Problem "Hobby-Journalismus"

Mumbai-Terror - Bürger berichten hautnah im Web

17.01.2009 von Armin Weiler
Die Terrorangriffe in der indischen Finanzmetropole Mumbai waren nicht nur in den großen internationalen Medien eines der Hauptthemen, sondern auch im Internet.

Die Terrorangriffe in der indischen Finanzmetropole Mumbai waren nicht nur in den großen internationalen Medien eines der Hauptthemen, sondern auch im Internet. Seit dem ersten Moment an, wo mehrere kleine Kampfgruppen die ersten Schüsse abgefeuerten, um verschiedene Ziele der Millionenstadt anzugreifen, häuften sich unzählige Berichte der Web-Community zu den tragischen Ereignissen. So schilderten Augenzeugen etwa in Online-Foren und Blog-Postings das aktuellste Geschehen oder veröffentlichten selbst gemachte Fotos im Netz, die die Tragik der gewaltvollen Auseinandersetzungen teilweise unverschönt wiedergeben und hautnah mitfühlen liesen. Der Mikro-Blogging-Dienst Twitter beispielsweise hatte einen eigenen Thread zum Thema gestartet, auf dem Dutzende sogenannter "Bürgerjournalisten" ihre aktuellen Impressionen direkt vom Schauplatz des Geschehens aus vermittelten.

In vielen Fällen waren die Hobby-Journalisten dabei den traditionellen Medien wie TV oder Zeitung zeitlich gesehen um einiges voraus. "Dem Leser muss aber zu jeder Zeit klar sein, dass derartige Inhalte nicht professionell journalistisch überprüft worden sind", gab Eva Werner, stellvertretende Pressesprecherin des Deutschen Journalistenverbandes (DJV), im Gespräch mit pressetext zu bedenken. Gerade bei so schwerwiegenden Themen wie den aktuellen Terroranschlägen in Mumbai sei die Öffentlichkeit auf den professionellen Journalismus angewiesen. "Der Leser muss sich sicher auf die Darstellung der Fakten verlassen können. Bei den Blog-Berichten ist sicherlich eine ganze Menge Wahrheit dabei. Es gibt jedoch keine Qualitätskontrolle und keine Möglichkeit, die dort enthaltenen Informationen auf ihren tatsächlichen Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen", erklärte Werner.

Ein weiteres Problem, mit dem der Bürgerjournalismus im Internet zu kämpfen habe, sei das sehr zerstreute und für den Medienkonsumenten eher unübersichtliche Bild, das er vermittle. "Eine Berichterstattung in Web-Blog kann für die Leser zwar sehr interessant sein, sie liefert aber immer nur individuelle Einzelperspektiven", betonte Werner. Als Resultat entstehe ein kaleidoskopartiges, situationsbezogenes Bild der Geschehnisse, bei dem es dem Leser nur sehr eingeschränkt möglich sei, einen umfassenden Eindruck über die tatsächlichen Verhältnisse zu gewinnen. "Insgesamt gesehen ist es immer gut, wenn man Leute hat, die direkt vor Ort über die aktuelle Lage berichten. Der Bürgerjournalismus hat in dieser Hinsicht aber das Problem, dass es keine Möglichkeit des Nachfragens gibt, um die enthaltenen Informationen journalistischen Kriterien entsprechend zu überprüfen. Für den klassischen Journalismus sind Blogs aber oft ein sehr geeignetes Rohmaterial", so Werner abschließend. (pte) (wl)