Komponenten-Markt

14.01.1999

MÜNCHEN: Fachhändler, die auf Eigenmarken setzen, können flexibler auf Kundenbedürfnisse und auf das Geschehen im Markt reagieren. Viel Gewicht entfällt dabei auf den Komponenten-Markt. Sich ständig ändernde Preise und Liefersituationen bestimmen das tägliche Geschäft.Für den Handel ist das Geschäft mit Komponenten ein zentrales Thema. Entweder wird mit den Bauteilen der Upgrade-Markt bedient oder der

Wiederverkäufer konfiguriert damit seine eigene PC-Linie. Die Branche unterliegt einer starken Dynamik. Preisverfälle und ständig wechselnde Liefersituationen halten den Markt in Bewegung. Für Händler sind Komponenten Commodity-Produkte. "Der Kunde weiß was er will," erklärt Claudia Hesse, Group Manager PC Components & Mass Storage bei der Computer 2000 AG in München. "Für den Händler zählt nur, ob das entsprechende Produkt auf Lager ist, wieviel es kostet und bis wann es bei ihm sein kann." Komponenten wie Festplatten, CD-Rom, Speichermodule oder Prozessoren sind wenig erklärungsbedürftige Standardbauteile für die es mehrere Quellen gibt. Die meisten Wiederverkäufer kaufen da, wo es die niedrigsten Preise gibt. Dementsprechend gering sind auch die Margen. Für die Anbieter wird das zu einem immer größeren Problem. Walter Patejdl, Leiter Business Unit Components bringt es auf den Punkt: "Für die Distributoren geht es darum, zu günstigen Kursen zu kaufen und das Lager schnell zu drehen." Händler sind generell auf der Suche nach dem günstigsten Angebot, benötigt aber zudem noch Service, schnelle Garantieabwicklung und schnell lieferbare Produkte. Außerdem müssen die Einkäufer Preisschwankungen und minderwertiger Ware ausweichen.

Die Kunden wissen, was Sie wollen

Der deutsche Markt ist voll von kleinen OEMs und Integratoren, die selbst Rechner assemblieren und verkaufen. "PCs von der Stange erfüllen nur selten die Kundenanforderungen", weiß Norbert Müller. Der Inhaber von NM Software aus Großaitingen spricht aus Erfahrung. "Es gibt zum Beispiel Systemverwalter, die auf eine ganz bestimmte Netzwerkkarte bestehen oder auf CD-Rom und Floppy verzichten." Mit selbst gefertigten Systemen beliefern Händler vor allem den Mittelstand. Hierzulande ist das ein lukrativer Markt. Das haben auch die großen PC-Hersteller erkannt, die Firmen mit 10 bis 100 Mitarbeitern bisher nur wenig Beachtung schenkten. Bei Unternehmen wie kleine Druckereien, Steuer- oder Rechtsanwaltskanzleien kann der Handel mit selbst konfigurierten Systemen die Markenhersteller immer unterbieten. "Wir unterbreiten dem Kunden zunächst ein Angebot mit Marken-PCs von Compaq oder HP. Wem das zu teuer ist, verkaufen wir No-Name-Rechner", erklärt ein Freiburger Händler Gepflogenheiten in der Praxis. Markenhersteller hatten in der Vergangenheit fast ausnahmslos auf Groß- oder Endkunden gesetzt. Doch gerade im Großkundenbereich ist der Markt verteilt. Die Wachstumsraten halten sich in Grenzen. Fast alle größeren PC-Hersteller können mittlerweile mit SMB-Programmen (Small and Medium Business) aufwarten. Erfolg ist jedoch nur denjenigen beschieden, die den Fachhandel als Vermittler einsetzen.

Assembler haben hohen Stellenwert

Für Michael Launen haben PC-Assemblierer einen hohen Stellenwert. "35 bis 40 Prozent aller in Europa vermarkteten PCs werden in diesem Vertriebskanal konfiguriert", weiß der Geschäftsführer der Marketingagentur S.A.M. Das Tochterunternehmen von Actebis ist für das gesamte Marketing des Soester Distributors verantwortlich. "Laut Marktanalysen gibt es in Europa mehr als 30.000 Fachhändler, die in das Segment PC-Assemblierer fallen. Ausschlaggebend für die Zuordnung zu dieser Gruppe ist aus unserer Sicht, daß der adressierte Händler zwischen 100 und 4.000 PCs pro Jahr selbst assembliert", sagt Launen.

