Bundesrat fordert zahlreiche Einschränkungen

Jahressteuergesetz 2009 - noch viel in der Schwebe

03.11.2008
Der Bundesrat hat seine Stellungnahme zum Regierungsentwurf zum JStG 2009 beschlossen und wünscht von Änderungen - auch zum Schließen von Fluchtwegen vor der Abgeltungsteuer. Hier das Wichtigste.

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 19.9.2008 umfangreiche Stellungnahmen zum Jahressteuergesetz (JStG) 2009 abgegeben (BR Drs. 545/1/08). Nur wenige Vorhaben im Regierungsentwurf werden kritisiert, dafür neue Änderungswünsche eingebracht. Hervorzuheben sind Einschränkungen beim Grundsteuererlass, für Kapitallebensversicherungen und Investmentfonds. Nachfolgend die wichtigsten Punkte im Überblick.

Vorsteuer beim Betriebs-Pkw

Der Bundesrat spricht sich gegen die Wiedereinführung der Beschränkung des Vorsteuerabzugs für privat genutzte Firmenfahrzeuge auf 50 Prozent aus, da dies einen Verstoß gegen den Grundsatz der Neutralität der Umsatzsteuer darstellt. Die vorgesehene Gesetzesänderung führt zu einer willkürlichen Steuerbelastung vieler Unternehmen. Vor allem für kleine Unternehmer und Existenzgründer, die sich nur ein Fahrzeug leisten können, bedeutet die Neuregelung eine Steuererhöhung. Die vorgesehene Einschränkung des Vorsteuerabzugs verstößt in der vorliegenden Form gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, weil es dem Unternehmer nicht ermöglicht wird, trotz Nachweisführung mehr als den hälftigen Vorsteuerabzug zu erhalten.

Rürup-Renten

Der Bundesrat regt für das weitere Gesetzgebungsverfahren ein bundeseinheitliches Verfahren zur Prüfung und Feststellung von Vorsorgeprodukten an. Ein Zertifizierungsverfahren durch eine zentrale Stelle soll die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2b EStG bei Rürup- beziehungsweise Basis-Vorsorgeprodukten prüfen und eine Anerkennung aussprechen. Dadurch würde durch ein bundeseinheitliches Anerkennungsverfahren ein wichtiger Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet, da Finanzverwaltung, Anbieter und Sparer vom gleichen Stand ausgehen könne, für welche Basis-Vorsorgeprodukte auch tatsächlich von allen Finanzämtern der erhöhte Sonderausgabenabzug gewährt wird.

Spenden

Die Regelung zur Abziehbarkeit von Mitgliedsbeiträgen an Körperschaften, die künstlerischen und kulturellen Zwecken dienen, soll zielgenauer ausgestaltet werden. Es bedarf einer gesetzlich hinreichend konkretisierten Regelung, wonach Mitgliedsbeiträge trotz der Gewährung bestimmter steuerunschädlicher Vergünstigungen unter Ausgrenzung von Missbrauch voll abziehbar bleiben. Beispiel: Der Theaterförderverein bewirbt unter Hinweis auf die steuerliche Abzugsmöglichkeit eine Mitgliedschaft, die ein unentgeltliches Theaterabonnement beinhaltet.

Kommanditisten

Durch das JStG 2009 sollen über § 15a Abs. 1a EStG nachträgliche Einlagen des Kommanditisten weder zu einem nachträglichen noch zu einem künftigen Verlustausgleich führen. Das wird nicht akzeptiert. Der BFH (Urteil v. 26.6.2007, IV R 28/06) hat klargestellt, dass Einlagen oberhalb des Jahresverlustes ein negatives Kapitalkonto ausgleichen, das in künftigen Jahren anfällt.

Kapitallebensversicherungen

§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG soll so ausgestaltet werden, dass vermögensverwaltende Versicherungsverträge von den allgemeinen Besteuerungsregelungen für Versicherungsverträge ausgeschlossen. Das gilt für

- Versicherungsverträge, bei denen eine gesonderte Verwaltung der Kapitalanlagen vereinbart wurde und der wirtschaftlich Berechtigte unmittelbar oder mittelbar Einfluss auf die Anschaffung oder Veräußerung der verwalteten Vermögensgegenständen nehmen,

- Policen mit minimaler Anforderung an die Risikoleistung.

