Wichtig fürs Projektmanagement

Mit Papier und Bleistift Ideen verkaufen

09.05.2012
Wie Sie Bilder im Kopf Ihrer Gesprächspartner erzeugen können, beschreibt Christian Herlan.
Wer Bilder im Kopf seines Kunden erzeugt, kommt schneller zum Verkaufsabschluss.

"Wie könnte das Projekt ablaufen?" "Welche Vorzüge bietet uns das Realisieren ihrer Vorschläge?" Solche Fragen werden nicht nur IT-Experten oft gestellt, wenn sie (in- oder externen) Kunden Lösungsvorschläge präsentieren. Dann ist es meist hilfreich, Papier und Bleistift parat zu haben, um den Gesprächspartnern das geplante Vorgehen und dessen Vorzüge zu erläutern.

Personen, den Nutzen eines Sofas, zu erläutern, ist einfach. Denn jeder weiß, wozu ein Sofa dient: zum darauf sitzen und häufig auch, um darauf ein Nickerchen zu machen. Auch Personen die Vorzüge eines bestimmten Sofas vor Augen zu führen, ist leicht. Der Verkäufer muss die potenziellen Kunden nur einmal Probe sitzen lassen. Und schon wissen diese: Sitzt man auf dem Sofa bequem? Fühlt sich der Bezug angenehm an? Ähnlich ist es bei den meisten Gebrauchsgegenständen wie Kochtöpfen und Kaffeetassen. Eine Person muss sie nur in die Hand zu nehmen. Und schon hat sie die wesentlichen Produkt- und Qualitätsmerkmale erfasst.

Anders ist dies bei vielen IT-Lösungen und -Dienstleistungen. Ihren Nutzen können Nicht-ITler häufig nur schwer erfassen und begreifen. Deshalb sagen sie am Ende von Beratungsgesprächen sowie Projektmeetings oft "Ich lasse mir die Sache noch mal durch den Kopf gehen", bevor sie sich verabschieden. Das heißt: Die (Kauf-)Entscheidung wird auf die lange Bank geschoben und häufig sogar auf den Sankt-Nimmerleinstag vertragt.

Fragen, Fragen und noch mehr Fragen

Dass Personen und Organisationen bei ihrer Entscheidung für bestimmte IT-Lösungen oft lange zögern, hat auch folgenden Grund: Die Entscheidung hat für sie häufig weitreichende Konsequenzen, die sie nur schwer überschauen können. So zum Beispiel bei der Entscheidung für ein neues CRM-System. Wenn eine solche Entscheidung ansteht, können die Entscheider in den Unternehmen, die meist keine ITler sind, oft nicht überblicken: Welcher Installationsaufwand ist damit verbunden? Welche Auswirkungen hat das neue System auf unsere Abläufe? Welche Schnittstellungen zu unserer ERP-Software müssen wir hierfür programmieren? Welcher Schulungsbedarf resultiert hieraus für unsere Mitarbeiter? Das einzige, was sie sozusagen wissen: Unsere Entscheidung hat weitrechende Konsequenzen. Entsprechend zögerlich sind sie mit ihren Entscheidungen, sofern es den IT-Experten nicht gelingt, ihnen den Nutzen der vorgeschlagenen und -gestellten Lösung sehr plastisch zu illustrieren und zwar in der Sprache des (firmeninternen) Kunden.

Genau dies fällt vielen ITlern im Betriebsalltag schwer. Sie überschütten in Besprechungen und Projektmeetings ihre Gesprächspartner vielfach zwar mit technischen Fachinformationen. Sie führen ihnen aber nur selten die Vorzüge der von ihnen vorgeschlagenen Lösung bildhaft vor Augen. Hierfür ein Beispiel: Angenommen die Geschäftsführung eines Unternehmens steht vor der Entscheidung: Sollen wir unseren bisherigen Server austauschen? Und: Die Entscheider, die keine IT-Experten sind, sind hierüber unterschiedlicher Meinung - auch weil diese Investition die Liquidität des Unternehmens schmälern würde. Dann ist meist zielführend, wenn der Leiter der IT-Abteilung zum Beispiel sagt: "Mit einem Server ist wie mit einem Auto. Die ersten Jahre vier, fünf Jahre nach seiner Anschaffung läuft es in der Regel störungsfrei. Doch dann treten immer häufiger Fehler auf und das Auto muss immer häufiger in die Werkstatt. Das heißt, die Wartungs- und Reparaturkosten steigen und ebenso das Risiko, dass man irgendwann mit dem Auto auf der Autobahn liegen bleibt. Deshalb plädiere ich für einen neuen Server, weil wir so das Risiko vermeiden …"

Bilder im Kopf der Gesprächspartner erzeugen

Viele IT-ler können solche Bilder in den Köpfen ihrer (firmeninternen) Kunden nicht entwerfen. Ihnen gelingt es nicht, die Vorzüge ihrer Lösung für ihre Gesprächspartner griffig zu machen. Hierbei müssten ihnen zum Beispiel ihre Führungskräfte Hilfestellung geben. Sie sollten ihren Mitarbeitern Bilder an die Hand geben, die sie bei Bedarf verwenden können. Oder noch besser: Sie sollte diese dazu inspirieren, eigene Bilder zu entwerfen. Denn was ihre Mitarbeiter selbst entwickelt haben, das ist auch besser in ihrem Kopf verankert. Und umso überzeugender können sie die Bilder bei Bedarf ein-setzen. Haben sie dann noch irgendwelche Präsentions- und Verkaufshilfen wie Musterrechnungen, Grafiken und Schautafeln parat, um ihre Bilder zu untermauern, können sie ihre Gesprächspartner auch leichter zur Entscheidung führen - zumindest dann, wenn sie die erforderlichen Methoden beherrschen, um die gewünschten Bilder im Kopf ihrer Gesprächspartner entstehen zu lassen und zu verankern.

