Begehrte IT-Spezialisten

"Kompetente SAP-Berater können Sie mit Gold aufwiegen"

22.10.2014 von Alexander Freimark
Der Markt für SAP-Beratung boomt – immer noch. Die Ansprüche der Kunden steigen, und mit ihnen die Kosten für die externen Helfer. Vor allem in den ­Spezialdisziplinen fehlt es an Experten.

Im nächsten Leben sollte man in Erwägung ziehen, den Berufsweg des SAP-Beraters einzuschlagen. Das Segment entwickelt sich prächtig, vor allem hierzulande, wo die Software aus Walldorf nach wie vor die Rechenzentren der Unternehmen dominiert. "Kompetente SAP-Berater können Sie mit Gold aufwiegen", heißt es dazu in der Branche, und das nicht erst seit 2014.

Gut ausgebildete SAP-Fachkräfte haben hervorragende Aussichten bei der Jobsuche, stellt auch der Weiterbildungsanbieter WBS Training AG fest. So sei die Nachfrage nach Consultants im vergangenen Jahr um knapp 40 Prozent gestiegen. Im Januar 2014 waren über 4.250 Stellenangebote für SAP-Berater ausgeschrieben, im vergleichbaren Vorjahreszeitraum waren es nur rund 3060 gewesen. Der gesamte Stellenmarkt in Deutschland wuchs in dieser Zeit nur um 1,5 Prozent, so das Unternehmen, das 185 Online- und Print-Stellenmärkte ausgewertet hat. "Eine Qualifikation im Bereich Produkte, Lösungen und Services von SAP bietet gute Berufs- und Karriereperspektiven", sagt Joachim Giese, Mitglied der WBS-Geschäftsleitung.

SAP-Manager sind die Könige des IT-Arbeitsmarktes.
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Ohne lange Einarbeitung produktiv werden

Die gkv Informatik setzt SAP-Berater ein, um Ressourcen-Engpässen aufzulösen. Der Wuppertaler IT-Dienstleister für Krankenkassen muss unter anderem gesetzliche Anforderungen für seine Kunden umsetzen, erläutert Georg Büttner, der als Geschäftsführer die Engineering- und Delivery-Einheiten verantwortet. "Hierdurch kommt es immer wieder zu engen zeitlichen Vorgaben, die allein durch unsere Mitarbeiter nicht zu erfüllen sind." Externe SAP-Berater würden dabei helfen, die Vorgaben einzuhalten, "und sie bringen neue Impulse in unsere Organisation". Ihre Aufgaben umfassen etwa den Aufbau der technischen Infrastruktur, der Betriebsverfahren, der eGK-Produktion und der Batchverarbeitung bei der Einführung der Branchenlösung "oscare".

Karriere bei IT-Beratungen
Wettbewerb um Talente
Eine Lünendonk-Studie zeigt, wie IT-Beratungen Talente locken und was für eine Karriere dort möglich ist.
Sicheres Arbeitsverhältnis
Fast alle der befragten IT-Dienstleister bieten zeitlich unbefristete Arbeitsverträge an. In 28,3 Prozent der Unternehmen gibt es neben unbefristeten auch befristete Verträge.
Durchlässigkeit bei der Karriere
Der Mittelwert der Anzahl von Beförderungsstufen bis zu einer Fach- oder Führungskarriere liegt unter den IT-Beratungs- und IT-Service-Unternehmen bei vier Stufen.
Mit großen Schritten
Ein Karriereschritt dauert in IT-Beratungen durchschnittlich 2,8 Jahre.
Zügig ins Management
Berufseinsteiger können innerhalb von weniger als zwölf Jahren eine Position im oberen Management erreichen.
Frauenanteil in der IT-Beratung
Jede vierte Stelle in den untersuchten Unternehmen ist mit einer Frau besetzt.
Wenig Frauen im Management
Dort sind nur 13,3 Prozent der Manager weiblich.
Ausgewogenes Arbeitsverhältnis
IT-Spezialisten verbringen etwa 57 Prozent ihrer Arbeitszeit im Unternehmen und die übrige Zeit beim Kunden.
Reisezeit nicht gleich Arbeitszeit
In etwas weniger als der Hälfte der Unternehmen werden Fahrzeiten komplett als Arbeitszeit abgegolten. Bei den übrigen Arbeitgebern werden Fahrzeiten nur zum Teil übernommen.
Flexible Arbeitsmodelle
Knapp zwei Drittel der Studienteilnehmer ermöglichen ihren Angestellten Home-Office-Tage.
Unterschiede beim Urlaub
Die Anzahl der Urlaubstage hängt nicht nur vom Arbeitgeber, sondern teilweise auch von der Karrierestufe ab.
Weiterbildung in der IT-Beratung
82 Prozent der befragten IT-Unternehmen bieten themenübergreifende Weiterbildungsmaßnahmen zur fachlichen Fortbildung an.
Coaching für den Aufstieg
62,5 Prozent der Befragten verfügen über ein eigenes Führungskräfte-Programm.
Zur Studie
Für die Lünendonk-Studie wurden 56 IT-Dienstleistungsunternehmen befragt, die Beratungsleistungen anbieten. Die Studie ist unter dem Titel „Recruiting in der IT-Beratung – Strategien der IT-Dienstleistungsunternehmen gegen den anhaltenden Fachkräftemangel“ erschienen.

