Arbeitnehmer das Recht eingeräumt ist, an seinem Arbeitsplatz Telekommunikationsleistungen privat in Anspruch zu nehmen. Die private Nutzung von Telekommunikationsleistungen, wie beispielsweise E-Mails, fällt daher auch am Arbeitsplatz unter das TKG. Bei einer privaten Nutzung von E-Mail-Leistungen findet des Weiteren das Teledienstdatenschutzgesetz Anwendung.

Bei der dienstlichen Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen des Arbeitgebers steht somit mangels Anwendbarkeit von TKG und TDDSG das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers im Vordergrund. Entsprechende Rechtsprechung beruht auf der Vertraulichkeit von Telefongesprächen und wird auch auf E-Mails Anwendung finden. Das Mitschneiden von privaten Telefongesprächen ist somit nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (CuR 1992, Seite 498 ff.) nicht zulässig.

Es gibt jedoch Ausnahmen, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG, NZA 1996, Seite 218) definiert hat. Im Einzelfall kann das Interesse des Arbeitgebers vor demjenigen des Arbeitnehmers Vorrang haben. Dies kann dann der Fall sein, wenn der Eingriff nach Inhalt, Form und Begleitumständen erforderlich ist und überdies das schonendste Mittel darstellt. Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts war die Überwachung eines Call-Centers durch Mitschneiden der Gespräche, um die Qualitätsmaßstäbe zu überprüfen. Die Telefonüberwachung war jedoch auf die Probezeit beschränkt und bezog sich zudem ausschließlich auf dienstliche Gespräche.

Ferner muss unterschieden werden, ob der Inhalt von Telefongesprächen oder nur die Begleitumstände (Beginn und Ende, vertelefonierte Einheiten, angerufene Nummer) aufgezeichnet werden. Dieser Eingriff ist ein geringerer als das Aufzeichnen der Telefongespräche selbst.

Speicherung zulässig, aber nur unter engen Voraussetzungen

Übertragend auf den E-Mail-Verkehr am Arbeitsplatz wird man annehmen müssen, dass die Speicherung von Log-Files, wie Zeitpunkt der Absendung oder angeschriebene Adresse, wohl als zulässig erachtet werden muss, ein Zugriff auf den Inhalt der E-Mail jedoch ausgeschlossen ist. Ausnahmen sind hier wohl nur denkbar, wenn überwiegende Interessen des Arbeitgebers vorliegen, wie ein begründeter Verdacht auf strafbare Handlungen, etwa der Verrat von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen.

Eine Zulässigkeit des Speicherns der Log-Files dürfte sich insbesondere aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes (BAG, DB 1983, 2080) zur Telefondatenerfassung ergeben. Zumindest bei gestatteter privater E-Mail- und Internetnutzung gilt ? 85 TKG, sodass hier keine Befugnis des Arbeitgebers besteht, die angewählten Adressen zu speichern. Soweit der Arbeitgeber von vornherein auf eine Kostenerstattung verzichtet, gibt es überhaupt keinen Grund, den privaten E-Mail-Verkehr zu erfassen. Bei einer privaten Internetnutzung erstreckt sich das Recht des Arbeitgebers auf Speicherung der Verbindungsdaten nur auf Abrechnungszwecke.

Inwieweit es dem Arbeitgeber gestattet ist, Inhalte und Verbindungsdaten von nicht genehmigtem privatem E-Mail- und Internetverkehr in einem späteren Arbeitsprozess einzuführen, ist umstritten. Eigentlich besteht ein generelles Verwertungsverbot, sodass Abmahnungen oder Kündigungen eigentlich auf solche, vom Arbeitgeber gespeicherten Daten nicht gestützt werden können. In der Praxis sehen dies die Arbeitsgerichte anscheinend anders, wie das Urteil des Arbeitsgerichtes und Landesarbeitsgerichtes (a.a.O.) Hannover zeigt.

In der Praxis liegt es nahe, die Internet- und E-Mail-Nutzung am Arbeitsplatz durch eine Betriebsvereinbarung zu definieren. Ohnehin unterliegt die E-Mail- und Internetkontrolle gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz der Mitbestimmung. Eine derartige Betriebsvereinbarung kann Probleme der Einführung von IT-Technik am Arbeitsplatz klären, Fragen der Mitarbeiterqualifizierung und vor allen Dingen eine verbindliche Regelung über die private Nutzung des E-Mail- und Internetanschlusses treffen. Insbesondere kann eine Missbrauchsregelung getroffen werden, die entweder allgemeiner Natur sein kann, was Umfang und Inhalt der Internetkommunikation angeht. Ein Missbrauch kann aber auch so definiert werden, dass jegliche private Nutzung darunter fällt.

Auch Fragen der Überwachung des E-Mail-Verkehrs können geregelt werden. In diesem Zusammenhang kann es sich beispielsweise, um Missverständnisse auszuschließen, anbieten, für jeden Mitarbeiter zwei E-Mail-Adressen, nämlich eine dienstliche und eine private, einzurichten. Regelungsbedürftig ist auch der Umgang mit Zugangspasswörtern. Es kann somit die Verpflichtung mit aufgenommen werden, Passwörter geheim zu halten.

Aufgrund der nicht immer ganz zuverlässigen Sicherheitsstandards kann auch geregelt werden, dass die Übermittlung von vertraulichen Informationen durch E-Mails ausgeschlossen wird oder einer Verschlüsselungsverpflichtung unterliegt. Auch die Archivierung von E-Mails kann entsprechend geregelt werden.

Verdachtsmomente ausräumen

Bei einem begründeten Missbrauchsverdacht der Internet- und E-Mail-Nutzung kann ein entsprechendes Prozedere niedergelegt werden. Beispielsweise kann geregelt werden, dass erst einmal ein Gespräch mit dem Betroffenen geführt wird. Können dann Verdachtsmomente nicht ausgeräumt werden, kann beispielsweise vereinbart werden, dass ein Vertreter der Geschäftsleitung und ein Vertreter des Betriebsrates die Verbindungs- und Inhaltsdaten auswerten, soweit dies zur Klärung der Vorwürfe erforderlich ist.

Steckbrief des Autors: Johannes Richard

Rechtsanwalt Johannes Richard arbeitet in der Kanzlei Langhoff, Dr. Schaarschmidt & Kollegen in Rostock. Er ist auf Internet- und Online-Recht sowie Wettbewerbsrecht spezialisiert.

www.internetrecht-rostock.de