Tipps für die Personalisierung

Kunden teilen ihre Daten - wenn die Gegenleistung stimmt

30.11.2016 von Martin Bayer
Für die Unternehmen geht es im Wettbewerb heute vor allem darum, möglichst viel über ihre Kunden zu wissen. Doch die sind vorsichtig, was die Preisgabe ihrer Daten betrifft. Nur wenn der Anreiz stimmt, rücken die Konsumenten mit wertvollen Informationen über sich selbst heraus.
 
  • Warum Kundendaten immer wichtiger werden.
  • Welche Anreize Kunden am besten motivieren, ihre Daten zu teilen.
  • Was die größten Hinderungsgründe für Konsumenten sind, ihre Daten herauszugeben.

Der Kunde von heute ist ein kompliziertes, ja manchmal sogar zwiespältiges Wesen, dessen Bedürfnisse gar nicht so einfach zu befriedigen sind. Auf der einen Seite verlangen die Konsumenten, als Individuum erkannt und wahrgenommen zu werden, sowie punktgenau im richtigen Moment das für sie passende Angebot unterbreitet zu bekommen. Auf der anderen Seite ist der Kunde sehr scheu, was die Preisgabe von Daten über die eigene Person anbelangt. Schnell fühlt er sich überwacht, ja geradezu von den Unternehmen auf Schritt und Tritt verfolgt. Und ist das Misstrauen erst einmal erwacht, folgt meist schnell der Rückzug. Jedes noch so gut gemeinte Angebot wird verschmäht. Ist der Kunde nachtragend, kann es eine ganze Weile dauern, bis er sich wieder hervorlocken lässt.

Dieses weit verbreitete Verhalten stellt die Marketing- und Vertriebs-Verantwortlichen in den Unternehmen vor ein scheinbar kaum zu lösendes Dilemma. Den immer härter werdenden Konkurrenzkampf entscheidet der für sich, der seine Kunden besser kennt und damit besser bedienen kann. Um hier nicht ins Hintertreffen zu geraten, sammeln Heerscharen von Marketiers, CRM-Managern (Customer Relationship Management) sowie Vertriebs- und Servicemitarbeitern unzählige Daten aus Internet-Shops, Filialen, Kundenkarten und Telefon-Calls. Zusätzlich angereichert werden diese eigenen Daten beispielsweise mit zugekauften Verbraucherinformationen, Daten aus sozialen Netzwerken usw.

Kundenprofil zum Greifen nahe

Doch damit begeben sich die Unternehmen schon auf dünnes Eis. Angesichts dieser Fülle an Daten sehen die Unternehmen das detaillierte Kundenprofil schon zum Greifen nahe. Doch in aller Regel braucht es die Einwilligung der betroffenen Kunden, diese Daten sammeln, verknüpfen und auswerten zu dürfen. Dem steht aber oft die bereits erwähnte Skepsis vieler Verbraucher im Wege. Was machen die Unternehmen mit meinen Daten? Werden die Informationen womöglich auch noch weitergegeben? Stehe ich am Ende als gläserner Kunde da, dessen persönliche Bedürfnisse und Wünsche quasi jede x-beliebige Firma einsehen kann?

Diese Befürchtungen zu entkräften, zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Marketiers in den Unternehmen. Es gilt, Anreize zu schaffen, um Interessenten und Kunden dazu zu bewegen, Informationen über sich preiszugeben. Wenn diese einen Nutzen und einen Mehrwert dahinter erkennen, fällt es in aller Regel zudem leichter, mit den von den Anbietern so heiß begehrten Daten herauszurücken.

Konsumenten erwarten Gegenleistung

In einer Studie haben Experten des CRM-Anbieters BSI Business Systems Integration AG sowie des Instituts für Marketing Management der ZHAW School of Management & Law untersucht, unter welchen Voraussetzungen die Bereitschaft der Kunden wächst, Daten zu teilen, und welche Gegenleistung sie dafür erwarten. Befragt wurde via Online-Umfrage eine Gruppe von fast 200 jungen Konsumenten: 20- bis 30-jährige Studenten, die als sogenannte Digital Natives in einer Share Economy aufwachsen und sich daher mit der Frage des Daten-Teilens mehr oder weniger intensiv auseinandersetzen.

