Neue Kühl-Technologie: Jet-Stream im Server

13.07.2006 von Hans-Jürgen  Humbert
Mit einer innovativen Idee will Hewlett-Packard die Serverkühlung revolutionieren. Eine Anleihe aus dem Modellbau soll nun für frischen Wind in den Servern sorgen. Zum Einsatz kommt ein kleines Turbinenlaufwerk.

Mit einem innovativen Konzept will HP der zunehmenden Verlustwärme in Servern begegnen. Dabei setzen die Entwickler des Unternehmens weiterhin auf Luftkühlung, denn nur diese lässt sich kostengünstig und wartungsarm realisieren. Bislang sorgten ganze Batterien von kleinen Lüftern in den Mini-Servern für die Luftumwälzung.

Trotz aufwendiger Entwicklungsarbeit in den vergangenen Jahren konnte der Luftdurchsatz in Servern nur um fünf Prozent gesteigert werden. Für kommende Servergenerationen ist das aber viel zu wenig. Lüfter sind inzwischen zu einer Schlüsselkomponente in modernen Servern geworden. Gerade bei Blade-Servern mit den Abmessungen einer halben Pizzaschachtel kämpfen Entwickler um jedes Grad.

Der Modellbau stand Pate

Das Ziel der Entwickler von HP: einen großen Luftdurchsatz bei geringen Abmessungen zu erzielen. Ein Entwicklungsingenieur im Team von HP, begeisterter Modellflieger, hatte die zündende Idee. In den USA werden bei Modellflugzeugen viele Modelle von einem so genannten Impeller-Triebwerk angetrieben. In den USA werden diese Antriebsmaschinen EDFs (Electric Ducted Fans) genannt. Die Luftschraube ist verkürzt und dreht in einem Rohr, dem so genannten Duct. Dieses Rohr vermindert einerseits den Lärm und verhindert zudem, dass sich Wirbel an der Propellerspitze bilden.

Von außen ähnelt dieser Antrieb einem Düsentriebwerk. Dank hochdrehender Modellmotoren und einer ausgeklügelten Propellerform erzeugen die Triebwerke ordentlichen Schub, sodass diese Modellflugzeuge sogar vom Boden abheben können. Schub wird in einem Server nicht benötigt, aber der hohe Luftdurchsatz faszinierte die Entwickler. Kurzerhand besorgten sie sich ein paar Exemplare dieser Triebwerke und begannen zu experimentieren.

Laufaustritt mit bis zu 260 km/h

Das größte Problem dabei stellte nicht die Leistungsfähigkeit der Triebwerke dar, sondern ihre begrenzte Lebensdauer. In Flugmodellen arbeiten die Motoren nur wenige Minuten, gefolgt von einer recht langen Abkühlphase. In Servern dagegen müssen die Lüfter rund um Uhr laufen. Durch den Einsatz neuer Materialien, wie beispielsweise Magnesiumlegierungen aus dem Flugzeugbau, sei das den Technikern aber inzwischen gelungen.

Die Luftleistung der kleinen Mini-Jets ist beeindruckend. Ein mit maximaler Drehzahl laufender Jet liefert eine Luftaustrittsgeschwindigkeit von rund 160 Meilen pro Stunde, das sind knapp 260 Stundenkilometer. Durch diesen hohen Luftdurchsatz wird die Wärme der einzelnen Komponenten schnell "weggeblasen".

Next Generation

Bereits in der nächsten Generation seiner Blade-Server will HP unter dem Namen "Active Cool Fan" diese Technologie einsetzen. Die Motoren drehen in diesen Kühlern mit bis zu 30.000 Touren pro Minute. Messerscharf geschliffene Flügel sorgen für minimale Verwirbelungen des Luftstromes. Im Gegensatz zu den heute üblichen Kühlungen wird die Luft in den Server eingeblasen. Dadurch entsteht ein Überdruck, der Wärme über die Ritzen und Schlitze im Gehäuse nach außen befördert.

Die Lüfter sollen äußerst effizient arbeiten. Sie geben sich bei gleicher Kühlleistung bereits mit einem Drittel der Energie heutiger Lüftersysteme zufrieden. Deshalb lassen sich in Zukunft mehr Serverkomponenten auf noch engerem Raum unterbringen. Anstelle von zehn Servern will HP in Zukunft sechzehn Systeme in demselben Raum unterbringen.

Die Entwickler von HP glauben, dass diese Technologie noch lange nicht ausgereizt ist und deshalb den Bau von immer leistungsfähigeren Servern vorantreiben wird.

Hitzeproblem in Servern

Prozessoren und andere Chips werden immer kleiner - die Folge: Immer mehr von diesen Chips passen auf eine Platine. Während ein durchschnittlicher Server im Jahr 2000 rund 100 bis 150 Watt benötigte, sind es laut Angabe von HP heute etwa 400 bis 500 Watt. Jede einem Computersystem zugeführte Energie wird zu 100 Prozent in Wärme umgesetzt. Und diese Wärme muss auch wieder abgeführt werden. Während das bei einem einzeln stehenden Server sich technisch noch recht einfach realisieren lässt, wird es immer schwieriger bei den so genannten Rackservern. Von diesen Rechenboliden lassen sich bis zu 42 Stück in einem Rack stapeln. Während die oben und unten befindlichen Server noch einigermaßen gut gekühlt werden, sind die mittleren Geräte, selbst in einem klimatisierten Raum, einem enormen Hitzestress ausgesetzt.

In großen Rechenzentren, wie beispielsweise bei Google, stehen Hunderte oder Tausende Server, die Tag und Nacht laufen. Allein das Air-Conditioning verschlingt Unsummen. Ein heiß gelaufener Server stellt einfach seinen Betrieb ein oder wird langsamer und verteilt damit seine Last auf andere Rechner.

Andere Technologien

Neben der Jet-Kühlung arbeiten die Entwickler weltweit auch an anderen alternativen Lösungen. Eine Möglichkeit besteht darin, den Server mit Wasser zu kühlen. Dieses Verfahren ist aber recht aufwendig und teuer - nicht nur in der Anschaffung, sondern auch in puncto Wartung.

Weitere Möglichkeiten versprechen Peltier-Elemente, die die Wärme auf elektronischem Weg abführen. Da diese auch nicht verlustfrei arbeiten, kühlen sie zwar die entsprechende Komponente, heizen aber dafür den Server zusätzlich auf. Mit der neuen Technologie Active Cool Fan lassen sich dagegen auch künftige Servergenerationen effektiv kühlen.

Fazit

Im Bereich Serverkühlung hat sich in den letzten Jahren nicht viel getan. Zwar wurden bestehende Systeme immer weiter verbessert, aber der Luftdurchsatz eines Ventilators wurde gerade mal um fünf Prozent gesteigert - viel zu wenig für kommenden Servergenerationen.

Mit der Anleihe aus dem Modellbau beschreitet HP einen innovativen Weg, um auch künftige Hochleistungsrechner mit kühler Luft zu versorgen. (jh/cm)