Standortbestimmung mit PC und Handy

Lokalisierung – Techniken, Nutzen, Gefahren

08.03.2011
PC und Handy verraten, wo man gerade ist. Das nutzen immer mehr Webdienste für standortbezogene Infos.

"Sag' mir, wo Du bist, und Du bekommst die Infos, die relevant für Dich sind." Nach diesem Motto werden auf Internetseiten immer häufiger standortbezogene Infos und Dienste angeboten: Bekannte in der Nähe treffen, das Programm des Kinos um die Ecke, die nächstgelegenen Sehenswürdigkeiten, Werbe- und Privatanzeigen aus der Region – das sind nur ein paar Beispiele.

Das klappt aber nur, wenn die Dienste den Benutzer lokalisieren können. Bei Computern, Tablet-PCs und Smartphones prinzipiell kein Problem: Diese Geräte verraten durch ihre IP-Adresse im Internet oder mit ihrem eingebauten GPS-Modul, wo Sie gerade sind. Auf diese Weise kann ein Smartphone nicht nur mit Hilfe einer Navigationssoftware seinem Besitzer den richtigen Weg zeigen, sondern ihn auch mit Zusatzinformationen via Internet versorgen.

Die Standortbestimmung wird auch in sozialen Netzwerken eingesetzt. Durch Lokalisierungsdienste kann man bequem mitteilen, an welchem Ort man sich gerade aufhält. Doch nicht jedem gefallen die neuen Möglichkeiten. Denn Lokalisierungsdienste lassen sich auch missbrauchen.

Die IP-Adresse: einfach, aber wenig präzise
Die Betreiber von Internetseiten und -diensten mit lokalen Infos können über verschiedene Wege ermitteln, wo man sich gerade aufhält. Am weitesten verbreitet, aber auch am wenigsten präzise ist die Erkennung auf Basis der IP-Adresse, mit der man gerade im Internet angemeldet ist. Egal ob Computer oder Smartphone: Jedes Gerät, das ins Internet geht, erhält vom Zugangsanbieter eine eindeutige Zahlenkombination als Adresse.

Durch sie lässt sich in der Regel aber nur die Stadt oder der Ballungsraum korrekt erkennen. Eine genauere Standortbestimmung auf Straßenebene ist dagegen nicht möglich. Wer über das Netzwerk eines Unternehmens mit mehreren Standorten ins Internet geht, wird möglicherweise einer falschen Stadt zugeordnet. Dazu zählen auch die Netzwerke der großen überregionalen Internetzugangsanbieter.

Für viele Internetseiten ist jedoch nur die Region wichtig, in der sich der Besucher befindet. Katalog- und Prospektdienste listen beispielsweise dann die am Ort verfügbaren Einkaufsmärkte und deren aktuelle Angebote auf. Oder Preisvergleichsseiten fügen den aktuellen Versandschnäppchen die Angebote von Händlern vor Ort hinzu. Auch viele Suchmaschinen arbeiten mit regionalen Aspekten, gewichten beispielsweise eine bestimmte Firma vor Ort höher als ein gleichnamiges Unternehmen in einer anderen Region.

Bei der Zuordnung von Werbung spielt die Lokalisierung mit Hilfe der IP-Adresse ebenfalls eine immer wichtigere Rolle. So erhalten Internetnutzer aus Bayern die Werbung eines Münchner Modehauses. Dagegen ist bei einer IP-Adresse, die Berlin zugeordnet wird, die Reklame eines dort ansässigen Kaufhauses zu sehen. Unternehmen wollen so unpassend zugestellte Werbung vermeiden ("Streuverluste").

GPS-Ortung: bis auf wenige Meter genau

Wenn man den Standort zuverlässiger und genauer ermitteln will, kommt die bei Navigationsgeräten bewährte GPS-Lokalisierung zum Zuge. Besonders verbreitet sind Lokalisierungsfunktionen daher im Zusammenhang mit Handy-Apps, da die meisten Smartphones serienmäßig über GPS-Empfänger verfügen. Mit dessen Hilfe kann das Gerät zumeist auf wenige Meter genau melden, wo sich der Besitzer gerade befindet.

Die GPS-Ortung wird zumeist durch einen Lage- und einen Beschleunigungssensor unterstützt. Hier spricht man von "Assisted GPS". So können Smartphones einfach und oft treffsicher ihren aktuellen Ort mitteilen, auch wenn gerade kein GPS-Signal empfangen werden kann, weil sich der Handybesitzer nicht im Blickfeld der Ortungssatelliten befindet.