Das bedeutet allerdings nicht automatisch, dass Informationen zur eigenen Person bereitwillig herausgerückt werden, wie die Umfrage zeigte. Prinzipiell sahen die Befragten wenig Mehrwert darin, Anbietern ihre Daten zu überlassen. Es gibt jedoch Unterschiede je nach Kaufart und Kaufphase. Die Studienautoren unterschieden nach vier verschiedenen Kaufarten:

Lediglich beim Prestige-Kauf zeigen zeigten knapp zwei Drittel der Befragten eine mittlere beziehungsweise höhere Bereitschaft, Daten zu teilen. Bei den anderen Kaufarten ist dies weitaus weniger der Fall. Eine mittlere oder höhere Bereitschaft gab beim Impuls-Kauf lediglich ein Viertel der Befragten an, beim Alltags-Kauf waren es 14 Prozent und beim intimen Kauf gerade einmal gut jeder Zehnte (elf Prozent).

Auch der Zeitpunkt zu dem Anbieter die Kunden nach Daten fragen, sollte wohl bedacht sein. Denn auch hier gibt es große Unterschiede. Die Studienautoren unterscheiden folgen Kaufsituationen:

Der Umfrage zufolge wollen die Kunden gerade in den Frühphasen des Kaufprozesses möglichst nicht identifiziert werden. Erst in der Phase des Verkaufsgesprächs trauen sich die Interessenten aus der Deckung. Das gilt allerdings nur für die Prestige-Käufe. Hier zeigten sich gut 30 Prozent der Befragten bereit, Informationen zu ihrer Identität preiszugeben. Bei den anderen Kaufarten liegt dieser Anteil indes deutlich unter zehn Prozent. Beim Alltagskauf ist jeder vierte Kunde bereit, sich an der Kasse zu outen. Das spiegelt in erster Linie die Verbreitung von Kundenkarten wider.

Kundenbindungswirksame Anreize finden sich ein erster Linie in den beiden oberen Quadranten.
Foto: BSI/ZHAW

Diese Umfrage-Ergebnisse deuten darauf hin, dass Kunden am ehesten bei Prestigekäufen den Wert einer Identifikation für eine individuellere Beratung und persönliche Wertschätzung durch die Anbieter sehen. Die Ergebnisse zu den Alltagskäufen mit einem Schwerpunkt auf Identifikationswunsch an der Kasse deuten dagegen darauf hin, dass die Befragten hier vor allem den direkten finanziellen Nutzen aus Kundenkarten wie zum Beispiel Punkte oder direkten Rabatte sehen.

Daten gegen Bares

Die Bereitschaft, persönlichen Daten weiterzugeben, wird stark durch die wahrgenommene Gegenleistung durch den jeweiligen Anbieter beeinflusst. Das zeigen beispielsweise die klassischen Kundenbindungsprogramme vieler Händler, die auf Seiten der Konsumenten auf breiter Ebene akzeptiert scheinen. Damit haben die Kunden offenbar gute Erfahrungen gemacht. Hier lernen sie das Spiel Daten gegen Bares kennen. Das Bare besteht meist aus Punkten oder Rabattmarken, die zu einem späteren Zeitpunkt eingelöst werden können.

Attraktivität von Gegenleistungen für das Teilen von persönlichen Daten.
Foto: BSI/ZHAW

Grundsätzlich scheinen diese monetären Anreize am wirksamsten, um Kunden dazu zu bewegen, Daten über sich preiszugeben. Das haben in der Vergangenheit etliche Studien und Umfragen gezeigt. Aber Vorsicht: Finanzielle Lockmittel sind zwar wirkungsvoll, aber auch flüchtig. Anbieter müssen beachten, dass damit auch Konsumenten aktiviert werden, die lediglich einmalig von einem Rabatt oder Coupon profitieren möchten, aber kein Interesse daran haben, langfristig eine Kundenbeziehung zum Anbieter einzugehen. Unternehmen sollten also darauf achten, dass ein monetärer Anreiz auch Wirkung zeigt, also personalisiert ist, und langfristig wirken kann wie beispielsweise durch ein Punktesystem, bei dem ein Kundenvorteil erst bei einem bestimmten erreichten Level ausgeschüttet wird.

Daneben können auch zusätzliche Services ein guter Anreiz für Kunden sein, Daten herauszurücken. Beispiele dafür sind ein besserer oder längerer Service, detaillierte Informationen zu Lieferungen beziehungsweise Abholmöglichkeiten oder Empfehlungen zu weiteren passenden Produkten und Angeboten. Der Vorteil solcher Service-Sets: Sie lassen sich individuell an bestimmte Personen oder Kundengruppen anpassen. Außerdem sind derartige Zusatzdienste nicht so leicht kopierbar - einen Rabatt kann schließlich jeder geben - und damit eher geeignet, eine Kundenbindung zu vertiefen. Manche Anbieter wie zum Beispiel Apple haben diese Vergabe von Services bereits soweit kultiviert, dass nur Kunden, die sich mit ihren Daten registrieren, diese Dienste in Anspruch nehmen dürfen. Dazu muss allerdings auch das Angebot entsprechend attraktiv sein.

