Agiles Projektmanagement für CRM

Mit Scrum zu einem besseren Kundenmanagement

29.06.2016 von Tobias Mirwald
Trotz der offenen Herangehensweise ist ein Projekt nach agilem Vorgehen wie der Scrum-Methode längst kein Selbstläufer, sondern harte Projektarbeit für Profis. Doch gerade im CRM-Bereich versprechen agile Methoden passgenauere Lösungen und damit eine bessere User-Akzeptanz.

Vor allem im Bereich von Unternehmenssoftware wie bei der Einführung einer Customer-Relationship-Management-Lösung (CRM) entscheiden sich immer mehr Unternehmen für Projekt-Methoden, die sich von den strengen Regeln des klassischen Projektmanagements verabschieden. Für Unternehmen bildet das agile im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement zu Recht eine attraktive Alternative: Flexibel, schnell und kostengünstig soll es sein. Nicht nur, dass bei agilen Methoden viel schneller erste Ergebnisse zu sehen sind. Die Lösung wird nicht wie im klassischen Projekt anhand vorher definierter theoretischer Anforderungen entwickelt, die bei Go-Live bereits veraltet sein könnten. Stattdessen werden durch die Schritt-für-Schritt-Entwicklung exakt die täglichen Arbeitsweisen abgebildet. Doch agile Entwicklungsmethoden einzuführen, funktioniert nicht von heute auf morgen - gerade auch, wenn es um geschäftskritische Systeme wie CRM geht. Viele Unternehmen fragen sich:

Projektmanagement nach Scrum ist kein Wundermittel sondern harte Projektarbeit - mit Mehrwert für Unternehmen und Anwender.
Foto: Rawpixel - shutterstock.com

Ein Hindernis, an dem CRM-Einführungen immer wieder scheitern, ist die lange Projektdauer. Schließlich sind in dem abteilungsübergreifenden oder unternehmensweiten Projekt in aller Regel zahlreiche Personen beteiligt. Die klassische Methode: Zu Beginn definieren die verschiedenen Fachabteilungen detailliert ihre Anforderungen, und die Entwickler legen los. Können die Anwender die CRM-Lösung dann erstmalig testen und einsetzen, stimmen oft die vorher festgelegten Rahmenbedingungen nicht mehr. Werden Probleme erst so spät im Projekt identifiziert, kann man oft nur noch versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Hinkt das CRM den tatsächlichen Arbeitsabläufen hinterher, schafft das nicht nur Unmut bei den Mitarbeitern, sondern verfehlt auch gänzlich den Sinn einer solchen Software.

Eine Alternative bieten verschiedene Modelle des agilen Projektmanagements. Weit verbreitet ist die Scrum-Methode. Scrum (englisch für "Gedränge") lässt sich auf alle Arten der Softwareentwicklung anwenden und wird auch bei der Implementierung von CRM-Lösungen immer beliebter. Im Gegensatz zum klassischen Projektmanagement steht hier zu Beginn keine detaillierte Auflistung aller Anforderungen, sondern nur ein Grobkonzept. Spezifikationen und Details werden erst im Laufe des Projekts im benötigten Umfang und zum benötigten Zeitpunkt gemeinsam erarbeitet. Agil bedeutet deshalb in diesem Zusammenhang eine hohe Flexibilität beim Planen und Umsetzen eines Projekts, nicht aber, dass es keine Regeln gibt oder gar Chaos herrscht.

Diese einfachen Regeln entscheiden über den Erfolg

Ein agiles Projekt nach Scrum verzichtet bewusst auf starre Regeln und aufwendige Dokumentation. Umso wichtiger sind deshalb eine einfache Struktur, klar definierte Rollen und ein gut organisiertes Projektteam. Ein agiles Projekt unterteilt sich auf verschiedenen Ebenen in feste Zyklen: Zu Beginn werden die Projekt-Rahmenbindungen, die Ziele, das Budget, die Grobplanung und die Teilnehmer in einem Grobkonzept festgelegt. Daraus ergeben sich die Projektstruktur, die Module und die Arbeitspakete, die umgesetzt werden müssen. Die Module liefern die ersten Einträge für das sogenannte Product-Backlog, einer Sammlung aller bereits bekannten Anforderungen und Ziele. Außerdem wird vereinbart, welche Ziele vom Kunden als Ergebnis erwartet werden und welche Abteilungen später mit der CRM-Lösung arbeiten sollen: nur der Vertrieb, der Service und das Marketing? Im Product-Backlog sammelt und priorisiert das Team alle Anforderungen, die zur Erreichung des Projektziels umgesetzt werden müssen.

