Merck wetteifert mit Konica Minolta um OLED-Lampenmarkt

06.07.2006
Merck aus Darmstadt und Konica Minolta wollen jeweils die ersten sein, die organische Leuchtdioden (OLEDs) für Lampen marktreif machen. Wie OLEDs funktionieren erfahren Sie hier auch.

Der deutsche Chemiekonzern Merck, Weltmarktführer bei Flüssigkristallen für LCD-Bildschirme, liefert sich mit dem früheren Kamerahersteller Konica Minolta ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die Markteinführung von OLED-Lampen.

Organische Leuchtdioden, kurz OLEDs, werden bisher fast nur als kleine Displays für Handys und Digitalkameras eingesetzt, könnten aufgrund ihres geringen Stromverbrauchs aber auch die Neonröhre ersetzen. Treibender Motor der Entwicklung war Anfang der 80er Jahre Kodak. Aber mittlerweile preschen andere Unternehmen vorbei.

Wie Konica Minolta Ende Juni 2006 ankündigte, wolle das japanische Unternehmen Anfang 2007 bereits die erste hell wie eine Leuchtstoffröhre strahlende OLED-Lampe auf den Markt bringen.

Wenige Tage später gab Edgar Böhm, Direktor der Division für Flüssigkristalle und OLEDs bei Merck der "Financial Times Deutschland" (FTD) in Japan bekannt, dass das deutsche Unternehmen den Japanern zuvorkommen wolle. "Wir planen intern, Ende des Jahres (2006) kommerzielle Produkte zu verkaufen", wird er von dem Wirtschaftsblatt zitiert. Anders als bisher bei Flüssigkristallen wolle Merck auch nicht nur den Leuchtstoff, sondern auch OLED-Bauteile anbieten.

Eine Nachfrage bei der Darmstätter Merck-Zentrale ergab aber, dass der ehrgeizige Zeitplan kaum einzuhalten sei. Anfang 2007 wolle man zunächst mit einer Pilotserie von Bauteilen starten. Materialien habe Merck schon seit Jahren geliefert, erklärte ein Firmensprecher.

2005 machte Merck etwa 12,6 Prozent seines Umsatzes mit Flüssigkristallen für LC-Displays. Schon seit langem werden selbst leuchtende OLEDs wegen ihrer brillanteren Bilder und ihres geringen Stromverbrauchs als LCD-Nachfolger gehandelt.

Hohe Produktionskosten und die geringe Haltbarkeit verhinderten jedoch bisher den Siegeszug von OLEDs. Hauptproblem bei der Produktion und bei der Haltbarkeit ist, dass das zum Leuchten angeregte Polymer absolut hermetisch abgeschlossen sein muss. Bei OLEDs mit flexiblen Kunstoffsubstraten, die in letzter Zeit von sich reden machen, dürfte das noch schwieriger sein. Merck glaubt aber an die Zukunft der Technologie und will sich rechtzeitig darauf vorbereiten.

Auch Handy-Hersteller wie Nokia, Samsung und Sony investieren in die Display-Technologie. Riesen-OLED-Displays haben Epson und Samsung vorgestellt, doch sie sind noch zu teuer, um mit LCD oder Plasma konkurrieren zu können.

Junji Kido von der Yamagata-Universität im japanischen Yonezawa, einer der weltweit führenden OLED-Forscher, glaubt an einen baldigen Durchbruch in den nächsten ein, zwei Jahren.

Wenn die bisherigen Probleme gelöst seien, werde auch der Einsatz in Lampen interessant, meint Kido. OLEDs sind prinzipiell energieeffizienter als Neonröhren und verbrauchen bis zu 75 Prozent weniger Strom. Außerdem lassen sie sich wie gesagt auch als flexible Folien herstellen. Somit ließen sich völlig neue Lampendesigns realisieren. Auch die Bekleidungsindustrie giert auf flexible OLED-Displays.

Laut Schätzung der japanischen Industrievereinigung sollen OLEDs im Jahr 2020 rund 60 Prozent der in Japan verkauften Lampen erleuchten.

Der japanische OLED-Experte Kido macht sich aber auch Sorgen, dass Japan seine Führungsrolle, wie bei LCDs geschehen, verlieren könnte, zum Beispiel an Merck, auch wenn die meisten Patente noch in Japan sind. Ähnliche Sorgen sind auch den Deutschen weitreichend bekannt. Als LC-Marktführer ist Merck allerdings ein Vorzeigeunternehmen, das es verstanden hat, eine Technologie in Deutschland zu halten.

Die Bundesregierung hat ein starkes Interesse an OLED und hat neben einer Anfang 2005 gebildeten OLED-Initiative bereits zugesagt, die Erforschung der Technologie bis 2010 mit ingesamt 100 Millionen Euro zu fördern.

Wie funktioniert OLED?

Der Aufbau von OLEDs ist im Prinzip relativ einfach. Die Funktionsweise beruht auf Injektionselektroluminiszenz ähnlich wie die der anorganischen LED-Technologie. Zwischen der negativen Kathode und einer transparenten positiven Anode befindet sich eine hauchdünne Schicht farbiger Polymere (Organic Emitters, auch Emitter- oder Rekombinationsschicht genannt), welche zum Leuchten angeregt werden können. Um das Polymer sind weitere Schichten.

In die Elektronen-Transport- oder Injektionsschicht wird die negative Ladung injiziert. Auf der Anodenseite fehlen Elektronen, weshalb man hier von Loch-, Löcher- oder Defektelektronenstrom spricht, der durch eine Injektions- und eine Transportschicht vom Polymer getrennt ist. Legt man Spannung an den beiden Elektroden an, werden die negativen (Elektronen) und positiven Ladungen (Löcher) in die organische Schicht injiziert, und es bildet sich ein so genanntes gebundenes Exziton (Elektron-Loch-Paar), das strahlend zerfällt und dabei die Farbstoffmoleküle zum Leuchten anregt. Man spricht hier auch von Rekombination, der Vereinigung von positiven und negativen Ladungsträgern.

Da das Polymer unter dem Einfluss von Sauerstoff und Wasser zerfällt, muss das Ganze hermetisch abgeschlossen sein. Zurzeit liegt die Halbwertszeit (halbe Helligkeit) je nach Helligkeit und Farbe (am anfälligsten ist Blau) bei 8.000 bis 20.000 Stunden. In der Regel befindet sich das Ganze auf einem Glassubstrat, ähnlich wie bei LCDs, aber um flexible Displays zu bauen, kann das Substrat auch aus Kunststoff bestehen.

Große OLED-Displays wie Samsung sie bei einem 40-Zoll-Fernseher Anfang 2006 als Prototypen gezeigt hat, sind bisher noch nich zu konkurrenzfähigen Preisen realisierbar. Abgesehen davon reicht für kleine Handy-Displays etwa eine Passivmatrix (STN, DSTN) aus, bei der die einzelnen Zellen zeilenweise angesteuert werden. Bei großen Displays ist man mittlerweile zur Aktivmatrix übergegangen, bei der für jede der drei Farben eines Pixels jeweils ein elektronischer Schalter (Transistor) benötigt wird. (kh)