Klarer Trend zu 4,7 GB bei beschreibbaren DVDs

05.11.2000
Nach internen Kontroversen ziehen die Mitglieder der DVD+RW-Allianz jetzt wieder an einem Strang. Schon auf der Cebit demonstrierten sie einträchtig den Prototyp eines DVD+RW-Laufwerkes mit 4,7 GB: Eine Reaktion auf die mittler-weile zweite Generation konkurrierender DVD-R- und DVD-RAM-Laufwerke, die ebenfalls mit Kapazitäten von 4,7 GB aufwarten.

Befürworter und Hersteller von CD-RW-Laufwerken können sich entspannt zurücklehnen. Zumindest bis Ende dieses Jahres ist nicht mit einer ernsthaften Konkurrenz durch hochkapazitive DVD+RW-Laufwerke zu rechnen. Das musste die DVD+RW Allianz, bestehend aus Hewlett-Packard, Mitsubishi/Verbatim, Philips, Ricoh, Sony und Yamaha, anlässlich der Cebit einräumen. Selbst zu diesem Zeitpunkt gab es nur Evaluierungsmus- ter. Bis erste Stückzahlen der DVD+RW-Laufwerke in den Handel gelangen, wird es voraussichtlich Frühjahr 2001 werden.

4,7 GB ist die Plattform

Als positive Nachricht darf im Gegensatz zur verzögerten Verfügbarkeit immerhin die Einigung der DVD+RW-Allianz auf den neuen Kapazitätsstandard von 4,7 GB (pro Seite/Mediaoberfläche) gewertet werden. Endgültig vom Tisch ist damit die Konfusion um die Entwicklung einer DVD+RW mit einer Kapazität von 3 GB, wie sie lange Zeit von Sony und Hewlett-Packard vorangetrieben wurde. Die Kontroverse gipfelte sogar darin, dass Sony im Oktober 99 anlässlich einer Pressekonferenz mit dem DRX101S-RP offiziell ein DVD+RW-Laufwerk mit 3 GB vorstellte, die Produktankündigung allerdings eine Woche später widerrufen wurde.

Mit 4,7 GB werden DVD+RW-Medien zukünftig exakt die gleiche Kapazität wie handelsübliche DVD-ROMs haben und zu diesen eine "beiderseitige Kompatibilität" aufweisen: DVD+RW-Laufwerke können also DVD-ROMs und Video-DVDs lesen, im Gegenzug können DVD+RW-Medien von DVD-ROM-Laufwerken und DVD-Videoplayern gelesen werden. Darüber hinaus werden DVD+RW-Laufwerke abwärtskompatibel zu CD-ROM, CD-RW, CD-R und Audio-CDs sein.

Grund für die Kehrtwendung der DVD-Allianz war nach den Worten von Robert van Eijk, Vice President Marketing bei Philips Optical Storage, die Erwartungshaltung der Konsumenten. "Analog zur außerordentlich erfolgreichen CD-RW-Technologie will der Kunde im DVD-Bereich ein hochkapazitives Speichermedium, das kompatibel jede Art von Video- und PC-Anwendung abdeckt. Das werden wir ihm mit der neuen 4,7-GB-DVD+RW bieten."

DVD-R- und DVD-RAMHersteller legen nach

Dass 100-prozentige Kompatibilität zu bestehenden Technologien und eine Kapazitätssteigerung auf 4,7 GB ein absolutes "Muss" sind, haben indessen auch die Anbieter der konkurrierenden DVD-RAM- und DVD-R-Technologien lernen müssen. Trotz Entwicklungsvorsprung und verfügbarer Produkte stießen ihre Versuche, DVD-RAM-Laufwerke mit 2,6 GB beziehungsweise DVD-R-Laufwerke mit 3,95 GB an potentielle Kunden zu bringen, auf denkbar wenig Resonanz.

Hektische Betriebsamkeit herrscht deshalb ebenfalls bei den Befürwortern der DVD-RAM-Technologie. Während Toshiba mit dem SD-W1111 weiterhin auf 2,6 GB, allerdings mit deutlich verbesserten Leistungswerten, setzt, wird die zweite Generation der Hitachi- und Panasonic-DVD-RAM-Laufwerke eine Kapazitätssteigerung auf 4,7 GB aufweisen. Mit Hitachis GF-2000 und Panasonics LF-D201E bieten die beiden Hersteller nicht nur mehr Speicherkapazität, sondern reagieren auch auf die hohen Kompatibilitätsansprüche. Während die erste Generation von DVD-RAM-Laufwerken nur einseitig kompatibel zu bestehenden DVD- und CD-ROM-Technologien war, soll die zweite Generation, ähnlich der DVD+RW, beiderseitig kompatibel sein. Das heißt, DVD-RAM-Medien werden zukünftig auch in DVD-ROM Laufwerken lesbar sein, wenngleich unter der Einschränkung, dass es sich um DVD-ROM-Laufwerke der neues-ten Generation handelt, die entsprechende Modifizierungen aufweisen.

Ähnlich wie bei DVD+RW sind die neuen DVD-RAM-Produkte mit 4,7 GB von einer Serienreife derzeit noch weit entfernt. Im dritten Quartal 2000 soll das LF-D201E nach Angaben von Panasonic verfügbar sein.

Bereits erhältlich ist dagegen das DVR-S201 von Pioneer. Das Laufwerk repräsentiert die zweite Generation der einmal beschreibbaren DVD-R-Technologie. Wie die Mitstreiter sah sich auch Pioneer genötigt, die Datenkapazität von 3,95 GB auf 4,7 GB zu erhöhen. Damit kann das neue Laufwerk als DVD-Rekorder jetzt Videosequenzen in voller Spielfilmlänge kodieren und speichern. Potentielle Zielgruppe ist derzeit ausschließlich das Segment professioneller DVD-Entwickler. Den Technologievorsprung und die Tatsache, dass der Lebenszyklus des Laufwerkes mit Verfügbarkeit von DVD+RW und DVD-RAM voraussichtlich beendet ist, lässt sich Pioneer von den "Early Adopters" gut bezahlen. Mit zirka 10.000 Mark steht das DVR-S201 aktuell in der Preisliste.

Marktforscher bleiben skeptisch

Die Bewertung der Marktforscher für das Segment beschreibbarer DVD-Technologien kann unter diesen Umständen nicht überraschen. Aufgrund der herrschenden Rahmenbedingungen sehen sie kaum Chancen für eine schnelle Marktakzeptanz von DVD+RW, DVD-RAM oder DVD-R. Stattdessen werden sich, so die Analysten, CD-RW-Laufwerke noch lange Zeit als das dominierende beschreibbare optische Speicher- und Archivierungsmedium behaupten. Bob Peyton, IDC-Director of European Storage Research, geht mit seiner Prognose sogar noch einen Schritt weiter. "Die Erfolgsgeschichte der CD-RW hat noch gar nicht richtig begonnen. Bei Preisen um 100 Dollar werden CD-RWs demnächst auch für PC-OEMs und PC-Assemblierer interessant. Stückzahlen und Marktanteil werden weiter steigen." Eine Tatsache, die nach Peytons Ansicht eine breite Nachfrage nach DVD-R, DVD+RW oder DVD-RAM weiterhin bremsen wird. (sd)