Vertriebstraining, Teil 4

Jeder Tag ist ein "Independence-Day"

05.08.2015 von Lars Wegner
In Anlehnung an eine Schlüsselszenen des 1996 in den Kinos gestarteten Films "Independence Day" lesen Sie in diesem Beitrag, warum im Vertrieb das gesprochene Wort eine besondere Bedeutung hat.

Zu den schönsten Momenten in Filmen, egal aus welchem Genre, zählen für mich großartige Reden, in denen jemand eine Gruppe von Menschen nur durch die Kraft seiner Worte überzeugt und motiviert. Ein zeitgenössischeres Beispiel ist der Film "Independence Day", in dem der amerikanische Präsident das letzte Aufgebot der Menschheit zur entscheidenden Schlacht gegen außerirdische Invasoren einschwört. Angefeuert durch seine Rede und den abschließenden Satz "Heute feiern wir gemeinsam unseren Independence Day" begibt sich ein zusammengewürfelter Haufen von Kampfpiloten zu ihren Flugzeugen und steigt, überzeugt das Richtige zu tun, in den Himmel.

Durch die Kraft der Worte, den Kunden zum Verbündeten machen. Um gemeinsam mit dem Kunden auf gleicher Ebene zu einem erfolgreichen Abschluss zu gelangen, sollte der Verkäufer gut vorbereitet sein.
Foto: Annette Shaff - shutterstock.com

Die echte Welt ist nicht Schwarzweiß

Das Schöne an solchen Filmen ist, dass sie ein reines Schwarzweißbild von Gut und Böse malen dürfen und auch sollen. Es gibt keine Zweifel, keine Grautöne, kein Zögern. Die Außerirdischen sind böse und die Menschen sind gut. Manchmal wünsche ich mir ein so einfaches Weltbild auch bei den täglich anstehenden Entscheidungen, seien es berufliche Fragen, die Kindererziehung oder komplexe Kaufentscheidungen wie zum Beispiel "Welches Smartphone oder welchen Fernseher soll ich nehmen?"

Und wie sieht es bei Investitionen im Betrieb aus, die einen noch größeren Personenkreis und organisatorische Abläufe betreffen? Solche Fragen stellen sich professionelle Entscheider unter anderem in der ITK-Branche. Und kein echter Verkäufer - sei er auch noch so gut - wird seinen Kunden mit einer flammenden Rede zu einer Kaufentscheidung bringen. Dahinter steckt ein ganz einfacher psychologischer Grundsatz: Man kann Menschen nicht von außen überzeugen. Man kann sie bestenfalls bei ihren Gedanken und Gefühlen abholen und diese verstärken, so wie es der Präsident bei "Independence Day" gemacht hat. Bei seinen Zuhörern, den Piloten, war die Entscheidung, gegen die Außerirdischen zu kämpfen, nämlich im Kopf schon längst gefallen.

Mit offenen Fragen die Selbstüberzeugung anregen

Was man im Verkauf aber tun kann, ist, diesen Entscheidungsprozess, der im Kopf des Kunden stattfindet, zu steuern und ihm dabei zu helfen, sich selbst zu überzeugen. Das ist der Hauptgrund, warum man dem Kunden während des Gespräches viele Fragen stellen sollte. Weniger zu den Fakten wie zum Beispiel die Anzahl der Arbeitsplätze, sondern vielmehr zu Themen, die das Gegenüber zum Nachdenken und Bewerten seiner Situation bringen.
Wie erreicht man das? Mit offenen Fragen! Solchen also, die nicht mit einfachen Zahlen und Daten beantwortet werden können, sondern mit ausführlicheren Darstellungen. Das, worüber der Kunde dann nachdenkt, sollte möglichst in Bezug zu den Stärken Ihrer Produkte oder Dienstleistungen stehen. Anknüpfend an die geschlossene Frage nach der Anzahl der Arbeitsplätze in einem Unternehmen, könnte eine solche Frage dann beispielsweise lauten: "Was sind die aus Ihrer Sicht unproduktivsten Tätigkeiten, mit denen ihre Mitarbeiter sich beschäftigen müssen?", "Welche würden sie gern reduzieren?".

