Mobile First war – Mobile Now ist

Mobility: Firmen haben Nachholbedarf

27.03.2015 von Maximilian Hille
Enterprise Mobility ist in aller Munde. Doch von einer Transformation zu einem „mobilen Unternehmen“ kann in den wenigsten Fällen die Rede sein. Dabei ist der Handlungsbedarf groß, denn nicht nur die Menschen, auch Maschinen und Gegenstände werden in die mobilen Netze eingebunden und damit erreichbar. Unternehmen müssen handeln – überlegt und in kleinen Schritten.

Wenn es einen Trend im digitalen Umfeld gibt, der alle Anspruchsgruppen gleichermaßen betrifft und beschäftigt, dann ist das wohl "Mobility". Die Nutzung des Internets in allen seinen Facetten findet zunehmend über mobile Endgeräte statt. Hinzu kommen neue Trends und Möglichkeiten, die von null auf hundert direkt im mobilen Umfeld einschlagen, seien es spezielle Apps, soziale Netzwerke oder sonstige Anwendungsszenarien.

Mobile First war - Mobile Now ist
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Consumer ist weiter als das Business

Vor allem die Endanwender, insbesondere die Generation Y, sind in ihrem Alltag eng mit der mobilen Welt verbunden. Nahezu alle Aktivitäten des Tages werden durch das Smartphone oder Tablet begleitet. Dem gegenüber steht das Business. Die Unternehmen finden sich vor vielerlei Problemen. Sowohl intern als auch extern müssen sie sich auf Mobility einstellen und ihre Prozesse und den Außenauftritt entsprechend umstellen. Die aktuellen Mobility-Strategien sind meist unstrukturiert und kommen über das Anfangsstadium nicht hinaus. Die erforderlichen Maßnahmen der Unternehmen betreffen ihre Innen- und Außendarstellung. Enterprise Mobility und Mobile Web Experience sind zwei teilweise aufeinander aufbauende Bausteine, die künftig zum Standardrepertoire der Unternehmen gehören werden. Es ist sinnvoll, zunächst intern eine mobile Identität zu schaffen und sich dann schnell und strukturiert der Außendarstellung zu widmen.

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Bedrohung für Unternehmen

In den Unternehmen sind die Mitarbeiter die ersten Treiber für die Integration einer mobilen Strategie. Sie tragen die Technologien in die Unternehmen und leiten aus ihren persönlichen Erfahrungen ab, was sie selbst zum Arbeiten brauchen und was ihre Kunden sich wünschen. Allerdings ist diese Vorreiterrolle gleichzeitig auch eine Bedrohung für die Unternehmen. Da weder das Management noch die interne IT die aktiven Gestalter der mobilen Integration im Unternehmen sind, müssen sie sich auf die Mitarbeiter einstellen und können nur noch reagieren. Wichtig ist, dass die Unternehmen beziehungsweise ihre interne IT die mobile Bewegung anführen. Das gelingt, wenn ein tragfähiges Konzept entwickelt wird, das alle Bereiche einer sorgsam geführten Mobility-Strategie umfasst. Hierzu zählt die Integration von Enterprise-Mobility-Management-Konzepten, um einen einheitlichen Überblick über die genutzten Geräte und Services zu bekommen.

Sicherheitskonzepte reichen nicht

Auch die Datenabsicherung ist ein wesentliches Thema. Die mitgelieferten Sicherheitsvorkehrungen für Enterprises sind bereits recht gut entwickelt, reichen aber nicht aus, um auch den zukünftigen Schutzbedarf zu decken. Es ist daher wichtig, dass der Schutz der mobilen Daten über Basisfunktionen hinausgeht und auch komplexere Sicherheitslösungen involviert.

Sind die Grundlagen geschaffen, können die Mitarbeiter eigentlich erst richtig beginnen, im Unternehmen mobil zu arbeiten. Auf Basis der Strategien können Corporate Social Networks, Collaboration-Szenarien und App Stores aufgebaut werden, welche die Mitarbeiter bei der täglichen Arbeit unterstützen, die Effizienz steigern, Zusammenarbeit fördern und unter dem Strich einen Mehrwert für die Arbeit genieren.