Büttner setzt klar auf Kontinuität in der Zusammenarbeit: "Wir arbeiten mit einem Stamm von SAP-Beratern, die unser Haus und unsere Anwendungen kennen." Dies habe für beide Seiten Vorteile - der Berater habe Planungssicherheit hinsichtlich seiner Auslastung, und die gkv Informatik könne auf Know-how zugreifen, "das ohne lange Einarbeitung zeitnah in den Projekten produktiv werden kann".

Georg Büttner ist Geschäftsführer der gkv Informatik. Das Unternehmen arbeitet regelmässig mit externen SAP-Beratern zusammen und schätzt deren neue Impulse.
Foto: Privat

Gefragt sei neben der Praxiserfahrung der Berater, dass sie persönlich in die Teams passten, pragmatisch arbeiteten und sich in die Arbeits- und Kommunikationsstruktur einfügten. "Sie sollen uns nicht die Welt erklären, sondern unsere Anforderungen verstehen und mit uns Lösungen erarbeiten, die technisch, terminlich und zeitlich passen."

Gefragte SAP-Freiberufler

Wenig überraschend: Auch die Geschäfte der Personaldienstleister, die SAP-Freiberufler vermitteln, laufen gut, wie aus einer aktuellen Lünendonk-Marktstudie hervorgeht. "Die führenden Anbieter von Rekrutierung, Vermittlung und Steuerung von IT-Freelancern blicken optimistisch auf das Jahr 2014 und darüber hinaus", heißt es bei den Marktbeobachtern aus Kaufbeuren. Demnach rechnen die Unternehmen für das laufende Jahr mit einem Umsatzplus von 13 Prozent, 2015 sollen es sogar knapp16 Prozent sein. Die meisten Aufträge gibt es laut Lünendonk für Experten mit SAP-Skills: 96 Prozent der Vermittler sprechen von "sehr starker" beziehungsweise "starker" Nachfrage.

Dies spiegelt sich nur zum Teil in den Tagessätzen der klassischen Service-Provider wider. Zwar würden in der SAP-Beratung höhere Tagessätze als in infrastrukturnahen Bereichen erzielt, berichtet Karsten Tampier, Managing Consultant und Leiter Backoffice beim Münchener IT-Benchmarking-Unternehmen Maturity. Die grundsätzliche Entwicklung der Tagessätze für SAP-Berater unterscheide sich aber nicht von anderen IT-Skills. "Der Einstieg in die SAP-Beratung beginnt bei rund 800 Euro pro Tag, und ein SAP-Seniorberater wird aktuell zwischen 1.050 und 1.200 Euro angeboten", sagt Tampier. Für Data-Warehouse-Experten oder SAP-Business-Analysen könne der Tagessatz über 1200 Euro liegen - manchmal weit darüber. "Insgesamt haben die Tagessätze der Service-Provider ein Niveau erreicht, das seit einigen Jahren stabil ist." Freiberufler bewegen sich mit ihren Honoraren zwischen 20 Prozent und 30 Prozent unter dem Niveau der Service-Provider.

Langer Anforderungskatalog

Werner Murer, Director SAP Operation bei Infineon Technologies, sucht SAP-Berater für die weltweite Planung der Mitarbeiterzahl, der Investitionen und Abschreibungen sowie der Kostellenstellen basierend auf SAP BPC ("Business Planning and Consolidation"). Er sieht die Assets externer Berater in der technischen Expertise und dem Wissen über Geschäftsprozesse, insbesondere wenn sie dies bei anderen Kunden mit ähnlicher Problemstellung erworben haben. Zudem wünscht sich Murer die Fähigkeit zu strukturiertem Arbeiten, ein hohes Qualitätsbewusstsein sowie absolute Liefertreue. Damit ist sein Anforderungskatalog nicht abgeschlossen: "In unseren großen internationalen Projekten sollte ein SAP-Berater unbedingt auch Kommunikationsfähigkeit, Englisch in Wort und Schrift, Teamfähigkeit und Erfahrung im Umgang mit anderen Kulturen mitbringen."