Was passiert mit meinen Daten?

Die Anreize müssen indes groß genug sein, um an die Daten der Kunden zu kommen. Denn auch die Bedenken der Konsumenten sind groß. Vor allem die Unsicherheit, was mit den eigenen Daten passiert, hindert viele Menschen daran, Informationen über sich preiszugeben. Fehlende Transparenz darüber, wie Daten verwendet werden, sowie Befürchtungen, dass Daten weiterverkauft werden, stehen auf der Bedenkenliste ganz weit oben. Dazu kommen grundsätzliche Datenschutzbedenken sowie mangelndes Vertrauen in die Unternehmen, die nach Daten fragen. Eine grundsätzliche Verweigerungshaltung nach dem Motto 'Ich gebe nie persönliche Daten preis', legten dagegen nur 13 Prozent der Befragten an den Tag.

Generelle Hinderungsgründe für die Freigabe von persönlichen Daten.
Foto: BSI/ZHAW

In einem Feldversuch wurden den Befragten Rabatte auf Konzerttickets angeboten - in der Höhe gestaffelt nach der Bereitschaft der Datenfreigabe. Fünf Prozent sollten neue Facebook-Fans bekommen, zehn Prozent, wer zusätzlich noch an zwei Online-Umfragen im Jahr teilnimmt, und 15 Prozent gab es für das weitere Installieren einer App inklusive Geo-Tagging. Das Resultat: Nur ein gutes Viertel der Befragten (27 Prozent) verzichtete auf einen Rabatt. Jeder Fünfte (21 Prozent) erklärte sich bereit, für einen Preisnachlass von fünf Prozent Facebook-Fan zu werden. Für 43 Prozent der Befragten war der zehn-prozentige Preisnachlass genug Anreiz, um auch noch bei Online-Umfragen mitzumachen. Eine Lokalisierung war den meisten dann aber doch zu viel. Nur knapp jedem Zehnten (neun Prozent) war diese Offenheit ein 15-Prozent-Rabatt wert.

Diese Ergebnisse zeigten klar, dass mit attraktiven Anreizen eine sehr hohe Bereitschaft zur Identifikation erreicht werden könne, so das Fazit der Studienautoren. Ihr Rat an die Unternehmen: Je konkreter die Situation und je klarer der persönliche Nutzen aus der Identifikation, desto höher fällt auch die Bereitschaft der Nutzer aus, ihre Daten zu teilen. Je allgemeiner die Bereitschaft zur Datenfreigabe beziehungsweise zur Identifikation abgefragt wird, desto geringer ist die Bereitschaft dazu. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich aus Sicht der Experten folgende Faktoren ableiten:

Limitierende Faktoren:

Unterstützende Faktoren:

Fazit

Viele Konsumenten lassen sich auch entgegen grundsätzlicher Datenschutzbedenken dazu bewegen, ihre Daten zu teilen. Unternehmen müssen dafür aber das Vertrauen der Kunden gewinnen und einen konkreten, situationsspezifischen und wahrnehmbaren Nutzen für die Identifikation bieten. Andernfalls werden nur wenige Kunden freiwillig ihre persönlichen Daten preisgeben. Dies verlangt jedoch gute Kundenkenntnis, genaue Planung der Maßnahmen und relativ hohen Aufwand durch situationsspezifische Abfragen.

Aus verschiedenen Fallstudien haben die Studienautoren folgende Erkenntnisse zusammengetragen:

  1. Identifikation ermöglicht Unternehmen klare Mehrwerte in Sachen Informationsverfügbarkeit, Beratungssubstanz und Cross-Channel-Prozessen, die ohne Identifikation nicht möglich wären.

  2. Ist der Nutzen für die Kunden aus der Identifikation klar, besteht auch eine hohe Akzeptanz für die Identifikation.

  3. Online-Kaufprozesse brauchen im Gegensatz zu Offline-Kaufprozessen zum Abschluss zwingend eine Identifikation.

  4. Jedoch sind auf der Basis des beobachtbaren Kaufverhaltens in digitalen Medien Empfehlungen ohne Identifikation, rein durch Rückgriff auf Beobachtungsdaten aller Kunden möglich.

  5. Bricks & Mortar-Anbieter müssen sich mehr Gedanken darüber machen, welche Anreize Kunden dazu motivieren sich zu identifizieren. Insbesondere um den Zeitpunkt der Identifikation früher als erst an der Kasse zu initiieren.