IT-Händler: trotz Umsatzzuwachs auffallend viele Einbußen

19.10.2000
Auch wenn die Vergleichzahlen Hoffnung machen, gut geht es dem deutschen Einzelhandel noch lange nicht. Vor allem mittelständischen Händlern aus dem IT-Bereich macht der Preiskampf schwer zu schaffen.

Der klassische Einzelhandel hat bis einschließlich Juli dieses Jahres 410 Milliarden Mark umgesetzt. Das sind 1,6 Prozent mehr als im Vorjahr. "An internationalen Maßstäben gemessen reicht dies aber nur für einen hinteren Platz. Wir sind noch nicht richtig auf Erfolgskurs", dämpft Hermann Franzen, Präsident des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), die aufkommende Euphorie. Die Investitionsneigung sei entsprechend schwach ausgeprägt: Laut der aktuellen HDE-Umfrage wollen zwei Fünftel der Einzelhandelsbetriebe die geplante Investitionssumme für dieses Jahr zurückfahren, nicht einmal mehr ein Viertel plant noch zu investieren. "Ein Wirtschaftszweig mit großer Zuversicht und gefestigten Ertragserwartungen würde anders handeln", meint Franzen.

Dabei habe es laut Befragung vor allem im zweiten Quartal Anzeichen gegeben, dass die Verbraucher mehr konsumieren wollen. Doch die kräftigen Preissteigerungen für Mineralöl haben das aufkeimende Stimmungshoch wieder gedrückt, glaubt Franzen, die Einzelhändler empfänden die Konsumenten als wechselhaft.

Doch es gebe auch positive Ergebnisse: "Im Durchschnitt gesehen, war die Umsatzentwicklung der Betriebe, die an unserer Umfrage teilgenommen haben, besser als im Vorjahr." Fast die Hälfte hat ein wenig zulegen können, bei 40 Prozent ist der Umsatz gefallen. Franzen: "Damit sind wir von der guten Zeit Ende der 80er-Jahre aber weit entfernt." Damals war das Verhältnis zwei Drittel Plus zu einem Drittel Minus. Am günstigsten haben in der HDE-Umfrage bezüglich der Umsatzentwicklung die Fach- und Verbrauchermärkte abgeschnitten. Die Fachgeschäfte und die Supermärkte lagen im Mittelfeld, die meisten Warenhäuser konnten ihren Vorjahresumsatz nicht halten.

Das entscheidende Erfolgskriterium war im ersten Halbjahr dieses Jahres offenbar die Betriebsgröße: Erst ab einem Jahresumsatz von mehr als fünf Millionen Mark hat die Mehrzahl der Betriebe nach eigenen Angaben ein Umsatzplus erreicht. Bei einem Drittel von ihnen lagen die Zuwächse demnach sogar bei über fünf Prozent. In den Größenklassen unter einer Million Mark Jahresumsatz, zu denen rund zwei Drittel der Einzelhandelsbetriebe gehören, gab es dagegen überproportional viele Betriebe mit negativer Umsatzentwicklung, so das Ergebnis der Befragung. Bei fast der Hälfte lag der Umsatzrückgang bei über fünf Prozent. Damit habe sich die negative Entwicklung für die vielen kleinen Einzelhandelsbetriebe fortgesetzt, meint HDE-Präsident Hermann Franzen: "Von Jahr zu Jahr nimmt die Existenzgefährdung der Betriebe der unteren Größenklasse zu."

Auch die Ertragsentwicklung im Einzelhandel habe sich trotz des leichten Umsatzplus leider nicht verbessert, "sie ist anhaltend unbefriedigend". Nur 28 Prozent der Einzelhandelsbetriebe konnten laut Umfrage den Gewinn im ersten Halbjahr steigern. Bei 40 Prozent ist er zurückgegangen. Entscheidend für die Gewinnentwicklung sei die Preispolitik innerhalb der Branche gewesen, glaubt man im Verband. "Unsere Umfrage lässt vermuten, das in einigen Sparten Mehrumsatz nur durch Preissenkungen generiert worden ist." In manchen Branchen mit überdurchschnittlichem Umsatzzuwachs gebe es auffallend viele Betriebe mit Ertragseinbußen: Der Handel mit Lebensmitteln gehöre dazu und auch der Handel mit Unterhaltungselektronik oder mit Computern. Die Preiskämpfe hätten allerdings den Ertrag der Preisführer nicht wesentlich geschmählert. Bei ihnen habe der Mehrumsatz der Ertragsverfall gestoppt.

Am besten läuft es im Gewerbegebiet

Auch die Lage entscheidet offenbar über Erfolg und Misserfolg: In der Umfrage haben Betriebe auf der "Grünen Wiese" und in Gewerbegebieten abermals am besten abgeschnitten, gefolgt von den Stadtteilzentren. Die City-Lagen haben bei der Ertragsentwicklung am besten abgeschnitten. Zur Problemzone werden immer mehr die Nebenlagen in den Innenstädten: "Das ist aber die typische Lage für die aus den goldenen Meilen in der City abgedrängten mittelständischen Betriebe. Bei ihnen häufen sich zur Zeit leider die bremsenden Einflüsse", so Franzen.

Das verfügbare Einkommen der Konsumenten schrumpfe, dennoch hofft der HDE auf ein gutes Weihnachtsgeschäft, erklärt der Präsident: "Ich halte es durchaus für möglich, dass der Umsatzzuwachs mit bis zu zwei Prozent höher ausfallen könnte, als zu Beginn des Jahres prognostiziert." (mf)

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