Methode 1: Pencil-Selling

Eine solche Methode ist das so genannte Pencil-Selling, das Verkaufen von Produkten, Problemlösungen und Ideen mit dem Bleistift. Bei ihm entwirft der Mitarbeiter vor den Augen seines oder seiner Gesprächspartner einen komplexen Gedankengang Schritt für Schritt auf einem Blatt Papier. Hierfür ein Beispiel. Angenommen erneut in einem Unternehmen steht die Entscheidung an: Kaufen wir einen neuen Server oder nicht? Dann ist es oft hilfreich, wenn zum Beispiel der Leiter IT vor den Augen seiner Gesprächspartner auf ein Blatt Papier auf dem Tisch oder am Flipchart die sogenannte Badewannenfunktion malt. Nicht nur, um seinen Gesprächspartner zu visualisieren, also bildhaft vor Augen zu führen, wie die Fehleranfälligkeit im Lauf der Jahre steigt, sondern auch um seine Aussagen zu emotionalisieren.

Der Vorteil des Pencil-Selling gegenüber dem Gebrauch einer vorgefertigten Grafik ist: Der ITler entwickelt die "Problemlösung" direkt vor den Augen seines Gesprächspartners. Also kann dieser deren Entstehung nachvollziehen und sofort einhaken, wenn er eine Frage oder Anmerkung hat. Außerdem hat er das Gefühl: Dieses Bild wird nur für mich entwickelt. Nimmt der Gesprächspartner die fertige Skizze mit nach Hause oder in sein Büro, hat er zudem das Empfinden, "etwas in der Hand zu haben". Aber auch fertige Präsentationsunterlagen können IT-ler mit dem Pencil-Selling für ihre Gesprächspartner individualisieren. Zum Beispiel, indem sie für diese besonders wichtige Informationen unterstreichen oder einkreisen. Dadurch wird aus dem universellen "Prospekt" ein individueller, der auf die Bedürfnisse des jeweiligen Gesprächspartners zugeschnitten ist.

Methode 2: Mind-Mapping

Mit dem Pencil-Selling lässt sich die Mind-Mapping-Methode verbinden. Mit ihr können selbst komplizierte Sachverhalte, wie zum Beispiel das Planen der Anschaffung und Implementierung eines neuen CRM-Systems in einer Organisation, so dargestellt werden, dass der Gesprächspartner den roten Faden nicht verliert. Statt 20 Seiten Kleingedrucktes erhält er nur ein Blatt Papier, auf dem er alle wichtigen Informationen findet. Dies geschieht über einprägsame Schlüsselwörter, die ausreichen, damit sich der Kunde später die zentralen Infos wieder ins Gedächtnis rufen kann. Diese werden nach einem bestimmten Muster angeordnet.

Der Ausgangspunkt eines Mind-Maps ist immer die Mitte eines Blattes. Hier wird das zentrale Schlüsselwort, zum Beispiel "Neues CRM-System", notiert. Durch das Platzieren in der Mitte ist es sofort als Kernthema zu erkennen. Ein kurzer Blick genügt und sofort weiß der Gesprächspartner: Alles dreht sich um unser neues CRM-System.

Ausgehend von diesem Mittelpunkt zeichnet der IT-ler dann verschiedene Äste als Abzweigung. So viele Äste, wie er Unterthemen darstellen möchte. An jedem Ast notiert er dann das entsprechende Schlüsselwort, das für das Unterthema steht. Beim Planen der Einführung eines neuen CRM-Systems können zum Beispiel die Begriffe "Anforderungen", "Investitionen" und "Stakeholder" an den Ästen stehen. Diese drei Hauptpunkte können dann mit weiteren Verästelungen zunehmend konkretisiert und ausdifferenziert werden. So entsteht allmählich eine Themenübersicht und -hierarchie, die von innen nach außen stets spezifischer wird. So erhält der Gesprächspartner nicht nur einen Überblick über die Themen, die es zum Beispiel bei seiner Investitionsentscheidung zu bedenken gilt, er sieht auch wie die Einzelthemen miteinander verwoben sind.

Ein weiterer Vorteil von Mind-Maps: Sie können jederzeit (fast) beliebig erweitert und ergänzt werden. So kann der IT-Experte oder -Dienstleister auf Wünsche und Einwände des Gesprächspartners eingehen, die sich erst im Gesprächsverlauf und beim Entwickeln des Mind-Maps ergeben. Und: Durch das Konzentrieren auf das Wesentliche reicht meist ein einziges Blatt Papier, um einen schwierigen Sachverhalt einprägsam und individuell darzustellen. Zudem kann ein Gedankengang in wesentlich kürzerer Zeit vermittelt werden. (oe)
Der Autor Christian Herlan ist einer der drei Geschäftsführer der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal.
Kontakt:
Tel. 07251 989034, E-Mail: christian.herlan@kraus-und-partner.de, Internet: www.kraus-und-partner.de