Anforderungen im Beruf steigen

Mal eine Auszeit nehmen – ist das gut?

31.10.2014 von Renate Oettinger
Ein Sabbatical kann sinnvoll sein, um den eigenen Lebensweg neu zu definieren. Doch Sabine Prohaska warnt: Eine solche Auszeit sollte gut vorbereitet sein.

"Alles wird mir zu viel." Dieses Gefühl haben viele Arbeitnehmer. Und so mancher spürt: Wenn ich nicht aufpasse, steuere ich auf einen Burn-out oder eine Sinnkrise zu. Denn: "Du musst mobil sein." "Du musst stets erreich- und ansprechbar sein". "Du musst mehr Eigenverantwortung zeigen." Mit solchen Anforderungen werden Arbeitnehmer heute zunehmend konfrontiert – beruflich und privat. Sie sollen nicht nur mehr, sondern auch stets neue Anforderungen erfüllen; Anforderungen zudem, die sich oft nur schwer vereinbaren lassen.

Ein Sabbatical kann dazu dienen, die Balance zwischen Berufs- und Privatleben zu finden.
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Ein er-fülltes Leben oder ein ge-fülltes Leben?

Viele Menschen reagieren hierauf, indem sie versuchen, immer mehr Dinge in stets kürzerer Zeit zu bewältigen. Die Folge: Sie führen ein Leben im High-Speed. Und zunehmend verstärkt sich in ihnen das Gefühl: Ich bin nicht mehr "Herr" meiner Zeit. Ich werde zunehmend fremdbestimmt. Doch: Wer nur noch funktioniert, verliert irgendwann die Balance im Leben. Er schlittert fast zwangsläufig in eine Krise - körperlich oder psychisch.

Solche Krisen können wir nur vermeiden, wenn wir uns regelmäßig fragen:

Auf diese Fragen finden wir in der Alltagshektik meist keine Antwort - vor allem, weil uns dann die nötige Distanz zum Alltag fehlt.

Auszeiten schaffen die nötige Distanz

Deshalb sollten wir uns regelmäßig eine Auszeit gönnen. Diese Auszeiten können vielfältiger Natur sein. Hierbei kann es sich zum Beispiel um einen Kurzurlaub in den Bergen oder ein Verwöhn-Wochenende in einem Wellness-Hotel handeln. Entscheidend ist es, dem Trubel des Alltags zu ent-fliehen, um innerlich zur Ruhe zu kommen. Denn nur dann haben wir die Muße, um uns mit den wirklich wichtigen Fragen zu befassen.

Eine besondere Form der Auszeit ist das Sabbatical. Eine solche Auszeit über mehrere Monate oder gar ein Jahr empfiehlt sich, wenn wir das Gefühl haben: Ich stecke fest. Auf meinem jetzigen Lebens-weg kann ich keine Erfüllung finden. Ich muss einen neuen Weg für mich entwerfen, weil es in mehreren Lebensbereichen zwar noch nicht brennt, aber bereits die ersten Flammen einer künftigen Krise lodern. Dann sollten wir eine längere Auszeit nehmen, denn in ein, zwei Tagen oder Wochen können wir kein neues Lebenskonzept entwerfen.

Ausgetretene Pfade verlassen

Auch aus folgendem Grund: Wenn wir uns auf einen neuen Lebensweg begeben, müssen wir auch unsere ausgetretenen (Verhaltens-)Pfade verlassen. Das fällt uns in der Alltagsumgebung meist schwer. Deshalb verbringen die meisten Menschen ihr Sabbatical nicht zu Hause. Sie begeben sich vielmehr zum Beispiel auf eine Weltumseglung oder ziehen sich in eine Almhütte zurück. Denn sie wissen: Dann finde ich eher die innere Ruhe, in der neue Gedanken in mir aufsteigen, und fern von zu Hause wird mir eher bewusst, was mir wirklich wichtig ist.

Solche Auszeiten sind keine verlorene Zeit. Das zeigt die Erfahrung. Sie wirken sich meist auch posi-tiv auf den beruflichen Erfolg aus. Denn wenn wir unseren Lebensweg (wieder-)gefunden haben, können wir voller Energie durchstarten. Denn nun wissen wir, was wir wirklich wollen. Entsprechend konzentriert und fokussiert gehen wir ans Werk. Wir laufen nicht mehr mit "angezogener Handbremse" durchs Leben.

Klarheit gewinnen vor ausspannen

Doch Vorsicht! Ein Sabbatical ist kein verlängerter Urlaub. Das zentrale Anliegen ist hierbei nicht das Ausspannen, sondern das Sich-neu-Besinnen. Deshalb sollte ein Sabbatical vorbereitet sein. Sie soll-ten vorab wissen: Worüber möchte ich Klarheit gewinnen? Welches Ziel möchte ich in dem Sabbatical erreichen? Sonst besteht die Gefahr, dass Woche für Woche und Monat für Monat verstreichen. Diese genießen sie zwar, doch wenn Sie nach dem Sabbatical in den Alltag zurückkehren, starten Sie wieder dort, wo Sie sechs Monate oder ein Jahr zuvor ausgestiegen sind. Dann war die Auszeit kein Sabbatical, sondern nur ein langer Urlaub.

Weitere Infos: Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmen seminar consult prohaska, Wien (Tel.: +43/664-3851767; Email: prohaska@seminarconsult.at; Internet: www.seminarconsult.at), das unter anderem Trainer und Coaches ausbildet.

