Umdeutung auf Endtermin wichtig

Kündigungsfrist richtig formulieren

22.07.2011
Arbeitgeber können das Unwirksamkeitsrisiko ausschließen. Dr. Christian Salzbrunn sagt, wie.
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Im Regelfall ist bei der ordentlichen Beendigung eines Arbeitsvertrages die Einhaltung einer gewissen Kündigungsfrist zu beachten, sofern der Arbeitsvertrag nicht ausnahmsweise außerordentlich, d. h. fristlos, gekündigt werden kann. Die einschlägigen Kündigungsfristen ergeben sich dabei entweder aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag, bei entsprechender Anwendbarkeit aus dem einschlägigen Tarifvertrag oder aus der gesetzlichen Regelung des § 622 BGB.

Insoweit muss der Arbeitgeber aber immer auch gem. § 622 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen beachten, die bei einer längeren Betriebszugehörigkeit sukzessive immer weiter ansteigen. Gesetzlich kann die Kündigungsfrist bis zu sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen.

Oftmals ist aber die zutreffende Berechnung der Kündigungsfrist nicht ganz einfach. Dies war für die Arbeitgeberseite bislang jedoch insoweit unproblematisch, als das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausging, dass die mit einer zu kurzen Kündigungsfrist ausgesprochene Kündigung im Regelfalle in eine Kündigung mit der richtigen Frist umzudeuten ist. Die Rechtswirksamkeit der Kündigung als solche wurde aber nicht von der Falschberechnung berührt (BAG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: 2 AZR 148/05).

Auch für die Arbeitnehmerseite verursachte eine falsche Berechnung der Kündigungsfrist von Seiten des Arbeitgebers erst einmal keinen akuten Handlungsbedarf. Insbesondere sah das BAG einen Arbeitnehmer bislang nicht als verpflichtet an, innerhalb der ansonsten zur Überprüfung der Rechtswirksamkeit einer Kündigung geltenden Drei-Wochen-Frist des § 4 S. 1 KSchG vor dem Arbeitsgericht zu klagen, wenn es dem Arbeitnehmer allein um die Überprüfung der richtigen Frist der Kündigung ging. Nach bisheriger Rechtsprechung konnte also die Nichteinhaltung der zutreffenden Kündigungsfrist auch noch außerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 KSchG geltend gemacht werden (BAG, Urteil vom 06.07.2006, Az.: 2 AZR 215/05 sowie BAG, Urteil vom 15.12.2005, Az.: 2 AZR 148/05).

Bisherige Grundsätze aufgegeben

Von diesen bisherigen Grundsätzen ist das BAG in einem neuen Urteil vom 01.09.2010 jedoch abgerückt. Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der am 09.11.1972 geborene Kläger war seit dem 01.08.1995 bei der Beklagten bzw. bei deren zwei Rechtsvorgängern als Tankstellenmitarbeiter beschäftigt. Die Beklagte kündigte mit dem Schreiben vom 22.04.2008 dieses Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 31.07.2008, d. h. sie berücksichtigte lediglich eine 3-monatige Kündigungsfrist. Erst im November 2008 erhob der Kläger eine Klage auf Zahlung der Annahmeverzugsvergütung für die Monate August und September 2008.

Die Klage begründete der Kläger damit, dass nach seiner Ansicht die Kündigungsfrist nicht drei, sondern fünf Monate betragen hätte, das Arbeitsverhältnis somit frühestens zum 30.09.2008 kündbar gewesen sei. Zum einen sei von einer Beschäftigungszeit von insgesamt zwölf Jahren auszugehen, da die Vorbeschäftigungszeiten auch bei den zwei Rechtsvorgängern der Beklagten mit einzurechnen seien. Außerdem sei nach einem aktuellen Urteil des EuGH die Regelung in § 622 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam, so dass auch seine Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr mit zu berücksichtigen seien.

Die Richter des BAG teilten die Rechtsauffassung des Klägers allerdings nur insoweit, als es um die unzutreffende Berechnung der Kündigungsfristen ging. Sie bestätigten, dass die gesetzliche Frist unter Beachtung der gesamten Vorbeschäftigungszeiten (also auch bei den Rechtsvorgängern) zu errechnen war. Des Weiteren gaben die Richter dem Kläger dahingehend Recht, dass die Regelung des § 622 Abs. 2 S. 2 BGB aufgrund des Verstoßes gegen das Europarecht nicht mehr anzuwenden war. Insofern bestätigten nun auch die BAG-Richter die einschlägige Entscheidung des EuGH (EuGH, Urteil vom 19.01.2010, RS. C-555/07 - Kücükdeveci). Mithin errechneten auch die Richter des BAG für den vorliegenden Fall eine Kündigungsfrist bis zum 30.09.2008.

Gleichwohl wies das BAG die Klage auf Zahlung des Lohns für die beiden Monate August und September 2008 ab, weil der Kläger nach Ansicht der Richter die 3-Wochen-Frist für die Klageerhebung nach § 4 S. 1 KSchG nicht eingehalten habe. Da die Kündigung des Arbeitsvertrages ausdrücklich zum 31.07.2008 ausgesprochen wurde, stünde nun auch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Termin aufgrund der verspätet erhobenen Klage fest. Die Richter betonten, dass in den Fällen, in denen sich eine Kündigungserklärung nicht mit der richtigen Kündigungsfrist auslegen lasse und von daher eine Umdeutung in eine Kündigung mit der zutreffenden Kündigungsfrist notwendig sei, die mit der zu kurzen Frist ausgesprochene Kündigung nach § 7 KSchG als rechtswirksam gilt und das Arbeitsverhältnis zum "falschen" Termin beendet (BAG, Urteil vom 01.09.2010, Az.: 5 AZR 700/09).

Arbeitnehmer müssen schnell handeln

Fest steht nun jedenfalls, dass Arbeitnehmer nicht nur dann innerhalb der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG schnell zu handeln haben, wenn es ihnen darum geht, die Berechtigung einer Kündigung als solche von einem Arbeitsgericht überprüfen zu lassen. Diese Frist gilt nun ausdrücklich auch für den Fall, dass ein Arbeitnehmer lediglich die Berechnung der vom Arbeitgeber errechneten Kündigungsfrist überprüfen lassen will.

Für eine gewisse Unklarheit sorgt die Entscheidung bislang aber dahingehend, als dass noch nicht eindeutig feststeht, ob das BAG nicht noch eine weitere Konsequenz im Falle der falschen Berechnung einer Kündigungsfrist folgert. Das BAG scheint anzudeuten, dass eine Kündigungserklärung, die einen "falschen" Beendigungstermin enthält und sich auch nicht anders auslegen lasse, unwirksam sein könnte.

Um also ein weiteres Unwirksamkeitsrisiko auf der Arbeitgeberseite auszuschließen, sollte künftig bei einer Kündigungserklärung unbedingt darauf geachtet werden, dass sie einer entsprechenden Auslegung zugänglich ist. Dies bewerkstelligt man am besten dadurch, indem man in dem Kündigungsschreiben (wie bereits zumeist schon üblich) wie folgt formuliert: "Hiermit kündigen wir das Arbeitsverhältnis zum _____, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin". Dadurch erhält die Kündigungserklärung auch für den Fall einer falschen Fristberechnung eine Umdeutungsmöglichkeit auf den dann zutreffenden Endtermin, sodass ein Arbeitgeber damit auf "der sicheren Seite" liegt. (oe)

Der Autor Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf.

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