Rollen und Aufgabenverteilung im Projektmanagement.
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Die genaue Planung der einzelnen Projektschritte erfolgt in Arbeitsabschnitten, den sogenannten Sprints. Das Product-Backlog stellt die Grundlage für den ersten Sprint dar. Festgelegt wird dabei etwa, welche Anwendergruppen welche CRM-Funktionen, Erweiterungen oder individuellen Anpassungen benötigen. Entsprechend der agilen Methode werden Zeitrahmen festgelegt, in denen die im Product-Backlog definierten Anforderungen ausgearbeitet werden. Daraus ergeben sich konkrete Aufgaben (Tickets), die in einem detaillierten Plan, dem Sprint-Backlog aufgelistet sind.

Schritt für Schritt zur perfekt angepassten CRM-Lösung

Definierte Key-User beschreiben ihre ganz persönlichen Anforderungen an die CRM-Lösung anhand von sogenannten User-Storys. Diese folgen immer einem bestimmten Aufbau und beinhalten stets die Rolle des Verfassers, seine Anforderung und deren Zweck. Ein Beispiel: "Als Vertriebsleiter möchte ich eine Liste der aktuell erstellten Angebote, damit ich jederzeit alle Daten zu diesen Kunden und ihren Konditionen im Blick habe und diese vergleichen kann. Dafür benötige ich Informationen über x,y,z." Durch den Aufbau der User-Storys können Fachanwender ihre Anforderungen ohne tiefergehendes technisches Wissen formulieren.

Das Projektteam bewertet, priorisiert und setzt diese Anmerkungen bis zum nächsten Sprint um. Nach jedem dieser Projektabschnitte arbeiten die Key-User dadurch mit einem vollständig lauffähigen und besser angepassten System weiter. Am Ende jedes Sprints stehen Besprechungen wie der Sprint-Review, in denen die Team-Mitglieder, die Ergebnisse begutachten und die erfolgreiche Umsetzung der Arbeitspakete prüfen:

Durch die Schritt-für-Schritt-Entwicklung prüfen die Key-User die neuen Software-Bestandteile kontinuierlich. So vermeiden beide Seiten Fehlentwicklungen und der Anbieter kann auf veränderte Anforderungen schnell reagieren. Das spart sowohl Zeit als auch Kosten. Durch die aktive Einbindung der Mitarbeiter von Beginn an ist außerdem die Akzeptanz der Software besonders hoch.

Klar verteilte Rollen und tägliche Abstimmungen

Besonders wichtig ist bei der Scrum-Methodik, dass alle Beteiligten ihre Rolle im Projekt genau kennen und sehr eng zusammenarbeiten. Das Projektteam besteht idealerweise aus Vertretern mehrerer Fachbereiche mit unterschiedlichen Kompetenzen. Wichtige Rollen nehmen der Product-Owner und der Scrum-Master ein:

Die Philosophie hinter der CRM Einführung nach Scrum

Werden die Regeln des Scrum von allen Beteiligten beachtet (Arbeiten mit festgelegten Rollen, Verwendung eines priorisierten Product-Backlogs und Erstellen und Verwenden von lauffähigen "Lösungen" nach jedem Sprint), stünde einer erfolgreichen Projektumsetzung eigentlich nichts mehr im Weg. Doch bei einer CRM-Einführung handelt es sich nicht nur um eine neue Unternehmens-Software. Auch bestehende Geschäftsprozesse und Workflows werden analysiert, hinterfragt und wenn nötig optimiert. Deshalb bringt eine CRM-Einführung oftmals Veränderungen für einen großen Teil der Mitarbeiter mit sich.

Nicht selten führen diese Veränderungen zunächst einmal zu Unmut in der Belegschaft: Warum ändern, was Jahre lang vermeintlich funktioniert hat? Sollen die Mitarbeiter mit dem CRM lediglich kontrolliert werden? Wichtig für die Mitarbeiter ist, dass eine CRM-Lösung nicht etwa der Überwachung dienen soll. Stattdessen soll sie ihre tägliche Arbeit und die Kommunikation erleichtern - und so jeden Einzelnen und das gesamte Unternehmen beim Erreichen seiner Ziele unterstützen.

