Marktbeobachter kritisieren CPU-Hersteller

30.09.1999

MÜNCHEN: Wer in der PC-Branche erfolgreich sein will, muß die Anforderungen des Markts erfüllen. Experten werfen sowohl Intel als auch AMD vollkommen falsche Produktstrategien vor.Die Marktforscher von Inquest glauben, daß sich das PC-Wachstum allmählich verlangsamt. "1999 wird die Wachstumsrate insgesamt bei 10,6 Prozent liegen", prophezeit Bert Mc-Comas, Chefanalyst bei Inquest. Im Jahr 2000 erwartet McComas ein Wachstum von 13,3 Prozent. "Im Value-Segment werden die PC-Hersteller die größten Stückzahlen absetzen können", erklärt der Analyst. Der Desktop-PC-Bereich beziffert sich laut Inquest weltweit auf 104 Millionen Stück.

"Das Internet ist weiterhin einer der Hauptgründe für das Wachstum des Value-PC-Marktes", sagt McComas. "Der High-End-PC verliert dagegen immer mehr an Bedeutung." Die Unterscheidungsmerkmale zu Value-Rechnern werden immer geringer. Der Anwender ist nicht länger bereit, für ein paar Megahertz oder Gigabyte mehr viel Geld zu bezahlen. Im gewerblichen Umfeld geht der Trend in Richtung Mobilität. "Notebooks wachsen stärker als Desktops", glaubt McComas. Inquest rechnet mit einem jährlichen Wachstum von 25 Prozent. Kommendes Jahr sollen weltweit rund 32 Millionen Mobil-PCs abgesetzt werden.

Der Lebenszyklus des PCs wird immer kürzer

Mit dem Preisverfall sinkt der Lebenszyklus eines PCs rapide. Eine treibende Kraft ist der Prozessormarkt. "Die Preise des Athlon und des Pentium III werden weiter fallen", weiß McComas. "Das wird insgesamt den Celeron noch weiter unter Druck setzen. Hinzu kommt der Einstieg von Via in das CPU-Business."

In Deutschland hat sich der Celeron zwar bei den OEMs etabliert, doch der Anwender mag nicht so recht akzeptieren. In keinem anderen Land hat der Pentium III so schnell Fuß gefaßt wie hierzulande. "Der Übergang von Pentium II zu Pentium III hat nicht lange gedauert", erklärt Intel-Pressesprecher Heiner Genzken. "Innerhalb von nur zwei Wochen hatten PIII-Systeme das Preisniveau von PII-Rechnern erreicht."

"Mit dem Camino-Chipsatz trifft Intel nicht die Bedürfnisse des Markts", erklärt McComas. "Der 440BX-Chipsatz wurde 1998 eingeführt und ist mittlerweile der meist verkaufte Chipsatz überhaupt. Intel will den BX nun allerdings durch zwei Nischenmärkte ersetzen." Und weiter: "Intel setzt auf Rambus, doch RDRAMs existieren bisher nicht als fertiges Produkt. PC100 trifft nicht mehr die Markterwartungen", klagt McComas. Daher soll der Camino nur langsam anlaufen. Großkunden werden laut Inquest aufgrund der Jahr-2000-Umstellung erst nach dem Jahrtausendwechsel mit der Qualifizierung beginnen. PCs, die sich in großen Stückzahlen verkaufen sollen, müssen einen Front-Side-Bus mit 133 MHz sowie PC133-SDRAMs unterstützen. Die Integration von AGP 4x beginnt im vierten Quartal und wird im ersten Quartal 2000 zum Standard gehören. Ultra-ATA/66 ist bereits heute ein Muß. "Wer nicht alle Features in seinen PC-Modellen implementiert hat, wird Marktanteile verlieren", prophezeit McComas. "Darüber hinaus wird sich auch der ISA-Bus noch mindestens zwölf Monate weiter halten. Die Hersteller wollen ISA zwar aus dem PC verbannen, der Anwender findet den Bus aber immer noch nützlich."

AMDS Athlon kam zu früh auf den Markt

Marktbeobachter raten AMD, schnell eine Mainstream-Lösung auf Athlon-Basis anzubieten und nicht an der Hochpreispolitik festzuhalten. Die Chancen, Intel Anteile abzuringen, waren nie besser. Motherboards mit BX-Chipsatz sind schlecht verfügbar. Der i820 ist keine Mainstream-Alternative. Und erst mit dem Coppermine wird Intel Ende Oktober wieder Performance-Akzente setzen. Aber: "AMD hat es versaut", klagt ein Insider. Der Chip steht allein auf weiter Flur, von Motherboards und Zubehör ist nichts zu sehen. Kein Wunder, daß sich Intel daher gelassen gibt. "Der Athlon ist sicher ein schneller Prozessor. Unsere Erfahrung zeigt, daß ein Produkt mit der Ankündigung auch verfügbar sein muß. Die Motherboard-Hersteller würden liebend gerne Platinen fertigen. Doch ohne den passenden Chipsatz geht das nicht. Es hat gerade mal für ein paar Muster gereicht, mit denen AMD die Presse verrückt macht", erklärt ein Intel-Mitarbeiter.

Ob AMD auf die Unterstützung von Via zählen kann, muß sich zeigen, denn mit dem Einstieg der Taiwaner ins CPU-Geschäft sind die beiden Unternehmen nun auch Konkurrenten. Der Athlon-Chipsatz wird zwar im vierten Quartal kommen, Insider glauben aber, daß Via mehr daran gelegen ist, mit dem Apollo Pro 133A Intels BX zu ersetzen. (kfr)

"Intel ersetzt den BX durch zwei Nischentechnologien",

ist Inquest-Analyst Bert McComas (rechts) überzeugt.

Hersteller, Fachhandel und Distributoren trafen sich auf der von Via initiierten Veranstaltung "PC2000-Platform Solutions", um über Zukunftstrends der PC-Branche zu diskutieren.