Kunden ein Erlebnis verkaufen

29.12.2006 von Ingo Vogel
Warum verkaufen manche Verkäufer mehr als andere - wie gelingt es ihnen, Kunden scheinbar mühelos für ihr Angebot zu begeistern und mehr Abschlüsse zu erzielen? Ganz einfach: Sie machen aus dem Verkaufsgespräch ein Erlebnis.

Warum verkaufen manche Verkäufer mehr als andere - wie gelingt es ihnen, Kunden scheinbar mühelos für ihr Angebot zu begeistern und mehr Abschlüsse zu erzielen? Ganz einfach: Sie machen aus dem Verkaufsgespräch ein Erlebnis.

Verkäufer Huber betritt das Büro von Herrn Müller, einem potenziellen Kunden. Nachdem sich beide begrüßt und ihre Visitenkarten ausgetauscht haben, macht Huber erst einmal Small Talk - wie immer. Über den Stau auf der Autobahn, das Wetter, die Situation in der Branche. Ein, zwei Minuten verstreichen so. Dann legt Huber so richtig los. Als gäbe es kein Halten mehr, zählt er Müller alle ihm bekannten Merkmale und Vorzüge seines Angebotes auf. Nach zwölf Minuten Monolog kommt er zum Schluss und fragt Müller: "Was halten Sie davon? Wäre das was für Ihr Unternehmen?" Müller antwortet: "Nein". Und Huber ist sprachlos: Warum sagt Müller "nein"? Das Gespräch hatte doch so positiv begonnen?

Anders agiert Verkäufer Schulz. Er versetzt sich vor dem Gespräch zunächst in Bestlaune - mittels ein, zwei mentaler Übungen im Auto auf dem Besucherparkplatz. Denn er weiß: Wie gut ich bei meinem Gesprächspartner ankomme, hängt zu einem großen Teil von meiner Ausstrahlung ab. Wenn ich mich gut fühle, kommt automatisch ein Lächeln in meine Stimme und meine Augen strahlen. Zudem signalisiert meine Mimik und Gestik Offenheit. Das ist gerade in der Startphase des Gesprächs wichtig. Denn wie wir auf unser Gegenüber wirken, darüber entscheidet nur zu sieben Prozent der Inhalt dessen, was wir sagen. Viel wichtiger ist unsere Körpersprache und wie wir etwas sagen.

Mit Fragen führen

Nach der Begrüßung und dem Austausch der Visitenkarten sieht Verkäufer Schulz sein Gegenüber freundlich an und sagt erst einmal nichts. Dadurch spürt Müller sofort: Dieser Verkäufer ist anders als die meisten seiner Berufskollegen. Das erzeugt bei ihm eine positive Erwartungshaltung. Er fasst Vertrauen. Zuvorkommend fragt er Schulz nach seiner Anreise und bietet ihm etwas zu trinken an. Eine lockere Plauderei entsteht.

Eher beiläufig erkundigt sich Schulz nach einiger Zeit nach den Erwartungen und dem Informationsstand des Kunden: "Herr Müller, sagen Sie mir bitte: Was erwarten Sie von unserem Gespräch? Wünschen Sie erst einmal einen allgemeinen Überblick über unsere Produkte oder interessieren Sie sich für eine ganze bestimmte Lösung?" Darauf Müller: "Nun, wir stehen vor folgender Aufgabe ... Dafür suche ich die optimale Lösung." Verkäufer Schulz greift diese Information sofort auf: "Was erwarten Sie von der optimalen Lösung?" Indem er die Worte des Kunden aufgreift, will Schulz eine Gemeinsamkeit erzeugen. Zugleich möchte er mit der Frage erkunden: Was ist dem Kunden wichtig? Nach welchen Kriterien trifft er die Kaufentscheidung?

Für Kunde Müller ist der Preis wichtig, aber noch wichtiger ist ihm, dass die Lösung einfach handhabbar ist und störungsfrei funktioniert. Daraufhin fragt Huber sofort nach: "Worin würde sich für sie zeigen, dass die Lösung leicht handhabbar ist, und welche Folgeprobleme möchten sie ausschließen?" Der Grund: Nur so erfährt er, was die zentralen Kaufentscheidungskriterien des Kunden sind. Zudem vermittelt er dem Kunden durch die Nachfrage das Gefühl: Dieser Verkäufer interessiert sich wirklich für mich und meine Probleme.