Mobiles Image aufbauen

Sofern es das Unternehmen geschafft hat, dem unkontrollierten Wust der mobilen Nutzung Herr zu werden, kann es sich auch daran wagen, ein mobiles Image nach außen zu entwickeln und zu stärken.

Auch hier bietet es sich an, zunächst bei den Basisproblemen zu beginnen und sich in der Entwicklung langsam an größere Aufgaben heranzutasten. "Mobile First" bedeutet im ersten Schritt, den bestehenden digitalen Auftritt mobilfähig zu machen. So muss das Unternehmen zunächst den Web-Auftritt optimieren und eine mobile Erreichbarkeit sicherstellen. Nutzer unterscheiden heute nicht mehr, von wo sie auf die relevanten Informationen über das Unternehmen zugreifen (meis-tens jedoch über mobile Geräte). Deshalb sollte das Unternehmen darauf vorbereitet sein, auch hinsichtlich User Experience und Informationsaufbereitung "State-of-the-Art" zu sein.

Mobile First war - Mobile Now ist

Das Schlagwort "Mobile First" ist in manchen Unternehmen bereits ein alter Begriff. Unter dem Schlagwort "Mobile Now" beginnen sie mit der Integration von kompletten Geschäftsprozessen, die in die mobile Welt verlagert werden. So werden etwa Support-Prozesse oder die standardisierte Kommunikation komplett digitalisiert und auf mobile Endgeräte verlagert. Dahinter stecken zwei Ideen: Interne Prozesse lassen sich flexibilisieren und rationalisieren, und der Kunde erfährt ein digitales Nutzungserlebnis, was seine Zufriedenheit erhöht. Dazu müssen allerdings zuvor die Geschäftsprozesse analysiert und gegebenenfalls abgespeckt werden, um sie auf einer mobilen Oberfläche einführen und betreiben zu können.

Über Menschen und Werkzeuge

Die Transformation zu einem mobilen Unternehmen braucht Unterstützung. Mobile Thinking allein hilft wenig bei der Umsetzung der Maßnahmen. Wesentlich für die Implementierung der Ideen sind vor allem Personen, die mit den Tools umgehen können, und Technologien, die diese Personen bei ihrer Arbeit optimal unterstützen.

Zum einen gibt es weitgehend fertige Produkte, die von vielen Herstellern angeboten werden. Auch Microsoft, Apple und Google haben sich des Themas Enterprise Mobility angenommen und bieten mit unterschiedlichen Ansätzen eine Reihe von Anwendungen, die für den internen und externen Einsatz entwickelt wurden. Diese Anwendungen sind meist standardisiert und bilden dadurch vor allem alltägliche Prozesse ab. Dazu zählen insbesondere Collaboration-Suites, Mail-Programme oder etwa Ticketing-Apps. Vereinzelt werden auch branchenspezifische Lösungen angeboten, die ausgefallenere Anforderungen erfüllen können.

Von der Stange reicht nicht mehr

Um die Mobile-Now-Transformation konsequent zu durchlaufen, reichen Anwendungen von der Stange aber meist nicht mehr aus. Unternehmen müssen selbst entwickeln, um Alleinstellungsmerkmale zu definieren.

Das muss aber nicht auf der grünen Wiese entstehen. Beispielsweise unterstützen Middleware-Systeme die Unternehmen und Entwickler bei der Anbindung von verschiedenen Backend-Anwendungen wie zum Beispiel Single-Sign-on oder das CRM-System an die mobilen Anwendungen. Mittels weiterer Software-Development-Kits (SDKs) können so relativ schnell und einfach Geschäftsprozesse auf das mobile Endgerät gebracht werden. Mit Hilfe der angebotenen Tools rücken weitere wichtige Themen wie Responsive Design in den Vordergrund.

Plattformunabhängigkeit ist wichtig

Für Entwickler ist es wichtig, dass ihre Anwendungen und Websites möglichst plattformunabhängig entwickelt werden. Der Mehrwert einer Anwendung kann nur dann erzielt werden, wenn diese auf allen großen Plattformen wie Windows, Android, iOS und vielleicht bald auch auf neuen Plattformen (Stichwort CynogenMod, Tizen) verfügbar ist und die gleichen Funktionen mitbringt.

