Durch HANA und Cloud Computing

Neue Anforderungen an SAP-Berater

27.04.2016 von Susanne Ackermann
SAP-Experten sollten sich künftig ein breiteres Know-how aneignen, um Geschäftsmodelle und Prozesse technologisch schnell umsetzen zu können, heißt es bei IT-Personaldienstleistern und SAP-Beratungsunternehmen. Von Vorteil sei der Erwerb von Kenntnissen aus der Open-Source-Welt.
 
  • Open Source beschleunigt Innovationen zunehmend
  • Mit SAP HANA- und Cloud-Szenarien wird erstmals auch die Tür für reine Cloud-, aber auch hybride Szenarien in den Unternehmen geöffnet
  • Für SAP-Berater kann es lohnenswert sein, sich Kenntnisse in den neuen Technologien anzueignen und die Paradigmen von SAP HANA und Cloud kennen zu lernen

Das Innovationstemp in der SAP-Welt ist hoch. Treiber sind technologische Neuerungen wie SAP HANA und Cloud, mit denen SAP die Unternehmen für das digitale Zeitalter rüsten will. Damit gewinnen HANA- und auch andere Cloud-basierende SAP-Lösungen auch für Berater an Bedeutung. Die Softwareexperten benötigen neben zusätzlichem technologischen Wissen mehr als bisher die Fähigkeit, sich andere Denkweisen anzueignen und Ideen und Modelle auf Technologien zu beziehen. Von dieser Erfahrung berichten IT-Personaldienstleister und SAP-Beratungsunternehmen.

HANA und andere Cloud-basierte SAP-Lösungen gewinnen auch für Berater an Bedeutung.
Foto: Pressmaster - shutterstock.com

Die andere Seite im Blick

Der technologische Wandel in der SAP-Welt verlangt von SAP-Beratern, dass sie - je nach Schwerpunkt - mehr als bisher auch die jeweils "andere Seite" mit in den Blick nehmen.

Sebastian Rahm, Abteilungsleiter Rekrutierungsmanagement IT beim Mannheimer Personaldienstleister Hays, formuliert es so: "Technikspezialisten müssen sich mehr mit Geschäftsmodellen auseinandersetzen als bisher und betriebswirtschaftliche Berater mehr damit, wie sich Ideen und Modelle technologisch umsetzen lassen."

Sebastian Rahm, Abteilungsleiter Rekrutierungsmanagement IT bei Hays, ist der Ansicht, dass sich erst noch zeigen müsse, ob Hadoop im SAP HANA/Cloud-Bereich breiter eingesetzt wird.
Foto: Hays

Insgesamt sollten SAP-Berater "breiter denken" und die Situation aller Beteiligten erkennen, heißt es. Der Geschäftsführer des Heidelberger SAP-Beratungsunternehmens Datavard, Gregor Stöckler, betont: "Wir sehen, dass zunehmend Entscheider außerhalb der IT schnelle, agile Projekte treiben." Dies verändere die "älteste Beratertätigkeit", die des Übersetzers zwischen IT, Fachabteilung, Trends und Good Practices im Markt, so Stöckler.

Open Source beschleunigt Innovationen

"SAP konnte das hohe technologische Innovationstempo erreichen, weil der Walldorfer Softwarehersteller nicht mehr alle neuen Technologien selbst entwickelt, sondern verstärkt auf Open Source zurückgreift", so bringt es Karsten Kötter auf den Punkt, Senior Solution Architect des Heidelberger SAP-Beratungsunternehmens cbs Corporate Business Solutions.

SAP HANA zu lernen, bedeute deshalb, sich andere Denkweisen anzueignen. Kötter empfiehlt, sich zunächst mit den grundlegenden Paradigmenwechseln von SAP HANA vertraut zu machen: dem Code to Data-Paradigma, In memory Computing und drittens der Spaltenorientierung der Datenbank. Als projektspezifische Technologien nennt Kötter xsjs, HTML5, node.js, SQLScript, ABAP on HANA und CDS Views.

