Von Jürgen Frey, highway-to-sell.de
Kunden sind heute anspruchsvoll und informiert. Sie wollen exzellente Produkte kaufen. Und sie wollen auch noch ein gutes Gefühl dabei haben. Sie kaufen am liebsten dort, wo sie sich und anderen etwas Gutes tun. Also wie bei Freunden.
Deshalb werden im Vertrieb Werte, die eine Freundschaft charakterisieren, immer wichtiger: Verlässlichkeit, Gespräch auf Augenhöhe oder Vertrauen. So entwickeln sich langfristige Kundenbeziehungen, durch die sich jedes Unternehmen kontinuierlich entwickelt.
Dagegen setzen viele Verkaufstrainings heutiger Tage noch auf den schnellen Erfolg. Erzeugen Druck beim Kunden und Verkäufer. Doch die Kunden entziehen sich und wechseln zu anderen Anbietern. Und die Verkäufer bluten aus und melden sich krank mit Burnout.
Der Vertrieb wandelt sich: Früher kaufte man das beste Produkt. Dann wurden diese jedoch immer ähnlicher. Dadurch entwickelte sich der Service zum entscheidenden Kauffaktor. Doch mittlerweile ist auch der Service oft vergleichbar. Deshalb tritt jetzt das Thema Werte in den Vordergrund. Das müssen Verkäufer verstehen und praktizieren.
Heute üben erfolgreiche Vertriebler ihren Job mit großer Leidenschaft aus. Aber sie wollen nicht um jeden Preis verkaufen, sondern eine echte Beziehung aufbauen und Kunden wirklich helfen, so dass sie beim nächsten Mal wieder gerne gesehen sind. Diese Nachhaltigkeit wird honoriert. Das höre ich nach meinen Beratungen und Coachings. Und das zeigen die Verkaufszahlen meiner Kunden.
Kernkompetenz
Den Kunden interessiert, was er von dem Produkt hat, das er kaufen soll, egal ob Ware oder Dienstleistung. Deshalb muss sich ein Unternehmen in dem Segment genauestens auskennen, um den zentralen Nutzen kontinuierlich zu verbessern und möglichst einzigartig zu sein. Oft stelle ich fest, dass Unternehmen, nachdem sie ein gutes Produkt entwickelt haben, sich gleich ans nächste machen. Mit dem Versuch der Diversifizierung hat sich Daimler in den 90ern viele Probleme geschaffen. Mit dem Ergebnis, dass BMW und Audi seit Jahren gleichauf mit Mercedes liegen.
Viel effizienter ist, das gute Produkt besser zu machen, die Kernkompetenz weiterzuentwickeln. Dann "verkaufen" die Mitarbeiter nicht, sondern sie wissen genau, was das Unternehmen kann und welchen Nutzen es bietet. Und sie gewinnen so immer wieder von Neuem das Vertrauen ihrer Kunden. Diese Stärke macht diese Firmen attraktiv. Sie fallen nicht um, wenn ein Konkurrent günstiger ist, weil sie ein genau definiertes "Mehr" verkaufen.
Mein Tipp: Kümmern Sie sich um alles, was Ihren Kunden wichtig ist. Wenn Sie das selbst leisten können, gehört es zu Ihrer Kernkompetenz. Sonst lagern Sie es an Dritte aus oder geben es auf.
Suchen Sie nach neuen Märkten, für die Ihre Kernkompetenz wichtig ist. Sie sind Marktführer für Theatervorhänge? Dann suchen Sie sich andere Märkte, die schwer entflammbare Stoffe benötigen. Dies ist beispielsweise auf Messen der Fall.
Auf der nächsten Seite geht es u.a. um die Frage "Wie gut kennen Sie Ihre Kunden?"
Zielgruppenfokus und Kundenbeziehungspflege
Das Verhalten von Freunden ist gut einzuschätzen, aber Fremde sind schwer berechenbar. Wie gut kennen Sie Ihre Kunden? In den guten alten Zeiten produzierte Opel den Kadett für Einsteiger, den Manta für sportliche Singles und den Diplomat für Geschäftsführer. Heute kämpft der Hersteller ums Überleben und wenige würden an dem Unternehmensgrab weinen.