So gewinnen Sie kontinuierlich Neukunden
So gewinnen Sie kontinuierlich Neukunden
Wenn Fach- und Einzelhandelsgeschäfte nicht regelmäßig Neukunden gewinnen, schrumpft ihre Kundenbasis mit der Zeit – und somit auch ihr Umsatz und Ertrag. Hier einige Tipps vom Rhetorik- und Verkaufstrainer Ingo Vogel, wie die Neukundenakquise gelingen kann.
In die Alltagsarbeit einfließen lassen
Bedenken Sie als Inhaber oder Geschäftsführer eines Fach- oder Einzelhandelsgeschäfts stets: Ein gewisses "Kundensterben" ist im stationären Handel normal – selbst wenn Ihr Geschäft seinen Kunden eine Top-Leistung bietet. Zum Beispiel, weil Kunden umziehen. Oder sich zum Beispiel altersbedingt ihre Lebenssituation und ihre Bedürfnisse wandeln. Deshalb muss das Gewinnen von Neukunden ein fester Bestandteil Ihrer Alltagsarbeit sein – selbst wenn Ihr Geschäft nicht expandieren soll. Sonst schrumpft seine Kundenbasis mit der Zeit.
Auf die Jagd gehen
Für die meisten Fach- und Einzelhändler gilt: Echte Neukunden gibt es an ihrem Standort kaum – sieht man von den Heranwachsenden und Neu-Zugezogenen ab. Denn die meisten Frauen und Männer kauften auch zuvor bereits irgendwo ihre Kleidung und Lebensmittel, ihre Elektrogeräte und Bücher. Deshalb lautet die eigentliche Herausforderung bei der Neukunden-Akquise meist: Den Mitbewerbern Kunden abjagen – also anziehender und attraktiver als diese sein.
Einen Mehrwert bieten
Damit Ihnen dies gelingt, müssen Sie den Noch-nicht-Kunden einen Mehrwert bieten. Das können im Einzelfall günstigere Preise sein. Weit häufiger beschließen Kunden aber, künftig woanders einzukaufen, weil ihnen ein anderes Geschäft aus ihrer Warte eine bessere Leistung beziehungsweise mehr Nutzen bietet – zum Beispiel ein attraktiveres Sortiment. Oder eine kompetentere oder persönlichere Beratung. Oder schlicht bessere Parkmöglichkeiten. Häufig wechseln Kunden aber auch den Anbieter, weil ihnen dessen Verkäufer sympathischer sind.
Einen Vorteil herausarbeiten
Arbeiten Sie deshalb, bevor Sie mit der aktiven Neukunden-Akquise beginnen, exakt heraus, wofür Ihr Geschäft steht und welchen konkreten Mehrwert, es seinen Kunden mit seinen Produkten und Leistungen bietet – nicht nur aufgrund seines Sortiments und seiner Preisgestaltung, sondern auch auf der Beziehungsebene, also auf der Ebene, wie es den Verkaufsprozess und den persönlichen Kontakt mit den Kunden gestaltet.
Den Kunden überzeugen
Denken Sie beim Planen Ihrer Neukunden-Akquise stets daran: Mit den klassischen Marketing- und Werbeinstrumenten wie Anzeigen und Mailings können Sie Noch-nicht-Kunden zwar informieren oder sogar neugierig machen und sie zum Beispiel in Ihr Geschäft locken. Mit ihnen können Sie diese aber nicht für Ihr Geschäft sowie dessen Produkte und Leistungen begeistern. Diese Aufgabe fällt in erster Linie Ihren Verkäufern zu. Sie müssen im Kontakt mit den Kunden, diese von sich und den Produkten Ihres Unternehmens überzeugen und dafür sorgen, dass aus den Besuchern, sprich Schaukunden, Kaufkunden werden.
Die eigenen Verkäufer schulen
Messen Sie der Auswahl Ihrer Verkäufer eine entsprechend hohe Bedeutung bei und schulen Sie diese systematisch. Selbstverständlich fachlich, aber vor allem im Bereich der emotionalen Kundenansprache. Also unter anderem darin: Wie wecke ich das Interesse von Kunden? Wie präsentiere ich ihnen Produkte und Dienstleistungen so, dass sie zu träumen beginnen? Wie gewinne ich ihr Vertrauen? Und wie nehme ich Kunden für mich als Person ein – unter anderem, weil ich bewusst anders als die meisten Verkäufer agiere?
Das einkaufen zum Erlebnis werden lassen
Bedenken Sie dabei stets: Ein Schaukunde ist noch kein Kaufkunde, und ein Kunde, der einmal kommt und kauft, ist noch kein Stammkunde. Zu Stammkunden werden Kunden nur, wenn sie mit der Leistung Ihres Geschäfts rundum zufrieden sind und das Einkaufen in ihm für sie ein Erlebnis ist. Zum Beispiel aufgrund der Art, wie Sie Ihre Ware präsentieren. Oder wie Ihre Mitarbeiter mit den Kunden kommunizieren. Vermitteln Sie dieses Bewusstsein Ihren Mitarbeitern, damit sie sich im Kontakt mit Neukunden ebenso engagieren, wie wenn ein Stammkunde (der ihnen eine hohe Umsatzprovision bringt) vor ihnen steht.
Die Kunden pflegen
Kunden wollen umhegt und umpflegt werden. Betreiben Sie deshalb ein aktives Beziehungsmanagement. Zum Beispiel, indem Sie Ihre Kunden auf Ihrer Webseite oder in einem E-Mail-Newsletter über neue Produkte informieren. Oder indem Sie diese regelmäßig zu Kundenveranstaltungen einladen.
Bleiben Sie hartnäckig
Ein aktives Beziehungsmanagement kostet ebenso wie die Akquise von Neukunden Zeit (und/oder Geld). Doch denken Sie daran: Auch Ihre heutigen Top-Kunden, mit denen Sie die größten Umsätze erzielen, warum irgendwann einmal Neukunden. Das beweist, dass sich das Engagement lohnt. Vermitteln Sie dieses Denken auch Ihren Verkäufern.
Motivieren und begeistern Sie
Verkaufen ist ein schöner, aber oft auch anstrengender Job. Schulen Sie Ihre Verkäufer deshalb auch darin, sich selbst zu motivieren, und sich vor Kundenkontakten in eine gute Laune zu versetzen – selbst wenn sie mal einen schlechten Tag oder Moment haben. Denn warum sollten sich Besucher für Ihr Geschäft und seine Produkte begeistern, wenn Ihre Verkäufer (und Sie selbst) diese Begeisterung nicht ausstrahlen.