Wichtige projektspezifische Technologien sind laut Karsten Kötter, Senior Solution Architect von cbs, unter anderem HANA und HTML5.
Foto: cbs Corporate Business Solutions

Für SAP-Berater, die sich auf HANA und Cloud spezialisieren wollen, spielen Open-Source-Technologien eine zentrale Rolle. Welche technologischen Open-Source-Kenntnisse im Einzelfall gefragt seien, hänge ebenfalls stark vom Projekt ab. Wie Karsten Kötter erachten auch andere Experten aus dem SAP-Beratungsumfeld etwa OpenStack, Javascript, HTML5 oder REST/ODATA als wichtig. SAPUI5 kommt als Open Source-Technologie für die Präsentation von S/4 HANA und die HANA Cloud-Plattform zum Einsatz.

Kurzfristig eher SAP S/4 HANA

Karina Weirich, Head of Transition & Assessment Center Services beim Walldorfer Technologie-Unternehmen Realtech, sieht kurzfristig in den Core-Technologien das größte Potenzial, basierend auf der SaaS-Lösung SAP S/4 HANA. Sie ist der Überzeugung, dass Kunden in den kommenden Jahren voraussichtlich eher die Standardapplikation SAP S/4 HANA nutzen als die HANA Cloud-Plattform (HCP). Bei letzterer werde verstärkt auf Open Source-Produkte für IaaS und PaaS gesetzt.

Realtech-Managerin Karina Weirich ist der Überzeugung, ist der Überzeugung, dass Kunden in den kommenden Jahren eher die Standardapplikation SAP S/4 HANA nutzen als die HANA Cloud-Plattform (HCP).
Foto: REALTECH

Die Open-Source-Strategie von SAP hat auch aus Sicht von Hays-Mann Rehm an Fahrt aufgenommen. Seiner Erfahrung nach konzentrieren sich die Technologien derzeit vor allem noch auf den technischen und infrastrukturnahen Bereich. Auf der Anwendungsebene starte die Open Source-Entwicklung erst: "Seit das Urgestein Linux an strategischer Bedeutung für SAP gewinnt, ziehen Open Source-Lösungen für die Cloud nach, vor allem OpenStack."

Gregor Stöckler stellt fest, dass die Technik in und rund um SAP komplexer werde und viele Komponenten nicht mehr in ABAP entwickelt seien. Diese würden somit zu einer "Blackbox" für Berater. Stöckler teilt die Einschätzung, dass Open-Source-Technologien für SAP-Berater immer wichtiger werden. Er nennt hier für die Implementierung von Business Apps vor allem R und Hadoop. Auf der Datenbankebene spielen neben Hadoop auch SPARK, Cassandra und Mongo DB eine immer wichtigere Rolle, sowie auf der Integrationsebene Talend.

In Hinsicht auf Hadoop äußert sich Hays-Manager Rahm noch zurückhaltend: Ob Hadoop im SAP HANA/Cloud-Bereich breiter eingesetzt werde, müsse sich erst noch zeigen. Überdies empfiehlt der Personalexperte SAP-Beratern, Kenntnisse in den Bereichen Systemarchitektur, Netzwerktechnologie, Datenmanagement und Datensicherheit zu vertiefen.

Cloud rückt Integration wieder ins Blickfeld

Unternehmen, die Prozesse in die Cloud legen, verlagern damit auch die Verantwortung für den Betrieb ihrer IT an den Anbieter. Jeder Berater sollte verstanden haben, welche Änderungen der Verantwortlichkeiten die Einführung einer Cloud-Lösung mit sich bringt, so der Tenor in den SAP-Beratungsunternehmen. "Durch die Cloud wird die Integration wieder zum Kernthema und zwar auf allen Ebenen: Daten, Applikationen und Prozesse", ergänzt Gregor Stöckler: "Wir sehen wieder eine Bewegung weg vom Ansatz Best of Suite hin zu Best of Breed. Heute muss man sich mit kleinen und kleinsten Nischenanbietern auseinandersetzen, die Teile der Wertschöpfungskette abdecken und durch Agilität und Innovation große Player ausstechen." Dies verlange jedem Berater ein Verständnis der Lösungsansätze ab und stelle ihn vor neue Herausforderungen, wie etwa beim immer komplexer werdenden Themenfeld Sicherheit.

