Nicht nur auf die Außendienstler verlassen

Mit dem Innendienst zu mehr Kundenzufriedenheit

21.12.2011
Wie Sie die positive Wirkung Ihrer Innendienstmitarbeiter verstärken können, sagt Joachim Wunderlich.

Der telefonische Kundenkontakt ist ein Schlüsselfaktor für den Unternehmenserfolg. Bis zu 50 Prozent aller Geschäftskontakte erfolgen heute noch nach wie vor über das Telefon.

Aber auch durch die heutigen wirtschaftlichen Zwänge muss sich der Vertrieb mit der effektiven Neuausrichtung des Außen- und Innendienstes beschäftigen. Vor allem die Reduktion der Prozesskosten, die Verknappung des Faktors Zeit und Geld und die Erhöhung des Faktors Komplexität zwingen förmlich zu einer stärkeren Einbindung des Innendienstes in den Vertrieb.

So sollten Sie beispielsweise das gute Vertrauensverhältnis Ihrer Innendienstmitarbeiter zu Ihren Kunden für das erfolgreiche Cross-Selling von Zusatzleistungen nutzen. Ihre Innendienstmitarbeiter genießen beim Kunden durch ihre breiten Produkt- und Kundenkenntnisse, sowie durch ihren steten Einsatz für den Kunden, einen Berater- und Helferstatus. Dadurch folgen Ihre Kunden den Empfehlungen Ihrer Innendienst-Mitarbeiter gerne.

Dass dieser Paradigmenwechsel im Innendienst nicht so einfach auf dem Rücken der Mitarbeiter vollzogen werden kann, zeigen die vielen gescheiterten Fusionen bzw. Zusatzverkaufszusammenschlüsse in den unterschiedlichsten Branchen. So versuchte beispielsweise die Allianz über Jahre hinweg, ihre blauen Produkte (Finanzdienstleistungen) über die Berater der Dresdner Bank zu verkaufen (grüne Schiene) und scheiterte kläglich.

Mögliche Vertriebsaufgaben für den Innendienstvertrieb

Es sind jedoch nicht nur die Zusatzverkäufe bei eingehenden Telefonaten, die eine Vertriebs-Innendienstausrichtung interessant machen. Auch das systematische Interessenmanagement, die zielgerichtete Rückgewinnung verlorener Kunden, die individuelle Betreuung der Mitglieder eines Buying Centers (Einkaufsteam bei Konzernen, z.B. Einkäufer, Techniker, IT) und vor allem die Betreuung von C- und D-Kunden, bei denen sich ein Außendiensteinsatz nicht rechnet, sind bestens geeignet für den Vertriebsinnendienst.

Den Paradigmenwechsel erfolgreich angehen und die Mitarbeiter mit einbeziehen

Der erfolgreiche Innendienst ist kein Erkenntnisproblem sondern ein Umsetzungsproblem. Verhaltensänderung braucht Unterstützung, vor allem bei Innendienst-Mitarbeitern, die oftmals jahrelang nicht bei Weiterbildungsmaßnahmen berücksichtigt und etwas stiefmütterlich im Vergleich zu den "Helden" vom Vertrieb behandelt wurden.

Trennen Sie sich jedoch auch von dem Gedanken, dass Sie alle Mitarbeiter in die neue Welt mitnehmen können. Sie sollten Ihren Mitarbeitern allerdings für eine erfolgreiche Umsetzung einen Prozess in kleinen Schritten anbieten, den sie sich zutrauen und der Sie zu Ihrem langfristigen Ziel führt. Denn neu eingestellte Mitarbeiter sind sicher nicht immer der effektivste und effizienteste Weg zum Erfolg.

Nachfolgend sind die entscheidenden Schritte für eine erfolgreiche Mitarbeiter-Integration aufgelistet.

