Mainframe-Renaissance mit neuem IBM-Boliden?

22.05.2003
Nach vier Jahren Entwicklung stellte IBM die neue Großrechnerserie "eServer z990" vor. Die Saurier - Codename "T-Rex" - sollen die zwar viel zitierte, doch von so manchen Experten bezweifelte Mainframe-Renaissance vorantreiben.

Noch immer kein Schnäppchen ist der neue Mainframe "z990", den IBM ab 16. Juni verkaufen wird. Kunden müssen zwischen 600.000 und vier Millionen Euro zahlen. Dafür erhalten sie Rechner, in die Big Blue eigenen Angaben zufolge vier Jahre Entwicklungszeit, die Arbeit von 1.200 Ingenieuren und rund eine Milliarde Entwicklungskosten gesteckt hat.

Dass IBM mit dem Saurier - Codename "T-Rex" - seine Vorherrschaft im Markt der Großrechner festigen will, liegt auf der Hand. Doch die Company will mit dem Boliden auch ein Exempel für ihre lautstark propagierte "Computing on demand"-Kampagne liefern. So können einzelne Prozessoren je nach Workload-Bedarf zugeschaltet werden; ferner erhalten Kunden die Möglichkeit, die Rechnerkapazität nach Bedarf bei einem Service-Provider, der für sie Anwendungen hos-tet, abzurechnen. Eine T-Rex-Zielgruppe ist also das Segment Hoster, eine weitere Service-Provider, die dritte sind traditionell Finanzen und Banken, ferner Forschung und Militär.

Ob IBM viele Neukunden gewinnen wird, ist unter Experten umstritten. Zwar bietet der neue Großrechner alles, was derzeit im Highend-Computing möglich ist, doch von einer "Renaissance des Mainframe" zu sprechen, wie es IBM unter Hinweis auf beispielsweise über 100 neue Mainframe-Kunden seit 2002 tut, fällt nicht leicht. Denn Big Blue profitiert in diesem Bereich seit Jahren vom Abschied fast aller Konkurrenten. Unternehmen, die nicht auf Unix-Systeme umsteigen wollen, aber ihre Serverlandschaften konsolidieren und für neue, unternehmensweite Anwendungen fit machen müssen, bleibt nur der Gang nach Armonk.

Der neue Bolide wird in vier und nicht, wie beim Vorgängermodell "z900" ("Freeway") der Fall, in 40 Versionen angeboten, So erreicht IBM, wie bei den hauseigenen Unix-Servern vorexerziert, die Vorteile verschlankter Fertigung und eines vereinfachten Vertriebs. Die Versionen werden nach und nach auf den Markt kommen, der letzte und größte Anfang 2004.

Den Anfang machen die beiden Modelle "A08" und "B16" mit 8 beziehungsweise 16 Prozessoren. In ihnen arbeiten "G8"-Prozessoren, deren Leistung zwischen 400 und 450 MIPS liegen dürfte. Sie sind um bis zu 60 Prozent schneller als die G7-Chips, die in den "Freeways" mit 300 Mips werkeln.

Nach Angaben von IBM takten die 64-Bit-Prozessoren mit 1,2 (Freeway: 700) Gigahertz. Der Arbeitsspeicher reicht bis zu 256 (64) GB, die I/O-Bandbreite liegt bei maximal 96 (24) GB/s. Ab Ende dieses Jahres können 32 (16) Prozessoren zu einem "Single System Image" zusammengefasst werden. Ferner werden bis zu 15 logische Partitionen unterstützt. Ab September wird T-Rex mit "Capacity on Demand"-Fähigkeit angeboten; dann wird Big Blue Kunden auch "Customer Initiated Upgrades" anbieten.

Eine Erweiterung der Maschinen auf 24 und 32 aktive Prozessoren ("Z-Series 990 C24" und "D32") sei für Ende Oktober geplant. Frühestens Ende nächsten Jahres sollen 48 und 64 Wege-Rechner folgen. Ein erstes Einsatzgebiet für den T-Rex hat IBM schon mit den hauseigenen "On demand"-Rechenzentren ausgemacht.

www.ibm.com

ComputerPartner-Meinung

Mit dem "T-Rex" kommt Big Blue seiner Vorstellung, Rechenkapazität "on demand" anzubieten, ein gutes Stück näher. Und solange das Mainframe-Geschäft vom ungezügelten Kapazitätshunger der Unternehmen profitiert und es darüber hinaus die Möglichkeit gibt, Rechenleistung bei einem Hoster einzukaufen, statt diese selbst vorzuhalten, kann IBM mit gewaltigen Einnahmen rechnen. Dieses Jahr sollen es rund drei Milliarden Dollar sein. (wl)