Hohe Hürden

Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern

01.04.2008
Dr. Christian Salzbrunn über ein neues Urteil des BAG, das die Voraussetzungen für die Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern konkretisiert.

Fast jeder Arbeitgeber hat schon einmal Erfahrungen mit leistungsschwachen Mitarbeitern gemacht. Der richtige Umgang mit diesen Arbeitnehmern ist allerdings nicht ganz einfach. Denn in der Regel möchte sich ein Arbeitgeber von einem solchen Mitarbeiter am liebsten so schnell wie möglich trennen. Auf der anderen Seite sind die von der Rechtsprechung bislang aufgestellten Hürden dafür sehr hoch.

Diese Hürden sind in einem neuen Urteil des BAG vom 17.01.08 noch einmal näher konkretisiert worden.

In der Entscheidung ging es um folgenden Sachverhalt: eine Arbeitnehmerin war seit 1995 bei einem Versandhaus als Lager- und Versandarbeiterin beschäftigt. Dort war sie mit der Fertigstellung von Warensendungen betraut. Ihr Arbeitgeber stellte im Verlauf des Arbeitsverhältnisses fest (und konnte dies auch im Gerichtsverfahren nachweisen), dass die von der Arbeitnehmerin gepackten Sendungen über einen längeren Zeitraum hinweg etwa 3 mal so viele Packfehler aufwiesen, wie dies bei vergleichbaren Mitarbeitern der Fall war.

Nachdem die Mitarbeiterin wegen ihrer hohen Fehlerquoten zwei Abmahnungen erhalten hatte und sich dennoch keine Verbesserung der Arbeitsleistung einstellte, kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis wegen der qualitativen Minderleistungen.

Dagegen erhob die Gekündigte jedoch eine Kündigungsschutzklage. Sie wies im Verlauf des Verfahrens darauf hin, dass die ihr vorgeworfene Fehlerquote angesichts der Gesamtzahl der von ihr gepackten Pakete nicht ins Gewicht falle. Demgegenüber machte der Arbeitgeber geltend, dass die von der Arbeitnehmerin verursachten Fehler bei der Verpackung (z.B. durch Verwechslung von Kunden oder fehlende Teile) in ihrer Häufigkeit zu einem Imageverlust geführt hätten. Des weiteren seien erhebliche Kosten für die Fehlerbeseitigung entstanden.

Das Arbeitsgericht und das Sächsische Arbeitsgericht gaben der Klage statt und damit der Arbeitnehmerin Recht. Beide Gerichte stellten sich dabei auf den Standpunkt, dass allein die Fehlerquote bei der konkreten Tätigkeit nicht geeignet sei, eine Kündigung des Arbeitsvertrages zu rechtfertigen.

Dieser Ansicht sind die Richter des BAG jedoch nicht gefolgt. Sie wiesen in ihrer Entscheidung darauf hin, dass eine verhaltensbedingte Kündigung gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer nach §1 Abs. 2 KSchG durchaus gerechtfertigt sein kann, wenn ein Mitarbeiter seine arbeitsvertragliche Verpflichtung ständig dadurch verletzt, indem er in vorwerfbarer Weise permanent fehlerhaft arbeitet.

Zwar genüge nach den weiteren Ausführungen der Richter ein Arbeitnehmer seiner Vertragspflicht grundsätzlich schon dann, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet, da ein bestimmter Arbeitserfolg von Seiten des Arbeitnehmers nicht geschuldet ist, sondern lediglich seine Tätigkeit als solche. Daher verstoße ein Arbeitnehmer gegen seine Arbeitspflicht nicht allein durch die Tatsache, dass er eine vom Arbeitgeber gesetzte Norm oder die Durchschnittsleistung anderer Mitarbeiter unterschreite.

Andererseits könne gerade eine längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote je nach tatsächlicher Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen ein Indiz dafür sein, dass der Arbeitnehmer schlechter arbeitet, als er eigentlich könnte und dass er damit vorwerfbar gegen seine vertraglichen Pflichten verstößt. Könne ein Arbeitgeber derartiges im Prozess vortragen und beweisen, ist der Arbeitnehmer in der Pflicht zu erläutern, warum er trotz der erheblich unterdurchschnittlichen Leistung seine Leistungsfähigkeit ausschöpft (Az.: 2 AZR 536/06).

Da es im vorliegenden Fall in Bezug auf die der Arbeitnehmerin konkret vorgeworfenen Fehler und ihrer Ursachen an ausreichenden Tatsachenfeststellungen von Seiten der Vorinstanzen fehlte und da die für eine verhaltensbedingte Kündigung erforderliche Abwägung der jeweiligen Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmerin nicht vorgenommen wurde, misste der Rechtstreit an das Sächsiche Landesarbeitsgericht zur erneuten Beurteilung zurückgewiesen werden.

Als Fazit kann aus der Entscheidung des BAG folgendes entnommen werden: grundsätzlich ist eine Kündigung von leistungsschwachen Mitarbeitern möglich. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Arbeitgeber die Leistungsmängel genauestens und über einen längeren Zeitraum dokumentiert hat, so dass diese in einem gerichtlichen Verfahren detailliert vorgetragen werden können. Zudem wird es auch erforderlich sein, dass die durchschnittliche Fehlerquote bei vergleichbaren Arbeitsplätzen festgehalten wird, anhand derer eine deutliche Unterschreitung der Leistungen des Arbeitnehmers dargelegt werden kann. Ob eine Kündigung dann letztlich rechtswirksam sein wird, hängt von der Art und Schwere der jeweiligen Fehler, ihrer Ursache und einer Abwägung der Interessen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber ab. Es entscheiden letztlich die Gesamtumstände des Einzelfalles.

Der Autor: Dr. Christian Salzbrunn arbeitet als Rechtsanwalt in Düsseldorf. Zu seinen Tätigkeits-schwerpunkten zählen das Arbeitsrecht, Wirtschaftsrecht sowie die Themen Insolvenz und Inkasso. Kontakt und weitere Informationen: Telefon +49 (0)2 11. 1 75 20 89-0, Telefax +49 (0)2 11. 1 75 20 89-9, E-Mail: info@ra-salzbrunn.de, Internet: www.ra-salzbrunn.de (mf)