Darüber hinaus haben Entwickler mit den wachsenden Features der Geräte - von der Kamera bis hin zur NFC-Technologie - immer mehr Möglichkeiten, weitere Elemente in die Anwendungen einzubeziehen. Das vervielfacht die Möglichkeiten, die auch die Unternehmen haben, wenn sie ihre (Geschäfts-)Prozesse und Identitäten auf mobilen Endgeräten abbilden wollen.

BMW macht's vor

Ein Unternehmen, das viele der zuvor genannten Faktoren bereits berücksichtigt hat, ist BMW. Intern setzt BMW auf Microsoft-Smartphones. Etwa 57.000 Mitarbeiter sollen mit verschiedenen Modellen aus der Lumia-Reihe ausgestattet werden. Das Enterprise-Mobility-Management betreibt BMW mit der von VMware gekauften Lösung AirWatch. In der Kombination wird sichergestellt, dass das Management der Daten und die reibungslose Integration von Anwendungen, Tools und Informationen funktioniert. Gleichzeitig vermeidet BMW einen Vendor-Lock-in und setzt bei Gerät und Management-Lösung auf jeweils unterschiedliche Anbieter.

Die Außenwirkung von Mobility

Auch für die Außenwirkung hat BMW einiges getan und sich ein mobiles Image aufgebaut. Das Unternehmen verfügt über eine mobile Website sowie eine Vielzahl verschiedener mobiler Apps. Natürlich muss hier fairerweise gesagt werden, dass Autobauer aufgrund der Connected-Cars-Thematik ohnehin Frühstarter im digitalen Umfeld sind. Nichtsdestotrotz hat BMW ein breites Angebot an mobilen Anwendungen aufgebaut, die das Nutzererlebnis maßgeblich steigern. Dazu gehören etwa das "BMW Magazin", eine interaktive App für die BMW-Welt, eine Remote App für den Fernzugriff auf das Fahrzeug (etwa zur Türverriegelung) oder auch Apps für Rennfahrer und Leistungs-Tracker. Ein ähnliches Konzept findet auch für die Tochtermarke Mini Anwendung.

Herausforderungen

Zwar sind erste Erfolge auf dem Weg zu einer konsequenten Mobility-Strategie zu sehen. Aber es bleiben viele Herausforderungen. Um auf Marktanforderungen schnell reagieren zu können, sind Unternehmen und Entwickler immer kürzeren Release- und Entwicklungszyklen ausgesetzt. Wichtig ist außerdem, dass relevante Daten immer exakt bereitgestellt werden können, um die mobilen Anwendungen mit der nötigen Grundlage zu versorgen.

Sicherheit der Verbindungen wichtig

Das Thema Sicherheit ist natürlich allgegenwärtig. Allerdings kann man beobachten, dass sich diesbezügliche Fragestellungen wandeln. Früher ging es vor allem um die fortwährende Verbesserung der Sicherung der unternehmenseigenen Geräte und Daten. Künftig stehen auch die Verbindungen zu den Kunden im Blickpunkt. Sie müssen gesichert werden. Gerade in Deutschland, wo Datensicherheit und Datenschutz zu den höchst kritischen Aspekten gehören, ist die Sicherung der Verbindungen bei komplexeren Business Apps ein Dreh- und Angelpunkt.

Unternehen wollen fundierte Zahlen

Die Unternehmen verlangen zudem mit der Verbreitung der mobilen Datennutzung weitere Aufklärung hinsichtlich Return on Investment und Kontrolle. Zwar sehen sie in der Regel die Notwendigkeit und die Hebelwirkungen einer Mobile-Now-Strategie. Dennoch würden sie gerne auf fundierte Zahlen zurückgreifen, die ihnen mehr Sicherheit für diese Schritte geben würden. Auch ist es ihnen wichtig, dass sie diejenigen sind, welche die Aktivitäten hinter der Enterprise Mobility Transformation leiten und kontrollieren.

Mobility ist also ein Thema, das die Endanwender treiben, über das aber die Unternehmenslenker die Hoheit haben wollen. Sie wollen selbst die Gestalter einer solchen Entwicklung bleiben.