- Geben Sie dem Team eine Auftauphase (Einzelarbeit und Plenumsarbeit der Mitarbeiter zur Ist-Situation und Zukunfts-Situation) und erarbeiten Sie ein gemeinsames Veränderungskonzept.

- Erörtern Sie, wer der Gewinner und wer der Verlierer der bisherigen Situation ist.

- Finden Sie heraus, wer die Neuausrichtung aktiv mitgestaltet, und wer aus welchen Gründen blockiert.

Verhaltensänderungen benötigen Unterstützung, deshalb sollten Sie nicht auf die unterstützende Einbindung Ihrer Mitarbeiter verzichten. Nur so erreichen Sie eine langfristige Akzeptanz und Verbindlichkeit im späteren Umsetzungsprozess.

Für eine zielgerichtete Prozessbegleitung sollten Sie nicht auf folgende Meilensteine in Ihrem Umsetzungsprozess verzichten:

Pilotkampagne initiieren

Zeitraum von ein bis drei Monaten mit einer kleinen Mitarbeitergruppe. Mischen Sie die Gruppe der Agenten mit verkaufsstarken, teilstarken und schwächeren Mitarbeitern, damit Sie realistische Werte für die Umsetzung erhalten

Ziele festlegen

Legen Sie im Vorfeld verbindlich fest, ob die Priorität auf der Anrufannahme oder den Cross-Selling-Angeboten liegt, denn bei qualifizierten Cross-Selling-Gesprächen werden Ihre Mitarbeiter maximal fünf bis sieben Gespräche führen. Decken Sie damit Ihr tägliches Telefonaufkommen noch in der bisherigen Qualität und Erreichbarkeit ab? Gibt es saisonale Prioritäten, die berücksichtigt werden sollten (Servicevertrags-Rechnungsstellung).

Mitarbeiter qualifizieren und fördern

Es tauchen interessanterweise immer wieder die gleichen Stolpersteine unabhängig von Produkten auf, wie Defizite in den Gesprächstechniken und der eigenen Einstellung. Beginnen Sie mit der Qualifizierung bei den Führungskräften, denn diese sollen als Vorbildfunktion für den Umsetzungserfolg dienen. Qualifizieren Sie die Mitarbeiter aufbauend auf dem vorhandenen Wissen off-the-job und vertiefen Sie diese besprochenen Verhaltensweisen anhand begleitender Gespräche on-the-job. Dadurch machen Sie Ihren Mitarbeitern ihre Stärken ganz gezielt an realen Situationen bewusst: So können Sie Potenziale entwickeln und neue Verhaltensweisen verinnerlichen.

Zeigen Sie dabei als Führungskraft viel Geduld, denn wer jahrelang nur als nötiges Beiwerk des Vertriebs geschätzt und nicht gefördert wurde, muss erst einmal rational und emotional überzeugt werden.

Innendienstleiter - Ihre ausführende Hand

Um die Qualifizierung Ihrer Mitarbeiter schnell und bedarfsgerecht umzusetzen, ist es sehr sinnvoll, wenn Sie durch einen Innendienstleiter unterstützt werden, der das Team tagtäglich betreut und auch räumlich für Ihre Mitarbeiter schnell greifbar ist. Er sollte Aufgaben übernehmen, wie die Quotenüberwachung, die Koordination/Leitung des Pilotprojektes und die Kontaktpflege zur IT-Abteilung.

Controlling der erreichten Ziele

Definieren Sie zu Beginn die Ziele und die einzelnen Parameter möglichst genau, denn die Einführung eines systematischen Innendienst-Vetriebs bedeutet auch eine hohe Investition für das Unternehmen. Ein nachvollziehbares Controlling macht transparent, ab wann sich diese Investition lohnen wird.

