Kienbaum Studie: Bewerbern fehlt Persönlichkeit

25.10.2006
Jeder zweite deutsche Personalmanager klagt über mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Bewerber. Es mangelt nicht an Masse, sondern an Qualität.
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Jeder zweite deutsche Personalmanager klagt über mangelnde Verfügbarkeit geeigneter Bewerber. Das ist kein quantitatives Problem: Viele Jobanwärter und doch zu wenige mit passendem Profil. Häufig scheitern Neueinstellungen an der Persönlichkeit des Kandidaten - so äußerten sich jedenfalls 50 Prozent der im Rahmen einer Kienbaum-Studie befragten Personaler. Defizite zeigen sich auch auf den Ebenen Sozialkompetenz (48 Prozent), Leistungsmotivation und Analysevermögen (jeweils 21 Prozent). Den Ausbildungsstand sehen hingegen nur 14 Prozent der Befragten als Einstellungshindernis. Dies sind die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Managementberatung Kienbaum, an der sich 141 Personalverantwortliche aus führenden deutschen Unternehmen beteiligten.

Für Walter Jochmann, Vorsitzender Geschäftsführer der Managementberatung Kienbaum, sind diese Zahlen keine Überraschung: "Diese Entwicklung bestätigt unsere Einschätzung. Es kann nicht ausreichen, sich bei Neueinstellungen nur auf die fachliche Qualifikation des Bewerbers zu verlassen. Für eine erfolgreiche Personalplanung ist es ebenso wichtig, den persönlichen Kompetenzen der Mitarbeiter vertrauen zu können."

Personalarbeit wird wichtiger

Angesichts der anstehenden Aufgaben gewinnt das Personalmanagement an Relevanz: 62 Prozent der Befragten beobachten eine steigende Bedeutung ihrer Arbeit für das Unternehmen. Dieser Trend spiegelt sich auch im Stellenwert des Personalwesens für die Unternehmensentwicklung. Rangierte das Human Resource Management (HRM) in der Hierarchie der Unternehmensfunktionen im Vergleichsjahr 2005 mit vier Prozent auf dem achten von insgesamt neun Plätzen, so steht es jetzt an vierter Stelle (16 Prozent). Nur die Bereiche Vertrieb (33 Prozent), Forschung und Entwicklung (27 Prozent) und Marketing (20 Prozent) genießen einen höheren Stellenwert.

Demographischer Wandel: Personaler suchen nach Lösungen

Schon jetzt betrachten 59 Prozent der Befragten den demographischen Wandel als Thema ihrer täglichen Arbeit. Häufigste Strategie gegen die Demographie-Falle ist die Intensivierung des Talent- und Nachfolgemanagements (80 Prozent). 52 Prozent arbeiten an neuen Konzepten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auf die Personalentwicklung älterer Mitarbeiter setzen 35 Prozent der Befragten. "Diese Ansätze gehen in die richtige Richtung", so Jochmann. "Nicht das Lebensalter, sondern Parameter wie Erfolg, Leistungsmotivation, Analysevermögen, erreichte Ziele sowie körperliche Fitness sollten Personalentscheidungen maßgeblich beeinflussen".

Mangelndes Budget verhindert Neueinstellungen

Neben Rekrutierungsproblemen verhindern finanzielle Engpässe die Besetzung freier Stellen. Rund die Hälfte der Befragten gibt an, aufgrund der aktuellen Budgetsituation vorerst keine Neueinstellungen vorzunehmen. Äußere Vorgaben besitzen demgegenüber weit weniger Einfluss auf die Personalpolitik: Den Kündigungsschutz bezeichnen 17 Prozent als Einstellungshindernis und lediglich 13 Prozent verweisen auf zu hohe Lohnnebenkosten.

Politische Vorgaben helfen nicht weiter

Mit Unterstützung von politischer Seite rechnen die Personalverantwortlichen nur bedingt. Die Mehrheit der Befragten bewertet die Arbeitsmarktpolitik der Großen Koalition als allenfalls ausreichend (56 Prozent). Nur fünf Prozent bezeichnen die bisherigen Ergebnisse als gut oder besser. Konkrete Reformkonzepte werden skeptisch beurteilt: Vom neuen Befristungsgesetz der Bundesregierung erwarten 36 Prozent keine Konsequenzen, 17 Prozent sehen darin eine zusätzliche Hürde für den Einstellungsprozess. 14 Prozent befürchten eine Verringerung der Beschäftigungsverhältnisse. Vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erwarten die Personalverantwortlichen einen erhöhten Arbeitsaufwand. Hiervon ist insbesondere die Dokumentation von Bewerbungsprozessen (70 Prozent) betroffen, 41 Prozent wollen Absageschreiben künftig mit erhöhter Sorgfalt formulieren. Mit der Überprüfung von Stellenanzeigen beschäftigen sich derzeit 39 Prozent der Befragten.

Der Blick nach vorn: Was die Personalabteilung zukünftig beschäftigt

Für die kommenden drei Jahre planen die Befragten eine intensive Begleitung von Change-Prozessen (57 Prozent). Zudem werden das High Performance Management (45 Prozent) und eine Ausweitung des Demographie- und Nachfolgemanagements (43 Prozent) als wichtige Aufgaben betrachtet. Für die Verbesserung ihrer Arbeit wollen 52 Prozent der Personalplaner verstärkt in die Qualifizierung der eigenen HR-Mitarbeiter investieren. Die Optimierung von HR-Prozessen soll vorhandene Reibungsverluste minimieren (50 Prozent). Eine Standardisierung der Personalarbeit versprechen sich die Befragten von der Etablierung internationaler HR-Strategien und der Formulierung von Guidelines (32 Prozent). (mf)