Zudem soll eine bestehende Lücke bei der Sicherung des inländischen Besteuerungsanspruchs bei Erträgen aus ausländischen kapitalbildenden Lebensversicherungsvertrag durch einen Kapitalertragsteuerabzug geschlossen werden, wenn das ausländische Versicherungsunternehmen eine inländische Niederlassung unterhält. Für eine Verpflichtung zum Einbehalt von Kapitalertragsteuer ist unmaßgeblich, ob die Auszahlung der Versicherungsleistungen über eine Niederlassung im Inland abgewickelt wird oder nicht.

Da ausländische Versicherungsunternehmen nicht verpflichtet sind, auf Erträge aus kapitalbildenden Lebensversicherungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG Kapitalertragsteuer einzubehalten, soll der Besteuerungsanspruch anders gesichert werden. Das könnte durch die Schaffung einer Mitteilungspflicht für inländische Versicherungsvertreter erreicht werden. Diese melden eine erfolgreiche Vermittlung mit einem ausländischen Versicherungsunternehmen an das BZSt.

Progressionsvorbehalt

Der Regierungsentwurf sieht mit Blick auf das EU-Recht vor, den Progressionsvorbehalt bei Einkünften aus EU- und EWR-Staaten ganz zu streichen. Der Bundesrat sieht über die Regelung in § 15b EStG bereits eine Verhinderung von Steuersparmodellen, sodass keine Gefahr auf der Ebene des Progressionsvorbehalts für neue Steuersparmodelle entstehen würde. Daher soll die Anwendung des § 2a EStG wie der Gesetzentwurf auf Drittstaatenfälle beschränkt bleiben und für negative Einkünfte aus dem EU-/EWR-Bereich nur die allgemeinen, für in- und ausländische Einkünfte gleichermaßen geltenden, Verlustausgleichsbeschränkungen anzuwenden sein.

Haushaltsnahe Dienstleistungen

Der Bundesrat bittet, die Zusammenfassung der Fördertatbestände des § 35a EStG mit einem deutlich erhöhten Fördervolumen und eine Anhebung des Fördersatzes von 20 auf 25 Prozent zu prüfen. Angesichts einer möglicherweise bevorstehenden konjunkturellen Eintrübung muss rechtzeitig geprüft werden, inwieweit durch eine Ausweitung der bestehenden Reglung des § 35a EStG die befürchteten Effekte vermieden werden können.

Einkommensteuer-Vorauszahlungen

Nach dem Gesetzentwurf soll der Mindestbetrag für die nachträgliche Erhöhung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen von 2 500 auf 5.000 Euro angehoben werden. Der Bundesrat weist darauf hin, dass das Gebot der zeitnahen Erhebung von Steuern zu beachten ist, sodass sich die Anhebung der Mindestgrenze nicht mit der Vermeidung von Bagatellfällen begründen. Die bisherige Mindestgrenze sollte daher nicht geändert werden.

Anpassungen an die Abgeltungsteuer

- Der Bundesrat möchte Erträge aus Options- und Termingeschäften, soweit diese zu den V+V-Einkünften gehören, vom Kapitalertragsteuerabzug ausnehmen, wenn für Zwecke der Abstandnahme vom Steuerabzug dem Institut eine Bescheinigung des Veranlagungsfinanzamts vorgelegt wird.

- Ein Depotübertrag mit Gläubigerwechsel gilt ab 2009 als Veräußerung der übertragenen Papiere, sofern der Anleger keine unentgeltliche Übertragung anzeigt (§ 43a Abs. 2 EStG) handelt. Hierbei werden keine Stückzinsen angesetzt. Dies sollte wie bei einem normalen Verkauf von Anleihen geregelt werden.

- Die Verrechnung von Verlusten aus Kapitalvermögen soll mit Kapitalerträgen des Ehegatten bei einem Institut sollte möglich sein, wenn ein gemeinsamer Freistellungsauftrag erteilt wurde. Mit einer ehegattenübergreifenden Verlustverrechnung bereits beim Kapitalertragsteuerabzug werden zusätzliche Veranlagungsfälle vermieden.

Mantelkauf

Die neue Regelung zum Untergang von Verlustvorträgen beim Übergang der Anteile wird der Eigenständigkeit einer Kapitalgesellschaft nicht gerecht. Sie lässt außer Acht, dass Verlustvorträge in der Regel Ausfluss des Vorsichts- und Imparitätsprinzips sind. Die derzeitige Regelung ist zudem gestaltungsanfällig, weil die Verlustvorträge bei einem gestaffelten Erwerb weiterhin genutzt werden können. Das Kapitalbeteiligungsgesetz enthält bereits eine Ausnahmeregelung, nach der Zielgesellschaften auch bei einem schädlichen Beteiligungserwerb nicht genutzte Verluste in Höhe der im Unternehmen vorhandenen stillen Reserven weiterhin abziehen können. Diese Regelung ist auch für eine generelle Lösung des Mantelkaufproblems ein tauglicher Ansatz.