Gregor Stöckler, Datavard: "Wir sehen eine Bewegung weg vom Ansatz Best of Suite hin zu Best of Breed. Heute muss man sich mit kleinen und kleinsten Nischenanbietern auseinandersetzen, die Teile der Wertschöpfungskette abdecken und durch Agilität und Innovation große Player ausstechen."
Foto: Datavard

Anforderungen wandeln sich häufiger

"SAP-Berater müssen verstehen, dass sich durch HANA und Cloud ganz neue Möglichkeiten für Prozesse ergeben, wie die aktuellen Megatrends zeigen: Big Data, Mobile, Internet of Things oder Social-Media-Integration. Die Schnelligkeit und Agilität der Märkte verlangen schließlich von den Unternehmen, auch ihre Anforderungen an Prozesse immer wieder zu hinterfragen", betont Henrik Hausen, der Geschäftsführer des auf das Cloud ERP-System SAP Business ByDesign spezialisierten Beratungsunternehmens all4cloud: "Kunden zwingen dem Lieferanten zum Teil Prozesse auf, manchmal organisatorisch, manchmal nur technisch."

SAP-Berater können Kunden dabei unterstützen, die sich ändernde Technologie so einzusetzen, dass die Anpassung an die sich schnell wandelnden Anforderungen gelingen kann. Wie Hausen betont, müssen alle Parteien heute viel besser informiert sein, welche Anforderungen entstehen und wie diese schnell und günstig umzusetzen sind.

Henrik Hausen, Geschäftsführer von all4cloud, ist davon überzeugt, dass sich durch HANA und Cloud ganz neue Möglichkeiten für Prozesse ergeben.
Foto: all4cloud

Prozesse lassen sich durch HANA und Cloud-Technologien flexibler als bisher gestalten, darauf weist Sebastian Rahm von Hays hin. Dies eröffne SAP-Beratern die Möglichkeit, nicht nur einzelne Prozesse zu hinterfragen, sondern Anregungen zur Modellierung ganz neuer Prozesse zu geben, die das Geschäftsfeld an sich beeinflussen. In diese Richtung argumentiert auch Karina Weirich von Realtech: Der Trend, SAP Best Practices einzusetzen, um damit Budget für Innovationen freizumachen, erfordere auch ein Umdenken in der Beratung, weg vom Bodyleasing hin zu Prozessberatung.

Mehr hybride Szenarien

Mit SAP HANA- und Cloud-Szenarien wird erstmals auch die Tür für reine Cloud-, aber auch hybride Szenarien in den Unternehmen geöffnet, die bis jetzt ihre Systeme traditionell onpremise betrieben haben, sagt Weirich von Realtech: "Damit verändern sich auch die Anforderungen an die Beratungshäuser, denn diese müssen mehr Unterstützung bei der Auswahl der Sourcing-Szenarien sowie bei den Serviceprozessen bieten." In der Regel werde der Kunde nicht auf der "grünen Wiese" beginnen, sondern eine bestehende Landschaft umbauen, so dass Teamfähigkeit und ein gutes Verständnis der Abläufe unverändert wichtig bleiben, so Weirich. SAP HANA S/4 Finance und Logistics lassen sich nur bei guten Branchenkenntnissen professionell beherrschen.