Informationen werden mit dem CRM auf einer zentralen Plattform gesammelt und den entsprechenden Personen zur Verfügung gestellt. Gerade im Vertrieb ist es für langjährige Mitarbeiter aber nicht selbstverständlich das Wissen über ihre Kunden mit anderen zu teilen. Deshalb sollten diese Bedenken unbedingt thematisiert werden. Ändern sich für die Mitarbeiter die Arbeitsabläufe maßgeblich, ist es außerdem sinnvoll, nicht nur technische Schulungen, sondern auch Workshops und Trainings für die neuen Abläufe jedes Fachbereichs durchzuführen. Auch die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit kann so trainiert werden.

Vom skeptischen Bedenkenträger zum CRM-Verfechter

Hier ist es entscheidend für das Management, die Philosophie hinter der Software zu leben, die mit dem Projekt eingeführt wird: Dahinter steht das klare Ziel, den Kunden in das Zentrum des Interesses zu rücken. In Zeiten von stärker werdendem und globalem Wettbewerbsdruck werden sich immer mehr Unternehmen über eine außergewöhnliche Kundenzufriedenheit von der Konkurrenz abheben. Dieser Gedanke muss von der Geschäftsführung vorgelebt werden. Sehen die Mitarbeiter keinen persönlichen Mehrwert oder eine Arbeitserleichterung in der CRM-Lösung, scheitert das Projekt, weil die Akzeptanz in der Basis fehlt.

Hier wird der große Vorteil des agilen Projektmanagements deutlich: Im klassischen CRM-Projekt kommen die Anwender erst bei der tatsächlichen Testphase mit der künftigen Lösung in Berührung. Im agilen Projekt werden sie von Beginn an mitgenommen, weil sie Teil des Projektteams sind: Sie gestalten das CRM aktiv mit, treffen Entscheidungen im Team und bringen ihr Praxiswissen ein. So wird selbst der größte Zweifler - wird er in die Entwicklung der CRM-Lösung persönlich eingebunden - zum überzeugten Befürworter.

Nicht jede CRM-Lösung eignet sich für Agiles Projektmanagement (APM)

Schon bei der Auswahl eines CRM-Anbieters sollten sich Unternehmen darüber im Klaren sein, dass sich nicht jedes System für Methoden des agilen Projektmanagements eignet. Im Grunde können Systeme das Potential des agilen Vorgehens nur dann nutzen, wenn die Software flexibel, individuell anpassbar und jederzeit Release-fähig ist. Lediglich dann kann in der Schritt-für-Schritt-Entwicklung jederzeit auf sich ändernde Rahmenbedingungen und Herausforderungen reagiert werden. Bei einer CRM-Lösung mit integrierter Entwicklungsumgebung können die Projektmitarbeiter Anpassungen schnell und unkompliziert umsetzen. Durch den Handlungsspielraum und die Flexibilität wird aufwendigen Fehlentwicklungen von Beginn an vorgebeugt.

Fazit: Mit flexibler Lösung und motivierten Mitarbeitern zum Projekterfolg

Die Einführung einer CRM-Lösung ist nicht zuletzt eine Investition in die Zukunft des Unternehmens: Künftig werden Kaufentscheidungen immer mehr auf Basis von Kundenzufriedenheit und exzellenter Betreuung getroffen. Um das Potential des CRM voll auszuschöpfen, muss die Philosophie dahinter von den Mitarbeitern gelebt werden. Eine passgenaue Lösung ist die beste Voraussetzung für motivierte Mitarbeiter und eine hohe Anwenderakzeptanz.

Das agile Projektmanagement ist bei der Einführung von CRM-Projekten deshalb besonders gut geeignet, weil die künftigen Anwender von Beginn an in die Change- und Entwicklungsprozesse eingebunden werden. Die Schritt-für-Schritt-Entwicklung und -Einführung hilft dabei Ängste abzubauen und sorgt für Verständnis für die Philosophie hinter der Software. Nur wenn der Einzelne seinen Nutzen in der CRM-Lösung sieht, können damit auch allgemeine Unternehmensziele erreicht werden. Ein starrer Ablaufplan und strikte Regeln widersprechen dabei dem Wesen der Scrum-Methode an sich. Vielmehr wird die CRM-Einführung damit zu einem Prozess, der sich immer an den jeweiligen Bedürfnissen orientiert und sich immer weiter entwickelt. (ba)