Werner Murer von Infineon wünscht sich von externen Beratern ein hohes Qualitätsbewußtsein und absolute Liefertreue, aber auch sehr ausgeprägte Kommunikationsfähigkeiten.
Foto: Privat

Derart ausgestattete Berater wachsen nicht auf Bäumen: "Experten mit umfassenden Kompetenzen sind schwer zu finden", fasst Dieter Schoon seine Situation zusammen. Der Personalchef des SAP-Beratungshauses itelligence sucht Fachleute, die "ganzheitlich" beraten und ein fundiertes Verständnis der Kundensegmente sowie internationale Erfahrung oder einen internationalen Hintergrund mitbringen. Schwerpunkte bilden die Logistik und das Rechnungswesen sowie die Projektleitung. Die mittelfristige Tendenz des Marktes hängt nach Schoons Einschätzung maßgeblich davon ab, wie sich die neuen Entwicklungen der SAP in den Bereichen Cloud und Hybris auswirken. "Für die Berater bedeutet das in jedem Fall: Spezialkompetenzen und Industrie-Know-how machen den Unterschied."

Beratermangel bei neuen Themen

Das trifft auf die Audi AG zu, die mit "Kompass" (Komponenten-Produktions-Planungs-Erfassungs- und Steuerungs-System) eine integrative SAP-Lösung für die Presswerke in Ingolstadt und Neckarsulm implementiert. "Ziel ist es, die Prozesse der Logistik und Produktion besser zu verzahnen, um die Fertigungskapazitäten optimal zu nutzen", berichtet Heiko Tilgert aus der Praxis. Der Leiter des SAP Center of Competence von Audi erwartet von einem SAP-Berater, dass er die Rahmenbedingungen des Kunden einbezieht und Auswirkungen auf die IT-Struktur antizipiert. "Um diese integrative Herangehensweise umzusetzen, sollten externe Berater ein gutes Verständnis für komplexe Architekturen und eine starke Eigenmotivation für den Blick aufs Ganze mitbringen."

Neben einem breit gefächerten Erfahrungsschatz und einem soliden Verständnis der Programmierung seien Kenntnisse in systemübergreifenden SAP-Lösungen von Vorteil, sagt Tilgert: "Die Automotive-IT bewegt sich in einem sehr dynamischen Umfeld, in dem ständig neue Anforderungen hinzukommen und etablierte Lösungen erweitert werden müssen. Diesen Anspruch an Flexibilität stellen wir an uns und an unsere externen Berater." In der klassischen Business-IT mit ERP-Anwendungen aus dem Bereich Finanz, des Personal-Managements oder der Planung des Materialbedarfs greife der Konzern auf ein fundiertes Expertennetzwerk zurück. "Bei neueren Anwendungen wie der Lagerbestands-Software EWM sowie bei übergreifend genutzten SAP-Tools wie TREX, dem Enterprise Portal, dem Solution Manager oder HANA-basierten Lösungen ist der externe Beraterkreis jedoch übersichtlicher."

Heiko Tilgert von Audi weiß: "Die Automotive-IT bewegt sich in einem sehr dynamischen Umfeld, in dem ständig neue Anforderungen hinzukommen." Dementsprechend fordert er große Flexibilität bei internen wie externen Mitarbeitern.
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BusinessByDesign-Berater sind Mangelware

Ähnliche Erfahrungen hat auch Georg Büttner von der gkv Informatik gesammelt: "Es gibt ein umfangreiches Angebot an SAP-Beratern für die Standardmodule - für Branchenlösungen und neue Themen besteht nach wie vor ein zu kleiner Markt." Daniel Gerster stimmt dem zu, zumindest bei seinem "Sonderthema" Business ByDesign (ByD). Der CIO von Roland Berger Strategy Consultants hat die "SAP-Mittelstandssoftware" 2013 in Österreich, Schweden und Tschechien live geschaltet, aktuell arbeitet er am globalen CRM-Rollout sowie am Go-live in Deutschland. Seine Bilanz fällt nüchtern aus: "Es mangelt an ByD-Beratern, die ihre Kompetenz nicht nur angelesen haben, sondern bereits erfolgreiche Implementierungen idealerweise noch in der gleichen Branche vorweisen können." Ein hervorragender SAP-Berater müsse die Fragen des Kunden beantworten können, fordert Gerster: "Leider ist das in der Realität nicht so einfach, da teilweise selbst SAP die Antworten nicht weiß."

