John Chambers trägt Huawei Freundschaft an

04.12.2006
Cisco-Präsident John Chambers hat überraschenderweise dem chinesischen Tk-Ausrüster Huawei seine Freundschaft angetragen.

Cisco-Präsident John Chambers ist ein gern gesehener Redner auf Tk-Kongressen. Dass er solche Kongresse vor allem dafür nutzt, um über die eigene Unternehmensstrategie zu reden, ist ebenfalls bekannt. Dass er aber die dieses Jahr zum ersten Mal in Hongkong stattfindende "Telecom World 2006" (4 bis 8. Dezember; veranstaltet von der ITU) dazu nutzen würde, ausgerechnet dem chinesischen Tk-Ausrüster Huawei seine Freundschaft anzutragen, überraschte doch. "Ich würde mich sehr freuen, eine Partnerschaft mit Huawei einzugehen", erklärte Chambers vor Journalisten in einer Konferenz am Rande der von vielen chinesischen Tk-Managern besuchten Messe. "Vielleicht wird das möglich sein - oder auch nicht", sagte Chambers.

Dass der Cisco-CEO sich Huawei als Partner wünscht, ist angesichts der Geschichte, die beide Unternehmen negativ verbindet, pikant. Angesichts des Potentials, dass beide im Tk-Markt haben könnten, ist aber einleuchtend.

Im Jahr 2003 verklagte Cisco Huawei wegen illegalen Kopierens des Cisco-eigenen Netzwerkbetriebssystems IOS. Im Jahr 2004 legten die beiden Unternehmen diesen Streit bei, nachdem Huawei zugestanden hatte, den Code seines Betriebssystems zu ändern. Seitdem ist Huawei zu einem weltweit tätigen Tk-Ausrüster geworden, der beispielsweise in Europa mehrere Kontrakte mit Service Providern abschließen konnte. Eigenen Angaben zufolge schloß Huawei im letzten Jahr mehr als die Hälfte (58 Prozent) seiner Verträge mit Telefonunternehmen außerhalb Chinas ab. Insgesamt konnte die Firma Aufträge im Wert von 8,2 Milliarden Dollar abschließen. Das Volumen zeigt, dass Huawei nicht nur für Cisco interessant wäre.

Doch genau bei diesen Partnerschaften liegt auch die Crux des Unternehmens. Abkommen mit Nortel und 3Com kamen überhaupt nicht in Fahrt oder währten, wie im Fall 3Com, nicht lange. Von weiteren Abkommen, etwa mit HP und Sun, ist wenig zu hören.

Selbst das Joint Venture mit Siemens - demnächst Nokia Siemens Networks -, das seit dem Jahr 2000 besteht, im letzten Jahr erneuert wurde, und zum Gegenstand den chinesischen 3G-Standard TD-SCDMA ("Time Division Synchronous Code Division Multiple Access") und weitere Festnetz- und Funknetzlösungen hat, erscheint womöglich brüchig. Erst vorige Woche verlautete aus chinesischen Finanzkreisen, Huawei plane, ohne den Münchener Konzern seine TD-SCDMA-Entwicklung voran treiben. Es habe bereits rund 2.000 Entwickler für das Thema abkommandiert.

Umgekehrt könnte eine Partnerschaft mit Huawei dem Netzwerker Cisco einen mächtigen Schub in Sachen IP-Netze und Kundenaufträge verleihen. Das weiß Chambers. So scheint ihn nicht einmal der Affront mit dem chinesischen Huawei-Rivalen ZTE Corp. zu stören, mit dem Cisco seit längerem als Partner verbunden ist. Zwar ist der zweitgrößte chinesische Tk-Ausrüster im Ausland längst nicht so erfolgreich wie Huawei, doch zuletzt hat das 1985 gegründete, in Shenzhen beheimatete und börsengelistete Unternehmen eine Reihe von Aufträgen in Europa akquirieren können. So arbeitet es neuerdings unter anderem mit der France Telekom und mit der britischen BT zusammen.

Allerdings: ZTE ist auch Partner von Alcatel, das seinerseits erst Lucent gekauft hat und damit erstmals als relevante Größe im US-Markt auftreten kann. Man sieht: Partnerschaften im Netzwerkmarkt sind vielseitig - und keineswegs festgezurrt. (wl)