Betriebsrat gefordert

Mitarbeiter der PC-Ware AG fürchten um ihre Arbeitsplätze

18.03.2010
Bei dem IT-Dienstleister PC-Ware geht die Angst vor Entlassungen und einem radikalen Umbau des Unternehmens um. Mitarbeiter fordern die Wahl eines Betriebsrates.

Bei dem Leipziger IT-Dienstleister PC-Ware geht die Angst vor Entlassungen und einem radikalen Umbau der Firma um. Ein gerade fristlos entlassener Mitarbeiter forderte in einer Mail die Wahl eines Betriebsrates, um "mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auf Augenhöhe" zu sprechen. Er begründet seinen Aufruf unter anderem damit, dass das Unternehmen "offensichtlich radikal auf dem Rücken der Mitarbeiter noch profitabler" gemacht werden solle. Dafür sei der neue Vorstand im Sommer 2009 eingesetzt worden; er müsse das Unternehmen an den Mitarbeitern vorbei auf einen neuen - und für die Mitarbeiter unbekannten - Kurs trimmen.

Gegenüber ChannelPartner bestätigte eine Unternehmenssprecherin der PC Ware Deutschland, die seit Sommer 2009 eingeleitete Umstrukturierung des Unternehmens sei in vollem Gange. Man befinde sich "in einem laufenden Prozess", dessen konkrete Ausformung noch offen sei. Das Ziel sei, PC-Ware "profitabler zu machen".

PC-Ware, 1990 in Leipzig gegründet und seit 1999 börsennotiert, hatte sich bis zu seinem Verkauf im Januar 2009 an die österreichische IT-Tochter der Raiffeisen-Bank, der Raiffeisen Informatik GmbH mit Sitz in Wien, zu einem Unternehmen mit rund 1.800 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von 890 Millionen Euro entwickelt.

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Seit der im Sommer 2009 abgeschlossenen Übernahme wird das international tätige Unternehmen, das unter anderem in Europa einer der größten Microsoft-Reseller Partner ist, umgebaut und neu ausgerichtet.

Im Sommer 2009 wurden rund 180 Mitarbeiter, die in den Abteilungen "Technical Services" und "Trade" (Client-Hardware arbeiteten, entlassen. Beide Abteilungen wurden geschlossen.

Gleichzeitig wurde der Rechenzentrums-Dienstleister PC Ware Comparex GmbH mit Sitz in Leipzig gegründet. Das (beinahe webseitenlose) Unternehmen zählt mittlerweile 80 Mitarbeiter.

Seitdem fürchteten PC-Ware-Mitarbeiter offensichtlich einen radikalen Umbau des Unternehmens, wie der Verfasser in seiner gestrigen Mail schrieb: "Sind alle Aktionen des neuen Vorstandes nur darauf angelegt, die Comparex auf Kosten der PC-Ware zu stärken, die "Braut" hübsch zu machen oder zu filettieren und am Ende die PC-Ware zu verkaufen oder zu liquidieren?"

"Unerträgliche Situation"

Den eigentlichen Grund zu den Befürchtungen der Mitarbeiter aber stellt offensichtlich der Austausch der Unternehmensleitung im Juni 2009 dar. Damals schieden Firmengründer Knut Löschke zusammen mit Finanzvorstand Tillmann Blaschke nach einem nicht bestätigten Streit mit dem Hauptgesellschafter über die strategische Ausrichtung des Konzerns aus. Seitdem leiten Klaus Elsbacher, Hansjörg Egger und Thomas Reich die PC-Ware AG. Die Konsequenz: Am 8. März dieses Jahres hat Löschke seine verbliebenen Anteile an der PC-Ware an die Raiffeisen-Bank verkauft.

Für die rund 300 Mitarbeiter am Standort Leipzig scheint sich seitdem der Eindruck zu verdichten, sie müssten um ihre Arbeitsplätze fürchten. Ein anonym bleiben wollender Mitarbeiter fasste gegenüber der "Leipziger Zeitung" die Situation bei dem Tochterunternehmen der Raiffeisen Informatik GmbH mit Sitz in Wien so zusammen: "Die Situation ist für alle Mitarbeiter unerträglich, viele weinen und alle haben Angst."

Der Verfasser des Mails schreibt dazu unter anderem, das Unternehmen solle "offensichtlich radikal auf dem Rücken der Mitarbeiter noch profitabler" gemacht werden. Dafür sei der neue Vorstand eingesetzt worden, um das zu erreichen, sei der dabei, das Unternehmen an den Mitarbeitern vorbei auf den neuen - und für die Mitarbeiter unbekannten - Kurs zu trimmen.

Sein massiver Vorwurf lautet: "Was sie (der Aufsichtsrat; Anm. der Redaktion) oder der neue Vorstand denken, welche Visionen, Ziele und Strategien sie haben: unbekannt. Zwar sind wir Mitarbeiter über strategische Ansätze informiert worden, aber unterscheiden sich gesagte Worte gravierend von dem, was im Unternehmen tatsächlich passiert. Welche Entscheidungen wo getroffen werden und warum, ist für die Mitarbeiter an der Basis nicht mehr transparent. Die Folge: bei vielen unserer Mitarbeiter herrscht Skepsis bis hin zu Vertrauensverlust."

PC-Ware beschäftigt derzeit weltweit etwa 1.700 Beschäftigte. Das Unternehmen erreichte in den ersten Monaten seines Geschäftsjahres 2009/10 einen Umsatz von rund 640 Millionen Euro und ein Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) von 3,2 Millionen Euro. Beide Werte liegen wenig überraschend unter denen des Vorjahreszeitraumes. (wl)