ITK-Branche: Ab ins billigere Ausland?

17.06.2005
In Deutschland geht die Sorge um, dass zunehmend Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Informationstechnologie- und Telekommunikationsbranche. Vor allem das Thema "Offshoring" drohe den Unternehmen.

In Deutschland geht die Sorge um, dass zunehmend Arbeitsplätze ins Ausland verlagert werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Informationstechnologie- und Telekommunikationsbranche. Vor allem das Thema "Offshoring" - das Auslagern bestimmter Geschäftprozesse ins günstigere Ausland - drohe den Unternehmen.

Doch die Arbeitsplätze in der deutschen ITK-Branche scheinen vor dieser "Gefahr" vorerst sicher. Dies hat die deutsche Bank (DB Research) jetzt in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) in einer Studie herausgefunden.

Für den "Offshoring Report 2005" befragte die Deutsche Bank und Bitkom 572 Unternehmen, die Offshoring-Dienstleistungen anbieten beziehungsweise nachfragen.

Die Umfrage ergab, dass zwar teilweise Abbau von Arbeitsplätzen im Inland in der Zukunft erwartet wird. Saldiert seien aber keine größeren Entlassungen plant. In fast einem Drittel der befragten Unternehmen soll künftig offshore-bedingt sogar Personal von fünf Prozent oder mehr aufgebaut werden.

Offshoring im Kommen

Insgesamt sollen die Offshoring- Umsätze in Zukunft deutlich steigen, so der Bericht weiter. Allerdings starteten diese von einem niedrigen Niveau aus. Denn derzeit gehen noch relativ wenige Projekte und Prozesse aus Deutschland ins Ausland.

Dennoch erwirtschafte schon jeder sechste Anbieter mit Offshoring-Dienstleistungen einen jährlichen Umsatz zwischen einem und fünf Millionen Euro. Auch die Gesamtnachfrage nach Offshoring-Dienstleistungen dürfte laut der Umfrage stark zunehmen.

Eine deutliche Mehrheit der Befragten erwartet moderates (fünf bis zehn Prozent) bis starkes (über 20 Prozent) Wachstum. In den nächsten fünf Jahren wollen nur sehr wenige der Nachfrager ihre Offshore-Aktivitäten zurückschrauben.

ITK-Prozesse am besten geeignet

ITK-Prozesse eignen sich am besten für eine Verlagerung. Neben Anwendungsentwicklung sind Applikations-Management, Datenerfassung, Archivierung und User Help Desk diejenigen ITK-Prozesse, die von den Befragten am stärksten verlagert werden.

Handlungsbedarf für die ITK-Branche

Für die Analysten von Bitkom und Deutsche Bank ist klar: Offshoring wird noch zu wenig genutzt.

So wird im Report gemahnt, dass sich deutsche Firmen der ITK-Branche diesem globalen Trend nicht entziehen sollten. Auch sie müssen ihre Wertschöpfungsketten global restrukturieren und optimieren, wollen sie im internationalen Wettbewerb nicht zurückfallen oder sogar auf dem Heimatmarkt Boden verlieren, so der Bericht weiter.

Die Qualitäts-, Effizienz- und Kostenvorteile leistungsfähiger Offshoring-Anbieter in das Wertschöpfungsportfolio zu integrieren, sei somit eine notwendige Voraussetzung für eine starke heimische ITK-Branche, die hochwertige Arbeitsplätze sichere und auch schaffe.

Vorreiter USA

Die großen US-amerikanischen ITK-Firmen nutzen die Kosten und Qualitätsvorteile anderer Standorte wie Indien schon seit Mitte der 90er Jahre. Wie im Report beurteilt wird, sei die Globalisierung der Wertschöpfungsketten sogar der Grund für die wirtschaftliche Dynamik der USA in den letzten zehn Jahren. Wissenschaftliche Schätzungen kommen zu dem Ergebnis, dass die USA zwischen 1995 und 2002 um jährlich 0,3 Prozentpunkte geringer gewachsen wären, hätten die Firmen auf IT-Offshore-Outsourcing verzichtet.

Inzwischen gingen immer mehr Länder "offshore", und damit würden auch andere Standorte neben Indien, das derzeit auch fast 90 Prozent des west-europäischen Offshoring-Handelsvolumens abdeckt, an Bedeutung gewinnen. Vor allem Osteuropa einschließlich Russland sei stark im Kommen.

Den gesamten "Offshoring Report 2005" finden Sie hier. (aro)