Koalitionsvertrag: Einschränkungen des Kündigungsschutzes bringen Unternehmen Nachteile

19.09.2006
Die geplante Einschränkung des Kündigungsschutzes wird wohl doch nicht kommen. Rechtsanwalt Dr. Christian Salzbrunn erklärt, warum die Unternehmer darüber froh sein sollten.

Seit Regierungsantritt der Koalition von CDU/CSU und SPD kursieren immer wieder Pressemitteilungen, wonach der bestehende Kündigungsschutz von Arbeitsverhältnissen künftig eingeschränkt werden soll.

Nach derzeitiger Rechtslage muss die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses, welches länger als 6 Monate besteht, in Betrieben, welche mehr als 10 Mitarbeiter beschäftigen (bei Arbeitverhältnissen, die vor dem 01.01.2004 bestanden haben, gilt noch die Schwelle von 5 Mitarbeitern) sozial gerechtfertigt sein. Das heißt eine rechtswirksame Kündigung muss auf personenbedingten, verhaltensbedingten oder betriebsbedingten Gründen basieren.

Nach den ursprünglichen Plänen der jetzigen Regierung sollte den Arbeitgebern für Neueinstellungen die Option an die Hand gegeben werden, anstelle der bisherigen Wartezeit von 6 Monaten eine Wartezeit von bis zu 24 Monaten zu vereinbaren, sozusagen die Probezeit auf 24 Monate zu verlängern. Im Gegenzug war beabsichtigt, § 14 Abs. 2 TzBfG abzuschaffen. Dort besteht bislang die Möglichkeit, Arbeitsverträge in den ersten 24 Monaten sachgrundlos zu befristen. Die Möglichkeit zur Verlängerung der Wartezeit bzw. Probezeit sollte nach Ansicht der Regierung die Arbeitgeber motivieren, Neueinstellungen vorzunehmen.

Ob und wann diese Änderungen in Kraft treten, ist aktuell wieder völlig offen. Es existiert im Ministerium für Arbeit und Soziales derzeit noch nicht einmal ein offizieller Referentenentwurf und es kann sogar gemutmaßt werden, dass diese Pläne nicht in die Realität umgesetzt werden. Dies liegt wohl darin begründet, dass sich zunehmend auf Regierungsebene eine Erkenntnis durchsetzt, wonach die ursprünglich geplanten Neuregelungen gegenüber der jetzt geltenden Rechtslage für Unternehmen sogar mit den folgenden, erheblichen Nachteilen verbunden ist:

1. Beachtung von Kündigungsformalien

Im Falle der Befristung eines Arbeitsverhältnisses endet dieses automatisch mit Zeitablauf, wohingegen ein auf unbefristeter Zeit abgeschlossener Arbeitsvertrag immer einer Kündigung bedarf - auch in der Probezeit. Während also bei einer Befristung eines Arbeitsverhältnisses von Seiten des Arbeitgebers nichts mehr zu veranlassen ist (d. h. es ist nur das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses abzuwarten), müsste der Arbeitgeber nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei gleicher Interessenlage fortan eine Kündigung aussprechen. Zum einen sind dabei die formellen Anforderungen einer Kündigung zu beachten, die Kündigung muss richtig zugestellt werden, ein etwaig vorhandener Betriebsrat muss angehört werden. Insbesondere dürfte ein Arbeitgeber eine Kündigung zum Ablauf der Wartezeit bzw. Probezeit nicht vergessen. Ein solches Versäumnis hätte zur Folge, dass das Arbeitsverhältnis dann automatisch unter den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes fällt.

2. Stärkung des Sonderkündigungsschutzes

Ebenso endet ein befristetes Arbeitsverhältnis unabhängig von Schwangerschaft und Schwerbehinderung durch reinen Zeitablauf. Demgegenüber ist die Kündigung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses trotz Verlängerung einer Probezeit von Schwangerschaft und Schwerbehinderung abhängig. Das bedeutet, dass die Kündigung eines Schwerbehinderten bereits nach sechs Monaten der Zustimmung des Integrationsamts bedarf; bei Schwangerschaft gilt der besondere Schutz des Mutterschutzgesetzes sofort und ohne jegliche Wartezeit bzw. Probezeit. Die Risiken von Schwangerschaft und Eintritt einer Schwerbehinderung in der Erprobungsphase eines Arbeitnehmers lassen sich also nur durch ein befristetes Arbeitsverhältnis vermeiden.

Ingesamt kann daher die Entwicklung hierzu nur abgewartet werden. Derzeit ist zu empfehlen, wie bislang von der bestehenden Möglichkeit zur sachgrundlosen Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG Gebrauch zu machen. (Dr. Christian Salzbrunn/mf)