Gute Führungskräfte gefragt

Mitarbeiterführung bei Firmenkrisen – zehn Tipps

24.04.2012
Geht es dem Unternehmen schlecht, müssen Vorgesetzte Besonderheiten beachten, sagt Dr. Georg Kraus.

Wenn es im Betrieb nicht so gut läuft, dann zeigt sich, wer eine gute Führungskraft ist und wer nicht. Denn dann muss sie im Kontakt mit ihren Mitarbeitern ihr ganzes Können beweisen. Hier zehn Tipps für Vorgesetzte:

Tipp 1: Das Gespräch suchen

Ihre Mitarbeiter sind nicht dumm. Sie spüren schnell, wenn es im Dachstuhl des Unternehmens zu brennen anfängt. Sei es, weil das Arbeitsvolumen sinkt, die Chefs zusehends nervöser werden oder freiwillige Arbeitgeberleistungen in Frage gestellt werden. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter deshalb früh darüber, wenn Ihr Firma in der Krise steckt. Denn nur dann können Sie diese als Mitstreiter beim Bewältigen der Krise gewinnen.

Tipp 2: Mögliche Folgen aufzeigen

Informieren Sie Ihre Mitarbeiter offen über die möglichen Auswirkungen der Krise - auch für sie persönlich (soweit möglich). Denn nichts verunsichert Mitarbeiter so sehr, wie wenn sie nicht einschätzen können: Ist das Feuer ein Strohfeuer? Ist es auf den Dachstuhl begrenzt oder wird es auch auf andere Teile des Hauses übergreifen? Hat es auch Auswirkungen auf meine Arbeitssituation? Dann beginnt die Gerüchteküche zu brodeln, und das Feuer wird - in den Köpfen der Mitarbeiter - stets größer, so dass jeden das Bedürfnis zu fliehen überkommt. Informieren Sie die Mitarbeiter aber auch darüber: Welche Maßnahmen werden/wurden von Ihnen beziehungsweise der Unternehmensleitung ergriffen, um das Feuer zu löschen oder einzudämmen?

Tipp 3: Ehrlich bleiben

Malen Sie die Situation nicht rosarot, um die Mitarbeiter zu beruhigen - auch wenn Sie dies gerne tun würden. Denn Ihre Mitarbeiter haben ein Recht darauf zu erfahren, wie sicher zum Beispiel ihre Arbeitsplätze sind. Entwerfen Sie aber auch keine unbegründeten Horrorszenarien, um den Mitarbeitern zum Beispiel gewünschte Zugeständnisse abzuringen. Denn beides zerstört letztlich das Vertrauen, das Ihre Mitarbeiter in Sie haben.

Tipp 4: Rückgrat zeigen

Stehen Sie zu den Entscheidungen, die Sie (oder die Unternehmensleitung) getroffen haben, um die Krise zu meistern - selbst wenn diese für einige Mitarbeiter negative Folgen haben. Verstecken Sie sich zum Beispiel nicht hinter dem Vorstand im fernen Kansas. Und tun Sie nicht so, als hätten nicht Sie (beziehungsweise Ihre Vorgesetzten), sondern die Bank oder irgendein anderer böser Geist Ihre schmerzhaften Entscheidungen getroffen. Dies mindert Ihre Glaubwürdigkeit. Und so zeigen Sie keine Führungskraft.

Fairness ist das A und O

Tipp 5: Fair bleiben

Appellieren Sie, wenn es um das Bewältigen der Krise geht, möglichst selten an das kollektive "Wir-Gefühl", um mehr Leistung aus den Mitarbeitern herauszupressen. Denn dann fühlen sich die Mitarbeiter - wenn zum Beispiel Kündigungen ausgesprochen werden - zu Recht genarrt. Wecken Sie bei den Mitarbeitern auch nicht die Illusion, als gäbe es beim nötigen Veränderungsprozess nur Gewinner. Bei jedem Veränderungsprozess gibt es auch Verlierer (... oder zumindest Personen, die sich als solche empfinden).