Denn Opel hat nur wenige Fans, weil sich das Unternehmen sehr breit aufgestellt und auf keine bestimmte Zielgruppe konzentriert hat, außer vielleicht der aussterbenden Mitte. Ganz anders bei Apple. Wer also sind Ihre Kunden? Jüngere oder Ältere? Premium oder billig? Welche Bedürfnisse befriedigt Ihr Unternehmen bei Ihren Kunden?
Fragen Sie Ihre Kunden und zwar offen und ehrlich. Gründen Sie einen Kundenbeirat. Die guten Softwareprogramme werden weiterentwickelt, weil die Kunden ihre Bedürfnisse aus der täglichen Anwendung anmelden. Denn sie wissen, was noch besser gemacht werden kann. Erfüllen Sie die wichtigsten Bedürfnisse Ihrer Kunden, dann sind Sie praktisch Zielgruppenbesitzer. Die Hürde für Mitbewerber ist extrem hoch. Die Hürde für Kunden, ein anderes Programm zu nutzen, ist schier unüberwindlich.
Mein Tipp: Kristallisieren Sie durch immer feinere und exaktere Bewertungen die eine Zielgruppe heraus, auf die Sie Ihr Angebot zuschneiden möchten. Lernen Sie Ihre Zielgruppe immer besser kennen: Durch direkte Gespräche oder indirekt zum Beispiel über den Zeitschriftenmarkt.
Kundenbeziehungspflege
Wenn Sie nach den ersten beiden Schritten auch die Servicequalität verbessert haben, für ihre Innovationsfähigkeit sorgen, die Verkaufsstrategie optimiert und die Kundenzufriedenheit gemessen haben, sollten Sie die Kundenbeziehung pflegen.
Kennen Sie das? Sie werden von Freunden zum Essen eingeladen und wollen sich bei nächster Gelegenheit revanchieren. "Reziproken Altruismus" nennen das Biologen, die das Sozialverhalten von Affen beobachten. Die Rollen des Gebers und Nehmers wechseln ständig: Der eine hilft bei der Fellpflege, der andere unterstützt bei der Jagd. Und der Gesamtnutzen übersteigt am Ende die Gesamtkosten.
Nutzen Sie dieses Verhalten im Verkauf: Gehen Sie in Vorleistung. Sie präsentieren Ihr Produkt, einen Schreibtischstuhl. Überlassen Sie dem Kunden das ausgewählte Modell für 14 Tage. Die ausführliche "Popo-Probe" schafft das entscheidende Vertrauen. Denn der Kunde merkt, dass Sie von Ihrem Produkt überzeugt sind. Sie sind an einer positiven Beziehung mit ihm interessiert. Noch entscheidender: Schenken Sie ihm Aufmerksamkeit und Zeit. Denn das kann kein Werbegeschenk ersetzen.
Wie in jeder Beziehung, geht auch in der Kundenbeziehung mal was schief. Sie liefern das falsche Modell. Sie liefern eine Stunde später, der Kunde ist auf einem Termin und kann den Stuhl nicht entgegennehmen. Das ist menschlich. Aber das Beziehungskonto ist nicht mehr ausgeglichen.
Sie sollten aktiv werden, sich überlegen, wie Sie den "Schaden" wieder gut machen können. Denn wenn Ihnen das gelingt, dann überzeugen Sie den Kunden wieder. Schließlich wächst auch eine Freundschaft, wenn nach einem Missverständnis, eine überzeugende Entschuldigung gelingt. So festigt ihre Reaktion die Kundenbeziehung.
Mein Tipp: Bemühen Sie sich um Ihre A-Kunden besonders und überraschen Sie diese. Unterstützen Sie diese Kunden bei der Weiterempfehlung. Tragen Sie durch Kundentage, Sommerfest, Online-Foren dazu bei, dass sich Ihre Kunden austauschen können. (tö)
Autor des Beitrags ist Jürgen Frey, Wirtschaftsingenieur und Autor des Buches "Mein Freund, der Kunde - Ohne Tricks und Fallen Kunden gewinnen und behalten". Der Marketing- und Vertriebsexperte lebt im württembergischen Giengen und berät seit zehn Jahren Unternehmen in ganz Deutschland. Die Tipps des gelernten Industriemechanikers sind praxisnah und sofort umsetzbar. Auf seine Kompetenz und internationale Erfahrung setzen Krankenkassen ebenso wie Industrieunternehmen und Handwerksbetriebe.
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