Zuerst sollte der Kunde das Problem selbst erkennen

Vielleicht fragen Sie sich manchmal, wozu Sie Ihrem Kunden Fragen stellen sollen, wenn das Problem oder die Lösung doch eindeutig sind. Beispielsweise ist klar, dass etwas nicht stimmt, wenn neben einem multifunktionalen Drucksystem ein voller Papierkorb steht. Als Experte sehen Sie sofort, dass der Kunde ein Bedürfnis hat. Zumal Sie auch von außen seine Situation betrachten. Aber sieht er das Problem auch? Oder begreift er es nur als Teil seiner Situation, an die er längst gewöhnt ist? All diese Fragen kann Ihnen Ihr Kunde beantworten. Sie können ihn so lange danach fragen, bis er ein Problem oder Bedürfnis für sich entdeckt. Und nebenbei wird er das Verkaufsgespräch sogar als echtes Beratungsgespräch erleben und von Ihrer Kompetenz begeistert sein.

Ein paar Tipps für Ihre Vorbereitung

Wenn alles gut läuft, wird der Kunde anfangen, seine derzeitige Situation zu überdenken, mögliche Probleme erkennen und sogar an einer Lösung interessiert sein. Dann ist er bereit, mit Ihnen in die "Schlacht" zu ziehen, um die Welt zu retten. Und nach Abschluss des Vertrages, wenn der Kunde wirklich überzeugt ist, kann eine motivierende Rede im Stil von "Independence Day" sicher nicht schaden. Aber übertreiben Sie es bitte nicht. (bw)

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