Das verdienen IT-Berater
Berufseinsteiger ...
... verdienen als IT-Berater durchschnittlich 46.540 Euro. Die Daten stammen von Personalmarkt.
Nach drei bis sechs Jahren ...
... steigt das Gehalt auf 54.960 Euro.
Mit mehr als neun Jahren Berufserfahrung ...
... verdienen IT-Berater 73.760 Euro.
Mit 30 Jahren ...
... verdienen IT-Berater ohne Personalverantwortung durchschnittlich 54.950 Euro.
Mit 40 Jahren ...
... liegt das Jahresgehalt im Schnitt bei 70.670 Euro.
Mit 50 Jahren ...
... klettert es auf 79.850 Euro.
Auch die Unternehmensgröße ...
... beeinflusst das Gehalt von IT-Beratern ohne Personalverantwortung. In Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern liegt es bei 54.910 Euro.
In mittelgroßen Unternehmen ...
... mit bis zu 1.000 Mitarbeitern liegt es bei 60.240 Euro.
In Konzernen ...
... liegt das Durchschnittgehalt eines IT-Beraters bei 71.780 Euro.
Die Luftfahrt ...
... führt das Ranking nach Branchen an. IT-Berater ohne Personalverantwortung verdienen hier im Schnitt 71.510 Euro jährlich.
Versicherungen ...
... stehen mit einem Jahresverdienst von 71.350 Euro auf Platz 2.
Banken ...
... zahlen IT-Beratern im Durchschnitt 70.990 Euro.
In der Automobilindustrie ...
... liegt das durchschnittliche Gehalt eines IT-Beraters bei 70.980 Euro.
IT-Systemhäuser ...
... zahlen IT-Beratern im Schnitt 66.680 Euro.
In der Telekommunikationsbranche ...
... liegt das durchschnittliche Jahresgehalt von IT-Beratern bei 67.830 Euro.
In der Logistik ...
... liegt es bei 61.720 Euro.
In der Beratung ...
... verdienen IT-Berater im Durchschnitt 61.330 Euro.
Softwareunternehmen ...
... zahlen durchschnittlich 59.050 Euro.
Medien und Presse ...
... zahlen IT-Beratern durchschnittlich 56.610 Euro und bilden damit das Branchen-Schlusslicht.
Im Länderranking ...
.. .gibt es bei IT-Beratern je nach Bundesland Gehaltsunterschiede von mehr als 20.000 Euro.
In Bayern ...
... verdienen IT-Berater ohne Personalverantwortung durchschnittlich 69.840 Euro. Damit steht Bayern im Länderranking auf Platz eins.
In Hamburg ...
... sind es durchschnittlich 68.030 Euro.
In Nordrhein-Westfalen ...
... verdienen IT-Berater durchschnittlich 67.650 Euro.
In Schleswig-Holstein ...
... sind es im Durchschnitt 63.010 Euro.
In Niedersachsen ...
... verdienen IT-Berater durchschnittlich 62.950 Euro.
In Thüringen ...
... bekommen Sie ein durchschnittliches Jahresgehalt von 52.590 Euro.
In Sachsen ...
... sind es 50.980 Euro.
In Mecklenburg-Vorpommern ...
... verdienen IT-Berater im Durchschnitt 49.630 Euro.
Ohne Personalverantwortung ...
... verdient ein IT-Berater im Schnitt 64.360 Euro.
Mit Personalverantwortung ...
... steigt das Durchschnittsgehalt auf 99.960 Euro.
IT-Berater mit ein bis drei Mitarbeitern ...
... verdienen durchschnittlich 80.360 Euro.
Mit 16 bis 30 Mitarbeitern ...
... steigt das Gehalt auf einen sechsstelligen Betrag (107.920 Euro).
Mit mehr als 101 Mitarbeitern ...
... erzielen IT-Berater den Spitzenverdienst im Ranking: 175.850 Euro.

Die Folgen sind klar, und sie charakterisieren den Markt: "Es gibt für die Nachfrage viel zu wenig qualifizierte und erfahrene SAP-Berater", sagt der Roland-Berger-CIO. Das sich daran schnell etwas ändert, darf bezweifelt werden - das wäre auch kaum im Sinne der Protagonisten, die von der Knappheit profitieren. Schon 2007 bezeichnete der "Spiegel" SAP-Berater als die "Könige des IT-Arbeitsmarkts."