Experten gehen davon aus, daß Kleinintegratoren in Deutschland mehr als 40 Prozent des PC-Geschäfts abdecken. Nicht umsonst haben sich Broadliner wie Actebis, Computer 2000, Macrotron oder Peacock mit eigenen Business Units auf dieses Klientel eingestellt. Auch Distributoren wie Eld, Multichip oder P&T wickeln einen Großteil ihres Umsatzes über dieses Kundschaft ab. "In der Regel handelt es sich um Reseller, die pro Bestellung zwischen ein bis fünf Stück ordern", so Markus Danner, Programm Manager Components Desk bei Computer 2000.

Das Unbekannte Wesen

"Wie groß der Anteil der deutschen Händler ist, die selber schrauben, ist schwer zu beziffern", erklärt Danner. In der Distribution wird eine Zahl von aktiven Assemblierern gehandelt, die sich zwischen 3.000 und 5.000 bewegt. Circa 1.800 Händler sind als IPI (Intel Product Integrator) autorisiert. Der Marktführer adressiert mit dem Programm Unternehmen, die PCs in kleinen bis mittleren Stückzahlen produzieren.

Markenhersteller sind die No-Name-PCs naturgemäß ein Dorn im Auge. Bisher konnte aber noch keiner der Großen erfolgreiche Gegenkonzepte vorlegen. Preislich können Compaq, HP und IBM den Kleinen nicht das Wasser reichen. Auch der Zeitfaktor ist für viele Integratoren kein Argument. "Wenn keine Probleme auftreten, ist der Rechner in spätestens einer halben Stunde komplett konfiguriert", erklärt NM-Software-Inhaber Müller. "Zudem können wir sicher sein, daß der Computer funktioniert. Bei Fertigrechnern ist das nicht immer der Fall."

Der PC-Markt entfernt sich immer weiter vom Standardsystem. "1998 hat sich der Markt eindeutig in Richtung BTO-Rechner und Aktions-PCs verschoben", stellt Launen fest. "Wurde noch vor gar nicht allzu langer Zeit regelmäßig mit mehr oder weniger Erfolg in die Glaskugel geschaut, um die PC-Eckdaten wie Konfigurationen, Preisrahmen und Absatzvolumen für die nächsten drei Monate im voraus zu planen, so ging im vergangenen Jahr der Trend eindeutig hin zu mehr Marktnähe - vor allem auch zeitlich gesehen. Und die Antwort auf dieses Mehr an Marktnähe ist für den gewerblichen Kunden BTO, während private Einsteiger überwiegend Aktions-PCs ê la Aldi konsumierten." Der Standard-PC zeichnet sich durch längerfristig gültige und starre, unflexible Konfigurationen aus und kann noch in einer gedruckten Preisliste geführt werden. "Der Marktanteil betrug 1998 bereits weniger als 20 Prozent, Tendenz weiter fallend" resümiert Marketingspezialist Launen. "Der Aktions-PC - oder in zunehmendem Maße der Aldi-PC - wurde 1998 deutlich verstärkt im Markt angeboten mit einer geringen Modellbandbreite, aber enormen Stückzahlen und aggressiven Preisen verkauft. Sein Anteil wuchs 1998 stetig und hat sich bei rund 40 Prozent eingependelt." Der BTO-PC wird erst nach Auftragseingang kundenindividuell gefertigt. Laut Launen erfreute sich dieser 1998 besonders bei gewerblichen Anwendern wachsender Beliebtheit und konnte seinen Marktanteil auf rund 40 Prozent ausbauen. "Dieses wachstumsstarke Stück vom Kuchen teilte sich wiederum auf in die Eigenassemblierung durch den Händler, die Assemblierung der Handelsmarken durch den Distributor und das Build-to-Order der A-Marken-PCs" erklärt er weiter.