12 Karriere-Mythen
In einer Wirtschaftskrise macht man keine Karriere
"In der Krise wählen Unternehmen bei der Besetzung von Stellen zwar sorgfältiger aus. Aber sie stellen trotzdem noch ein", ist die Erfahrung von Marcus Schmidt. Gerade in Phasen des Umbruchs gebe es etwa die Chance zur Übernahme von Restrukturierungsjobs, bei denen wirklich die Fähigkeit der Verantwortlichen zählt.
Frauen hindert die "gläserne Decke" am Aufstieg
Tatsächlich finde sich diese "gläserne Decke" vor allem in den Köpfen der männlichen Entscheider, glaubt Schmidt. Für weibliche Führungskräfte scheine sie hingegen kein Thema zu sein. "Viele Beratungsunternehmen und große Konzerne bitten uns öfter sogar explizit, nach weiblichen Kandidatinnen zu suchen."
Karriere macht, wer mehr als 60 Stunden pro Woche arbeitet
Falsch, glaubt Headhunter Marcus Schmidt. Ebenso wichtig wie der tatsächliche Zeiteinsatz sei der gefühlte Zeiteinsatz. Und der definiere sich auch durch die Befriedigung mit der getanen Arbeit. "Wer es schafft, aus seiner Arbeit weitgehend Befriedigung zu ziehen, muss auch nicht Karriereschablonen zum persönlichen Zeiteinsatz nachjagen."
Der erste Job muss der richtige sein
Wer auf standardisierte Einstiegsprogramme in Unternehmen mit hohem Bekanntheitsgrad setze, müsse auch in Kauf nehmen, dass die eigene Berufslaufbahn nachgemacht wirkt, sagt Personalberater Marcus Schmidt. "Gehen Sie eigene Wege. Suchen Sie Ihren Einstieg ruhig gegen den Strich. Probieren Sie etwas aus, was sie wirklich interessiert."
Ein Auslandsaufenthalt fördert die weitere Karriere
Nicht immer, sagt Headhunter Marcus Schmidt - stattdessen kann der Auslandseinsatz sogar zum Nachteil werden. "Oftmals sind es die Daheimgebliebenen, die dann verbleibende Inlandsposten unter sich aufteilen". Sie säßen dann auf Stühlen, auf die Auslandsrückkehrer vergeblich spekulieren.
Gehalt ist ein untrüglicher Gradmesser des Karriereerfolgs
Die Position mit Perspektive sei nicht immer die am besten bezahlte, sagt Marcus Schmidt. So könne sich für ein renommiertes Traineeprogramm ein kurzfristiger Gehaltsverzicht durchaus auszahlen - etwa, wenn das ausbildende Unternehmen in seiner Branche als Kaderschmiede gilt.
Ohne Examen gibt es keinen Aufstieg
Muss man heute studieren, wenn man Karriere machen will? Nein, glaubt Headhunter Marcus Schmidt. Und einige prominente Konzernlenker geben ihm recht: Telekom-Chef René Obermann etwa hat sein Studium abgebrochen, und auch Klaus-Peter Müller, bis 2008 Vorstandsvorsitzender der Commerzbank und jetziger Aufsichtsratsvorsitzender, hat nie studiert.
Der MBA ist ein Karriere-Turbo
Die deutsche Wirtschaft zeigt ein anderes Bild: Absolventen hätten sich selten in die Führungsetage hochgearbeitet, sagt Schmidt. Anders als der Doktortitel ist der MBA zudem kein normierter akademischer Grad, seine Vergabe wird also grundsätzlich nicht staatlich geregelt oder kontrolliert. Wer Studiengebühren von bis zu 70.000 US-Dollar auf sich nehme, solle deshalb das Renommee der Schule immer überprüfen.
Nur wer sich anpasst kommt weiter
Im Gegenteil: Eigene, gut argumentierte Überzeugungen hält Headhunter Marcus Schmidt für unabdingbar. "Wer nur mitläuft, um ja keinen Fehler zu machen, kann nichts Herausragendes leisten und wird nicht dauerhaft auf sich aufmerksam machen", so Schmidt. So könne man sich nicht profilieren oder für die nächsten Ebenen empfehlen.
Eine Top-Karriere macht man nur im großen Konzern
Falsch! Entscheidend für die Karriere sei nicht, bei welchem Unternehmen man arbeite, sondern welche Aufgaben und Entfaltungsmöglichkeiten man habe, sagt Personalberater Schmidt. "Gerade in weniger etablierten Unternehmen gibt es oftmals spannendere und weniger standardisierte Aufgaben als in Großkonzernen", so Schmidt.
Ohne Doktortitel geht es nicht
"Die Frage, ob man promovieren soll oder nicht, hängt von der angestrebten Karriere ab", sagt Schmidt. Denn die Promotion koste immer auch Zeit – in der Diplomanden ein vergleichsweise geringes Gehalt beziehen. "Nicht alle jungen Berater, Anwälte und Wirtschaftsprüfer wollen in einem Unternehmen zum Partner aufsteigen oder erreichen dieses Ziel."
Mit 50 ist man zu alt für die Karriere
Nein! In der Realität gibt es diese Altersschranke oft gar nicht, glaubt Headhunter Marcus Schmidt: "Manche Mandanten suchen sogar explizit Führungskräfte ab 50, weil sie viel Wert auf Erfahrung legen und nicht wollen, dass der Neue gleich wieder weiterzieht." Seine Erfahrungen hat Schmidt in dem Buch "Die 40 größten Karrieremythen" niedergeschrieben. Wir haben die spannendsten Zitate ausgewählt.