Die Möglichkeiten, die sich durch die Standortbestimmung per GPS-Meldung ergeben, sind vielfältig und gehen weit über reine Routenplanung und Navigation à la Google Maps hinaus. Hier ein paar Beispiele für interessante Smartphone-Apps: Die iPhone-App "Stau Mobil" erkennt, wo man sich gerade befindet, und zeigt anhand der aktuellen ADAC-Daten Staus und Verkehrsbehinderungen in der Umgebung an.

Auch die App "Qype" setzt auf die Ortsangabe des Handynutzers. Auf der Internetseite www.qype.com bewerten Besucher Restaurants, Bars, Geschäfte und andere lokale Punkte. Die Qype-App ermittelt Ihren aktuellen Standort und zeigt die Adressen der bewerteten Kneipen und Geschäfte in der Umgebung. Das ist nicht nur in fremden Städten praktisch. Qype gibt es sowohl für iPhone und Blackberry als auch für Smartphones mit Android- und Symbian-Betriebssystem.

Noch relativ neu ist die Kombination aus Handykamera und via GPS-Meldung abgerufenen Informationen aus dem Internet. Die iPhone-App des Immobilienportals Immonet beispielsweise erkennt anhand von GPS und Lagesensor die Blickrichtung des iPhone-Benutzers und zeigt anhand der auf der Internetseite hinterlegten Angebotsdaten die Entfernung und die Richtung zu Immobilien, die zum Verkauf stehen. Wenn der Nutzer zusätzlich die Kamera im iPhone einschaltet, wird innerhalb des Kamerabildes angezeigt, welche Wohnungen und Häuser verkauft oder zur Vermietung angeboten werden.("augmented reality").

"Facebook Orte": eingeschränkte Privatsphäre

Bei der Standortbestimmung per IP-Adresse oder Meldung der GPS-Daten zum Abruf lokaler Daten wissen nur die Betreiber der Internetseiten und -dienste, wo man sich gerade aufhält. Bedenklicher wird es für den, der die moderne GPS-Lokalisierungstechnik dazu verwendet, seinen Aufenthaltsort der Allgemeinheit zu melden.

In sozialen Netzwerken sind Lokalisierungsdienste stark im Kommen. Bekanntestes Beispiel ist der auf GPS-Daten basierende Facebook-Dienst "Facebook Orte". Er ermöglicht es allen Nutzern des weltgrößten Kontaktnetzwerks, ihren Freunden und Bekannten mitzuteilen, wo sie sich gerade aufhalten – eine freiwillige und leichtfertige Einschränkung der Privatsphäre. Bis vor einigen Wochen gingen solche Ortsangaben bei Facebook nur über den Umweg über externe Lokalisierungsdienste wie Foursquare. Jetzt bietet das Kontaktnetzwerk diese Funktion in Eigenregie an.

So attraktiv die Möglichkeit auch sein mag, durch die Standortmeldung auf Bekannte in der Nähe zu stoßen, sollte man genau darauf achten, dass sie nur an die gewünschten Adressaten gelangt. Bei falschen oder leichtfertigen Facebook-Einstellungen besteht die Gefahr, dass Unbefugte mitbekommen, wo sich bestimmte Facebook-Mitglieder gerade aufhalten, und diese Informationen zum Beispiel dazu verwenden, dessen Wohnung in seiner Abwesenheit leerzuräumen. Ein solcher Fall ging kürzlich durch die Presse. Das kann man aber durch kluge Profil-Einstellungen verhindern.

Wer Facebook Orte generell nicht nutzen will, braucht im Prinzip nichts zu unternehmen. Denn der Dienst ist erst nach Freischaltung in der App oder in den Einstellungen des Telefons aktiv und per Internet-Browser am PC nicht direkt zu nutzen. Die Einschränkung "im Prinzip" gilt deswegen, weil es eine fragwürdige Funktion von Facebook Orte gibt, die unabhängig davon arbeitet, ob man den Dienst aktiviert hat: Damit lassen sich Ortsangaben für andere Facebook-Freunde, mit denen man zusammen unterwegs ist, mit erledigen. Klingt praktisch, kann aber auch verräterisch sein, wenn man eigentlich zu diesem Zeitpunkt an einem anderen Ort sein sollte oder gar nicht weiß, dass der begleitende Freund so "nett" war, einen gleich mit einzubuchen.