SAP-Berater sollten sich im Klaren darüber sein, dass die Auslagerung der Verantwortung für den IT-Betrieb auch Folgen im Kundenunternehmen hat - bei den internen IT-Mitarbeitern könne diese Verlagerung zu Befürchtungen führen, sie würden im Unternehmen nicht mehr gebraucht, erläutert Karsten Kötter von cbs. Dabei wolle das IT-Management der Unternehmen den Mitarbeitern der eigenen IT-Abteilung häufig strategischere Aufgaben übertragen, jedoch werde dies nicht immer gut genug kommuniziert, so der Tenor im Markt. SAP-Berater müssen diesen Hintergrund kennen, um angemessen agieren zu können.

BDU-Studie: Beratergehälter 2015
Was Unternehmensberater verdienen ...
... hat der Bund Deutscher Unternehmensberater (BDU) in einer aktuellen Studie ermittelt.
Mitarbeiter in IT-Support,
... HR oder Verwaltung stehen in Unternehmensberatungen am unteren Ende der Einkommensskala. Sie verdienen durchschnittlich ...
... brutto im Jahr.
Allerdings sind im Bereich "Support Staff" die Gehälter breit gestreut: Sie bewegen sich zwischen 21.500 und 41.500 Euro im Jahr.
Wer nach dem Bachelor-Abschluss ...
... als Analyst in einer Unternehmensberatung einsteigt, kann mit durchschnittlich ...
... für Analysten im Jahr rechnen.
Damit verdient er im Jahr etwa 7.000 Euro mehr als ein Mitarbeiter aus dem Support Staff, der nicht beratend tätig ist.
Jung-Berater mit Masterabschluss ...
... können von einem Bruttojahresgehalt von durchschnittlich ...
... für Berater ausgehen.
Damit gehören Berater zu den Hochschulabsolventen, die überdurchschnittlich bezahlt werden.
Senior Cosultants mit einigen Jahren Berufserfahrung ...
... erhalten nur geringfügig mehr als Consultants: Das Jahreseinkommen steigt um nur 1.500 Euro und beläuft sich auf ...
... für Senior Consultants.
In der Hierarchiestufe "Manager" ...
... in der Unternehmensberatung kann man mit einem Jahresverdienst von ...
... für Manager rechnen.
Im Vergleich zum Vorjahr sind die Manager-Gehälter in der Beratung nur um zwei Prozent gestiegen.
Senior-Manager in der Beratung ...
... sind in der Regel am Umsatz ihrer eigenen Projekte beteiligt. Das Jahresgehalt beträgt im Schnitt ...
... für Senior Manager.
... erhält im Vergleich zum Manager 15.500 Euro mehr jährlich.
Partner sind die oberste Hierarchieebene in der Unternehmensberatung.
Sie verantworten einen Geschäftsbereich des Unternehmens und sind in der Regel Anteilseigner der Firma.
... erhalten Partner einer Unternehmensberatung im Jahr.
Damit verdienen sie mehr als drei mal so viel wie der Bachelor-Absolvent, der als Analst beginnt.

Für SAP-Berater kann es also lohnenswert sein, sich Kenntnisse in den neuen Technologien anzueignen und die Paradigmen von SAP HANA und Cloud kennen zu lernen. HANA und andere Cloud-basierende Lösungen werden im Markt an Bedeutung gewinnen, lautet Rahms Prognose, obwohl es nicht "das HANA/Cloud Projekt" per se und nicht "den HANA/Cloud-Berater" gebe - aber SAP-Experten mit HANA- und/oder Cloud Know-how sind gesucht. Dies bestätigen die SAP-Beratungsunternehmen. Henrik Hausen von all4cloud: "Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich früh auf diese Themen zu spezialisieren."

SAP-Berater können sich nicht mehr auf ihrem bisherigen Wissen ausruhen: "Viele SAP-Experten müssen erst wieder lernen zu lernen", fordert cbs-Berater Kötter. Der Zugang zu den etablierten Open Source-Komponenten ist einfach, weil diese an Universitäten unterrichtet werden.