Gewerbesteuer

- Die Hinzurechnung nach § 8 GewStG bei Mieten, Pachten und Leasingraten für unbewegliche Wirtschaftsgüter soll anstelle von 65 nur noch mit 50 % erfolgen.

- Laut BFH (Urteil v. 4.4.2007, I R 23/06) steht die Gewerbesteuer bei Windkraftwerken der Sitz- und nicht der Betreibergemeinde zu. Um den Belangen der Gemeinde des Geschäftssitzes und des Standorts der Windkraftanlagen ausgewogen Rechnung zu tragen, wird ein Zerlegungsmaßstab eingeführt, der sich grundsätzlich an den Steuerbilanzwerten des Sachanlagevermögens und den Arbeitslöhnen ausrichtet.

Grundsteuererlass

Nach der bisher geltenden Regelung des § 33 GrStG ist die Grundsteuer teilweise zu erlassen, wenn der normale Rohertrag um mehr als 20 Prozent gemindert ist und der Steuerschuldner diese Minderung nicht zu vertreten hat. Nach jüngster Rechtsprechung von BFH und BVerwG kommt ein Erlass auch in den Fällen des strukturell bedingten Leerstands in Betracht. Infolge der damit ausgeweiteten Anwendung des § 33 GrStG werden von den Gemeinden erhebliche Grundsteuerausfälle befürchtet. Eine Änderung soll zu einer gerechteren Lastenverteilung zwischen Grundstückseigentümern und den Gemeinden beitragen. Die Ertragsminderung, ab dem ein Erlass in Betracht kommen kann, steigt von 20 auf 50 Prozent. Sofern diese Voraussetzung erfüllt ist, sollen zwei Billigkeitsstufen eingeführt werden. Bei einer Ertragsminderung von mehr als 50 Prozent ist die Grundsteuer in Höhe von 25 Prozent und bei einer Ertragsminderung von 100 Prozent in Höhe von 50 Prozent zu erlassen.

Investmentfonds und Abgeltungsteuer

- Fonds- und Direktanleger sollen bei den Regeln zu den Stückzinsen gleichgestellt werden. Derzeit kann der Fonds beim Anleihekauf negative Einnahmen abziehen und die beim Verkauf erzielten Erlöse gehen - im Gegensatz zum Direktanleger - nicht in die ausschüttungsgleichen Erträge. Diese Diskrepanz ergibt sich, weil vereinnahmte Stückzinsen ab 2009 zu den Veräußerungsgewinnen nach § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG gehören.

- Die Ausnahme der Gewinne im Sinne des § 20 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 EStG von den in § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG definierten ausschüttungsgleichen Erträgen soll für solche Fälle ausgeschlossen werden, in denen durch Kopplung von Finanzinstrumenten eine steuerfreie zinsähnliche Rendite erzielt werden soll. Für bis zum Beschluss des Bundesrates bereits erworbene Investmentanteile soll eine Übergangsregelung vorgesehen werden.

- Der Bundesrat bittet, die Definition des Zwischengewinns derjenigen der ausschüttungsgleichen Erträge i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 3 InvStG anzugleichen.

- Ausschüttungsgleichen Erträge werden derzeit bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinnes in vollem Umfang gewinnmindernd berücksichtigt. Damit wird auch der Anteil steuerwirksam abgezogen, der auf die vom Fonds einbehaltene Kapitalertragsteuer entfällt. Daher sollen die auf die ausschüttungsgleichen Erträge entfallenden und aus dem Investmentvermögen gezahlten Steuern gewinnerhöhend berücksichtigt werden.

Fazit

Wie allgemein schon üblich, kommen bei einem Jahressteuergesetz als Omnibuspaket über den Bundesrat eine Reihe weiterer Änderungsvorschläge hinzu. Die Anpassungen an die Abgeltungsteuer werden wohl nicht nur so kommen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren kommen sicherlich noch weitere hinzu. Ob allerdings die Einschränkung beim Grundsteuererlass kommt und der Plan zum hälftigen Vorsteuerabzug wieder fallen gelassen wird, bleibt hingegen abzuwarten.

Robert Kracht, www.haufe.de/steuern