Nachdem Schulz die nötigen Infos hat, fasst er die Kundenwünsche noch einmal zusammen. "Also, wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann legen Sie besonderen Wert auf ..." Erst nachdem ihm der Kunde dies bestätigt hat, beginnt Schulz mit der Präsentation seines Lösungsvorschlags - in einer kundenorientierten Sprache. Er sagt also nicht "Wir können ..." oder "Unser Produkt hat ....", sondern "Mit diesem Produkt gewinnen Sie ...." oder "Mit dieser Lösung erreichen Sie ..." Und nachdem er ein Nutzenargument genannt hat, erkundigt er sich, ob dieses den Erwartungen des Kunden entspricht - zum Beispiel, indem er fragt: "Wie interessant ist dies für Sie?" oder "Entspricht diese Lösung Ihren Idealvorstellungen?" So beugt Schulz möglichen Einwänden in der Abschlussphase vor. Nur wenn er auf seine Fragen ein "Okay" bekommt, fährt er fort.

Emotionen wecken

Beim Schildern der Problemlösung verwendet Schulz zudem Ausdrücke, die bei seinem Gegenüber Bilder entstehen lassen - zum Beispiel "Klar wie ein Gebirgssee", "Prickelnd wie Champagner" oder "Weich wie Nubukleder". Er spricht den Kunden also auch emotional an, denn er weiß: Bei der Kaufentscheidung spielt der Bauch eine wichtige Rolle.

Deshalb nutzt Verkäufer Schulz bei seiner Präsentation auch viele Magic Words - also Wörter, die den Kunden zum Träumen bringen, weil sie in ihm positive Empfindungen wecken und so zum Zustimmen und Mitmachen verleiten. Schulz sagt zum Beispiel nicht nüchtern: "Das Produkt hilft Ihnen, Ihre Ziele zu erreichen", sondern: "Mit dieser innovativen Lösung erzielen Sie eine durchschlagende Wirkung."

Regelmäßig hält Schulz außerdem Blickkontakt, spricht den Kunden mit Namen an und beobachtet, wie er auf seine Fragen und Aussagen reagiert. Merkt er, dass Müller dicht macht oder gelangweilt wirkt, wechselt er seine Strategie. Denn er weiß: Entscheidend ist, wie meine Argumente beim anderen ankommen.

Im Gespräch macht Schulz auch bewusst Pausen. Damit verfolgt er mehrere Ziele: Zum einen gewinnt er dadurch Zeit, voraus zu denken. Zum anderen fällt es seinem Gegenüber leichter, die Informationen zu verdauen. Außerdem kann er mit Pausen die Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Aussagen lenken. Er macht Spannungspausen vor einem Highlight wie "Mit unserem Produkt können Sie Ihren Umsatz um zehn Prozent steigern!" Und Wirkungspausen nach besonderen Aussagen wie "Der Marktführer empfiehlt unser Produkt weiter."

Am Schluss punkten

Nachdem er die relevanten Nutzenargumente genannt hat, leitet Schulz allmählich zum Abschluss über. Er gibt seine gemütliche Sitzposition auf und nimmt eine aufrechte Sitzhaltung ein. Er sieht sein Gegenüber an und fasst die drei für den Kunden wichtigsten Nutzenargumente noch einmal zusammen. "Herr Müller, Sie sehen: Mit diesem Produkt sparen Sie... Sie erzielen ... und Sie nutzen ..."

Die Veränderung der Körperhaltung und -sprache signalisiert dem Kunden, dass eine neue Gesprächsphase beginnt. Zugleich zeigt der direkte Blickkontakt ihm Offenheit, Ehrlichkeit und Stärke. Dann geht Schulz in die Offensive: "Wie machen wir jetzt am besten weiter? Wollen Sie erst einmal von der Sicherheit einer Testlieferung profitieren oder gleich den größtmöglichen Gewinn erzielen?" Alternativfragen wie diese geben dem Kunden das gute Gefühl, eine Auswahl zu haben - und sorgen doch für konkrete Antworten innerhalb eines vom Verkäufer vorgegebenen Zielkorridors. Schulz fragt also nicht "ob" der Kunde kaufen will, sondern nur noch "was", "wann", "wie viel". Dabei achtet er auf kurze Sätze, die klar und verbindlich zum Handeln - also zur Kaufentscheidung - motivieren. Und hat der Kunde sich entschieden, beglückwünscht er ihn - zum Beispiel mit den Worten: "Herr Müller, ich versichere Ihnen, damit haben Sie eine gute Wahl getroffen." (Ingo Vogel/mf)