Weltpartnerkonferenz 2008

Microsoft nennt Preise für seine Online-Dienste

08.07.2008
Auf der laufenden Weltpartnerkonferenz in Houston wird der Software-Gigant ungewöhnlich konkret.

Auf der weltweiten Partnerkonferenz, die noch bis zum Donnerstag in Houston, Texas, läuft, hat Microsoft konkrete Infos zu seinen neuen Online-Diensten "Microsoft Online Services" bekannt gegeben. Ausserdem wurden bereits am Montag Gerüchte zu einer spektakulären Umstellung im Partnerprogramm laut.

Bereits zur CeBIT 2008 hatten die Redmonder neue Online-Services rund um die hauseigenen Server-Produkte Exchange, SharePoint und Communication Server angekündigt. Im Gegensatz zu den "Live"-Diensten, mit denen Microsoft Privatanwendern und kleineren Unternehmen Online-Unterstützung ohne Fachhandeleinbindung anbietet, wendet sich der Hersteller mit diesen Online-Services ausschließlich an seine Partner, die damit wiederum mittelständische Unternehmen bedienen sollen.

Bei den Diensten handelt sich um Einzel-Angebote und Produktbündel zu den genannten Serverprodukten, um Kunden in Sachen Kollaboration und Raum-ungebundenes Arbeiten zu unterstützen. Wie Robert Helgerth, Direktor Mittelstand & Partner und Mitglied der deutschen Geschäftsleitung, vor Ort erklärte, werde Microsoft selbst (von einem neuen Rechenzentrum in Irland aus) hosten. Die Partner sollen für die Vermittlung eine Provision von 18 Prozent des Verkaufsvolumens und Folgeeinnahmen von sechs Prozent in den kommenden Jahren erhalten und an zusätzlichen Leistungen wie Beratung, Implementierung und Migration verdienen.

Die Namen der gebündelten Dienste lauten "Microsoft Online Deskless Suite" und "Microsoft Online Business Productivity Suite", wobei erst genannte das deutlich kleinere Paket ist. Mit den Diensten können Firmen E-Mailing, Kalenderfunktionen, Kontakte, gemeinsam genutzte Arbeitsbereiche sowie Web- und Videokonferenzen über das Internet nutzen, ohne sich eine Serverachitektur im eigenen Haus einrichten zu müssen. Beiden Online-Suiten sind ab sofort in Nordamerika verfügbar; In Deutschland soll die Markteinführung in der ersten Jahreshälfte 2009 erfolgen. Die Mindestmietzeit beträgt ein Jahr. Wie Microsoft deutlich machte, sind bei den Diensten keine entsprechenden Anwendungen auf der Clientsseite enthalten - das Kundenunternehmen muss also für einen Zugriff die Software auf seinen Clients installiert haben, um die Services vollständig nutzen zu können. Unterstützt wird die aktuelle Softwaregeneration und der 2003-Vorgänger.

"Der Erfolg der Microsoft Online Services hängt also entscheidend an unseren Partnern." Robert Helgerth, Direktor Mittelstand & Partner und Mitglied der deutschen Geschäftsleitung.
Foto: Ronald Wiltscheck

Das kleinere der beiden Pakete, die Online Deskless Suite, besteht aus den beiden neuen Tools "Exchange Online Deskless" und "SharePoint Online Deskless". Exchange Online Deskless bietet unter anderem Zugriff auf E-Mail- und Kalender-Funktionen sowie einen Anti-Virus- und Anti-Spam-Filter und eine vollständige Integration in Microsofts Outlook. Der zweite enthaltene Dienst "SharePoint Online Deskless" soll, sofern vorhanden, Zugriff auf das SharePoint-Portal des Unternehmens ermöglichen. Das Gesamtpaket ist in den USA ab sofort für drei US-Dollar pro Monat und Nutzer erhältlich. Für Deutschland werde es ein ähnliches Pricing (zum entprechenden Umrechungskurs) geben, wie Helgerth erläuterte.

Das größere Bündel "Online Business Productivity Suite" enthält Microsoft Exchange Online, SharePoint Online, Communications Online sowie Office LiveMeeting und kostet 15 US-Dollar pro Monat und Nutzer. Microsoft Exchange Online ist ein Messaging-Dienst auf Basis des Microsoft Exchange Server 2007. Microsoft Office SharePoint Online soll eine virtuelle Umgebung für die unternehmensweite Zusammenarbeit bereitstellen.

Helgerth sieht in den Diensten großes Potential für die eigene Vertriebslandschaft: "Unsere Partner werden an den neuen Diensten auf mehreren Ebenen partizipieren. Denn neben dem Absatz von Online-Lizenzen können sie nun vor allem Kunden erreichen, die bislang nicht in Collaboration- oder Messaging-Anwendungen investierten. Der Erfolg der Microsoft Online Services hängt also entscheidend an unseren Partnern, die Anwendungen verkaufen, kundenindividuell einrichten, Beratungsleistungen liefern, sich um die Datenmigration kümmern und Managed-Services für ihre Kunden erbringen."

Seinen Ausführungen nach schätze Microsoft, dass 70 Prozent aller künftigen Nutzer der Dienste Neukunden sein werden - also solche, die bislang auf den Einsatz des Exchange-, SharePoint- und Collaboration-Servers wegen der Anschaffungskosten für die Systeme und ihre Hardware verzichteten.

Wolfgang Brehm, der das deutsche Partnergeschäft von Microsoft verantwortet, betonte, dass für den Vertrieb der Dienste Online-Schulungen nötig sind: Diese seien aber in der Regel nicht aufwendiger als einen halben Tag. Der Manager nannte Partnerunternehmen vor, die sich bereits sich für den Vertrieb der Services autorisierten: namentlich Accenture/Avanade, Ascentium, Atos Origin, BT, Orange, Point Bridge Susquehanna, ThoughtBridge und Unisys.

Insgesamt hat Microsoft derzeit rund 7.500 Partner in Houston versammelt. Die deutsche Fraktion beläuft sich auf rund 340 Personen - das sind etwa zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

Erwartet werden auch Ankündigungen zu strategischen Änderungen im Partnerprogramm: Wie Partner-Chef Brehm ankündigte, möchte Microsoft bei der Partnerklassifizierung künftig erstmals auf Kundenzufriedenheit und spezielle Lösungsbereiche eingehen - und somit sogar an den Bezeichnungen "Certified" und "Gold Certified Partnern" rütteln. ChannelPartner ist für Sie live vor Ort und wird berichten.

Einen Nachtrag für die ERP-interessierte Fachhandelswelt: Mit dem Autoteileunternehmen A.T.U. ("Auto-Teile-Unger") präsentierte Microsoft in Houston auch einen neuen Großkunden für Microsofts Dynamics AX 2009. Das gehobene mittelständische Unternehmen, das in 640 Filialen europaweit rund 13.000 Mitarbeiter beschäftigt, habe sich für Microsofts ERP-System entschieden. Die Redmonder setzten sich bei dem Produkt nach eigenen Angaben gegen "die üblichen großen Wettbewerber" durch. Abgelöst wurden hauseigene Lösungen sowie Linux-Server. Aussschlaggebend sei die Leistungsfähigkeit des Produkts gewesen: Tests hätten ergeben, dass an den 6.500 Arbeitsplätzen (hauptsächlich den Kassensystemen) mit Microsofts Software die schnellste Datenverarbeitung erzielt werden könne. Der Vertrag gilt bis 2010 und wird vom Microsoft Gold Certified Partner HSO Deutschland umgesetzt. Laut Robert Helgerth ist der Deal das bislang größte Dynamix-Projekt in Europa. (aro)