Distis buhlen ebenfalls um Kunden

Als Vorreiter in Sachen Built-to-Order oder Built-to-Customer gelten Actebis und Macrotron. Die beiden Distributoren buhlen mit den Eigenmarken "Targa" und "Macom" um die Gunst des Handels. Zu den Vorteile von BTO sollen unter anderem eine größere Modellvielfalt gehören, als bei Markenrechnern, sowie mit einer Lieferzeit von drei bis vier Tagen ein schnelleres Time-to-Market. Viele Händler stehen der Auftragsfertigung allerdings immer noch skeptisch gegenüber. "Einen Preisvorteil gibt es nicht. Zudem müssen sich die Anbieter noch in puncto Pünktlichkeit und Stabilität beweisen", so der Tenor aus dem Kanal. "Unsere Preise sind aggressiv und für nur geringe Mehrkosten erhält der Käufer einen CE-zertifizierten Rechner", kontert Peter Brickwede, Product Group Manager Macom PCs/Notebooks bei Macrotron.

Über genaue Zahlen schweigen sich die Anbieter aus. Actebis verweigert grundsätzlich Absatzauskunft und bei Macrotron halten sich die Verantwortlichen aufgrund des Mergers mit Ingram Micro zur Zeit bedeckt. Wie zu hören ist, hat der Münchener Distributor 1998 rund doppelt so viele Macom-PCs ausgeliefert wie im Jahr davor. In Zahlen dürften das zwischen 150.000 und 180.000 Rechner sein. Wunsch-PCs können Wiederverkäufer aber nicht nur bei Broadliner beziehen sondern auch bei Großhändlern wie Maxdata oder P&T. "Reseller können unsere Eigenmarke Topedo schon lange nach ihren individuellen Wünschen zusammenstellen", erklärt P&T-Marketingleiterin Natalie Kremer. "Für uns ist das eine Selbstverständlichkeit. Wir haben bisher nur noch kein so großes Aufhebens darum gemacht wie manch andere."

Wachstum wird weiter anhalten

Marktkenner gehen davon aus, daß das Wachstum im Komponenten- und PC-Markt auch 1999 anhält. "Bereits in 1998 haben die Aussichten auf die Einführung des Euro und die Umstellung auf das Jahr 2000 dem Fachhandel einen richtigen Vorwärtsschub gegeben", erklärt Launen. Gerade kleinere und mittelständische Betriebe haben keine ausreichenden Ressourcen, um die Einführung des Euro und die Jahr-2000-Problematik EDV-technisch zu bewältigen. Outsourcing ist hier angesagt.

Hinzukommt, daß viele Unternehmen, um Umstellungsschwierigkeiten zu vermeiden, ihren bestehenden Rechnerfuhrpark umfangreicher entrümpeln als sonst. Der Komponenten-Markt verspricht 1999 genauso spannend zu werden wie im vergangenen Jahr. Neue Technologien halten die Branche in Bewegung. Intel tanzt mit drei unterschiedlichen Sockelformen auf drei Hochzeiten. AMD, Natsemi/Cyrix und IBM wollen im laufe des Jahres ebenfalls mit neuen Formfaktoren auf den Markt komme.

Je höher der Preisverfall bei Komplettsystemen ist, desto stärker sinkt im Allgemeinen die Nachfrage nach Komponenten. Wenn man als preissensitiver Privatkunde einen nagelneuen Komplett-PC zu immer niedrigeren Preisen im Supermarkt erwerben kann, ist man nur schwer davon zu überzeugen, seinen althergebrachten Rechner durch neue Komponenten aufzupeppen. "Interessant war 1998 die Vermarktung von Komponenten trotz des Preispunktverfalls bei Komplett-PCs jedoch nach wie vor im Consumer-Geschäft", erklärt Launen. "Denn gerade die PC-erfahrenen privaten Anwender sind sehr anspruchsvoll in Sachen Qualität und Leistung. Zur Erhöhung der Multimedia-Performance und zur Unterstützung der Internet-Aktivitäten rüsteten das Gros der Benutzer ihre Rechner weiter auf." Vor allem Video, 3D-Grafik, Soundsysteme und Kommunikationskomponenten gehörten zu den großen Renner. (kfr)

Walter Patejdl, Leiter Business Unit Components bei Peacock: "Für

die Distributoren geht es darum, zu günstigen Kursen zu kaufen und

das Lager schnell zu drehen."

Claudia Hesse, Group Manager PC Components & Mass Storage bei der Computer 2000 AG: "Für Händler zählt nur, ob das Produkt auf Lager ist, wieviel es kostet und bis wann es bei ihm ist."

S.A.M.-Geschäftsführer Michael Launen: "35 bis 40 Prozent aller in Europa vermarkteter PCs stammen von kleineren Assemblierern."