Zu Beginn der Implementierung sollten Sie tägliche und wöchentliche Auswertungen fahren, um schnell und zielgerichtet auf Veränderungen einwirken zu können. Die erstellten Reportingberichte innerhalb des Controllings sollten folgende Kennziffern enthalten:

- Verkäufe

- Ansprache/Angebote

- Versand von Informationsmaterial

- Ablehnungen

- Durchschnittliche Kontakte

- Detaillierte Ablehnungsgründe

- Stornierungen

- Durchschnittliche Gesprächszeit

- Zeitpunkt des Coachings/Trainings

Wichtig: Oft werden die durchgeführten Trainingsmaßnahmen nicht in das Reporting integriert. Nehmen Sie diese Chance wahr, denn dadurch haben Sie die Möglichkeit, die entstandenen Kosten der eingeleiteten Maßnahme direkt mit den erhaltenen Ergebnissen in der Kundenbetreuung zu vergleichen (ROI-Wert) bzw. messbar zu machen.

Mitarbeiter - Pflicht oder Option?

Der Zusatzverkauf sollte in größeren Einheiten und bei leicht verständlichen Produkten zur Pflicht gemacht werden, denn wenn die Mitarbeiter hier keine Handlungsaufforderung erhalten, wird Ihnen das Projekt nach der Pilotphase untergehen. Je höher der Verantwortungsbereich des jeweiligen Innendienst-Mitarbeiters ist, desto sinnvoller ist es, den Zusatzverkauf als Option zu sehen.

Ca. 60 Prozent aller eingehenden Gespräche sind Verkaufsgespräche bei denen 20 bis 30 Prozent Zusatzverkäufe getätigt werden können.

Entscheidend ist dabei nicht, dass Ihre Mitarbeiter bei jedem Gespräch Erfolg haben, sondern dass Sie den Gesprächspartner aktiv auf die zusätzlichen Produkt- und Leistungs-Möglichkeiten aufmerksam machen und die Leistung auf den Kundeneinsatz abstimmen.

Motivation der Mitarbeiter für die Umsetzung - Lustgewinn und Schmerzvermeidung

Entscheidend für die dauerhafte Umsetzung ist, ob Sie es verstehen, die Mitarbeiter für den Veränderungsprozess zu gewinnen. Vielerorts werden vor allem Lustgewinn-Motivationsanreize generiert. Dabei reicht die Spannweite von Anreizen, die von der positiven, neuen, schönen Welt sprechen bis zu Prämien und Provisionen, die jedoch nicht langfristig motivieren. Denn alles, was heute attraktiv und beeindruckend neu ist, ist morgen oder nach spätestens ein bis zwei Jahren selbstverständlich.

Setzen Sie sich nicht dem Druck aus, Ihren Mitarbeitern immer neue lohnenswerte Anreize zu bieten. Setzen Sie lieber auch auf die Schmerzvermeidungs-Motivation, denn diese ist langfristig tragfähig und muss nicht immer neu nach oben korrigiert werden. Gerade Innendienst-Mitarbeitern, die jahrelang unter den glühenden Versprechen der Außendienst-Mitarbeiter an die Kunden zu leiden hatten, bietet sich durch die Neuorganisation eines aktiven Innendienstes die Möglichkeit, als gleichberechtigter Partner zum Außendienst aufzutreten. Damit ist es Innen- und Außendienst-Mitarbeitern möglich, gemeinsame Kunden auf gleicher Augenhöhe bedarfsgerecht, sympathisch und überzeugend zu betreuen.

Nutzen Sie die Möglichkeit, die sich Ihnen durch die angespannte wirtschaftliche Lage bietet und richten Sie Ihren Innendienst vertriebsorientiert aus. Steigern Sie Ihren Umsatz, durch die professionelle Betreuung ihrer bestehenden Kunden. Denn gerade hier verbergen sich noch erhebliche Umsatzpotenziale, die Sie nutzen sollten. (oe)

Der Autor Joachim Wunderlich ist Leiter Vertrieb beim Spezialisten für Führungskommunikation Parla, Heidelberg.

Kontakt:

Tel.: 06221 585840, E-Mail: jwunderlich@parla.de, Internet: www.parla.de