Tipp 6: Orientierung bieten

Stimmen Sie, wenn Sie mit Ihren Mitarbeitern zusammensitzen, nicht in das allgemeine Krisen- beziehungsweise Konjunkturgejammer ein. Zeigen Sie ihnen vielmehr Wege auf, wie die Krise gemeistert werden kann. Schildern Sie ihnen anhand konkreter Beispiele, wie Ihr Unternehmen oder andere Unternehmen in der Vergangenheit ähnliche Krisen gemeistert haben, damit die Mitarbeiter spüren: Eine Krise ist keine Katastrophe und Erfolg ist machbar.

Tipp 7: Halt geben

Vereinbaren Sie mit Ihren Mitarbeiter klare Ziele und konkrete Maßnahmen, was sie tun sollen, um ihren Beitrag zum Meistern der Krise zu leisten. Definieren Sie mit ihnen zudem Meilensteine, die es auf dem Weg aus der Krise zu erreichen gilt; des Weiteren - sofern nötig - konkrete Aktivitäten, die sie ergreifen sollen, damit sie diese Meilensteine erreichen.

Tipp 8: Konsequent sein

Kontrollieren Sie zwischenzeitlich, ob sich die Mitarbeiter auf dem richtigen Weg befinden, um die Meilensteine zu erreichen. Und schreiten Sie sofort ein, wenn Sie merken, dass einzelne Mitarbeiter ihre Kollegen mit ihrem Krisengerede infizieren. Bitten Sie den Mitarbeiter dann zum Vier-Augen-Gespräch und fragen Sie ihn: "Wie beurteilen Sie unsere Erfolgsaussichten?" Wenn er dann jammert, sagen Sie zu ihm: "In der aktuellen Situation haben wir zwei Möglichkeiten: entweder uns ins Schicksal ergeben und zuschauen, wie alles noch schlechter wird, oder dafür sorgen, dass alles besser wird. Welchen Weg bevorzugen Sie?" Mit Sicherheit bevorzugt der Mitarbeiter den zweiten Weg. Dann können Sie mit ihm vereinbaren, was er tun kann, um seinen Beitrag zum Verbessern der Situation zu leisten. Tut er dies nicht, ziehen Sie die nötigen Konsequenzen.

Das Gespräch nicht abreißen lassen

Tipp 9: Im Gespräch bleiben

Suchen Sie - egal wie voll Ihr Schreibtisch und Terminkalender ist - immer wieder das Gespräch mit Ihren Mitarbeitern. Zeigen Sie Präsenz im Arbeitsalltag und erkundigen Sie sich bei Ihren Mitarbeitern auch nach deren Befinden. Denn nichts verunsichert Ihre Mitarbeiter mehr, als wenn Ihr Chef wochenlang abgetaucht ist. Dann beginnen Sie an seiner Loyalität auch ihnen gegenüber zu zweifeln. Und nichts verletzt Ihre Mitarbeiter mehr als das Gefühl "Ich werde mit meinen Bedürfnissen und Empfindungen nicht ernst genommen".

Tipp 10: Erfolge feiern

Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über (Teil-)Erfolge, die beim Bewältigen der Krise erzielt wurden. Das spornt sie an und vermittelt ihnen das Gefühl: Wir sind auf dem richtigen Weg. Und zeigen Sie sich, wenn Meilensteine erreicht wurden, selbst wenn es in der Firmenkasse mau aussieht, auch mal spendabel - und Sie es nur, indem Sie Ihre Mitarbeiter zu einem Umtrunk oder Weißwurst-Frühstück einladen. Denn dies zeigt Ihren Mitarbeitern: Unsere Leistung wird registriert und honoriert. Außerdem muss man auch in schlechten Zeiten ab und zu Dampf vom Kessel lassen - sonst explodiert er irgendwann. (oe)

Der Autor Dr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal und Verfasser des "Change Management Handbuch" sowie zahlreicher Bücher zum Projektmanagement.
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