Ausgesprochen nützlich sind GPS-Funktionen bei Digitalkameras. Diese Apparate speichern mit Hilfe eines GPS-Chips den aktuellen Standort direkt im Foto, oft sogar auch die über einen Lagesensor ermittelte Blickrichtung des Fotografen. Viele Bildbearbeitungsprogramme können inzwischen solche Geo-Daten auslesen und sie in Landkarten den richtigen Orten zuordnen. Wer sich nicht mehr daran erinnert, wo ein bestimmtes Foto aufgenommen wurde, wird diese Funktion zu schätzen wissen.

Kombination von Ortungstechniken

Die reinen GPS-Funktionen eines Handys erlauben oft nur eine unzureichende Ortsbestimmung. Grund: Nur wenn das GPS-Satellitensignal stark genug ist und sich der Handynutzer im Freien befindet, funktioniert die Zuordnung korrekt. Daher wollen einige Internetdienste neben dem GPS-Signal zukünftig auch auf die Handyortung zur Standortbestimmung setzen. Denn jedes Mobiltelefon bucht sich mit einer eindeutigen Kennung bei der lokalen Mobilfunkzelle im GSM- oder UMTS-Netz ein. Ortswechsel des Benutzers lassen sich über Veränderungen in der Stärke des Empfangssignals nachvollziehen.

Bereits genutzt wird die Standortbestimmung per Mobilfunk von Handyortungsdiensten wie www.trackmykids.com. Über solche Dienste können zum Beispiel besorgte Eltern den Aufenthaltsort ihrer Kinder ermitteln. Da die Mobilfunkfirmen allerdings Geld für die Ortung verlangen, sind solche Dienste stets kostenpflichtig.

Noch Zukunftsmusik ist die Lokalisierung von PC- oder Smartphone-Benutzern über WLAN-Zugangspunkte, die in umfangreichen Karten verzeichnet sind. Die Bemühungen Googles, auch WLAN-Punkte zu protokollieren, dürften in eben diese Richtung gehen. Die Idee dahinter: Eine Karte, die sämtliche WLAN-Punkte kennt und genau weiß, welche Mobilfunkantennen wo stehen und über welche Empfangseigenschaften verfügen, könnte es auch bei ausgefallenem GPS-Signal ermöglichen, den Standort von Benutzern herauszufinden.

Die Geister, die ich rief...

Die größte Gefahr bei der Nutzung von lokalen Internet-Infodiensten liegt darin, dass die Lokalisierungstechnik auch dazu verwendet werden kann, Bewegungsprofile anzulegen. Bestes und abschreckendes Beispiel ist Apple: Der iPhone-Erfinder musste 2010 zugeben, dass er über Jahre Standortdaten von iPhone-Nutzern aufgezeichnet hat.

Auch Dienste von Unternehmen wie Google oder Facebook werden so oft genutzt, dass sich durch deren Lokalisierungsdienste Bewegungsprofile erstellen ließen. Selbst wenn diese nicht persönlich zuzuordnen sind, sind die gesammelten Daten vieler Internet- und Smartphone-Nutzer ein interessantes Mittel zur Marktforschung und der Industrie eine Menge Geld wert.

Auf dem iPhone und iPad als auch auf Smartphones und Tablet-PCs mit Android- und Nokias Symbian-Betriebssystem wird man bei der Installation darauf hingewiesen, wenn eine App den Standort des Besitzers auslesen will. Beim iPhone kann man unter "Einstellungen, Allgemein, Ortungsdienste" festlegen, welche Apps den Aufenthaltsort verwenden dürfen. Auf Android-Handys findet sich keine nach Apps aufgeschlüsselte Ansicht, man kann aber unter "Einstellungen, Anwendungen, Anwendungen verwalten" zu jeder App sehen, auf welche Funktionen sie zugreift und ob diese sie an jemand anderen weitergibt.

Wie intensiv und wie oft eine App das tut und ob diese Daten zu einem Bewegungsprofil verarbeitet und gespeichert werden, weiß man allerdings in keinem der Fälle. Darüber geben auch die Nutzungsbedingungen der Apps und Dienste keine Auskunft. In der Vergangenheit gab es bereits Fälle, in denen vermeintlich harmlose Apps Schnüffelfunktionen enthielten, etwa ein Spiel, das GPS-Daten weiterleitete. (PC-Welt/tö)