Schlechte Zahlungsmoral

Neue Richtlinie gegen säumige Zahler ist misslungen

25.11.2014 von Renate Oettinger
Was früher kraft Gesetzes galt, nämlich Zahlungsverzug nach 30 Tagen, muss nun ausdrücklich mit den Kunden vereinbart werden. Arnd Lackner gibt einen Überblick über die neuen gesetzlichen Regelungen.

Gerade der Mittelstand beklagt immer wieder Liquiditätsengpässe aufgrund schlechter Zahlungsmoral von Kunden. Wenn die entsprechenden Außenstände die eigenen Verbindlichkeiten übersteigen, endet dies vor allem für kleine und mittlere Unternehmen nicht selten in der eigenen Insolvenz. Damit sollte bereits ab dem 16. März 2013 nach dem Willen der Europäischen Union Schluss sein. Ab dem 16. März 2013 griff nämlich die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, die durch das entsprechende Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vom 22. Juli 2014 auch in nationales Recht umgesetzt wurde.

Die Richtlinie zum Forderungsmanagement soll den Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr bekämpfen und die Liquidität im Mittelstand stärken. Fachleute bezweifeln, dass das gelingt.
Foto: Rene Schubert - Fotolia.com

Die neue gesetzliche Regelung ist am 29. Juli 2014 in Kraft getreten und beinhaltet für nach diesem Zeitpunkt abgeschlossene Handelsgeschäfte im Wesentlichen folgende Änderungen:

a) Lieferung von Gütern oder Erbringung von Dienstleistungen zu Gunsten öffentlicher Stellen sind innerhalb von 30 Tagen, in Ausnahmefällen innerhalb von 60 Tagen zu zahlen;

b) in der freien Wirtschaft müssen Unternehmen ihre Rechnungen innerhalb von 60 Tagen zahlen, es sei denn, es wird ausdrücklich etwas Abweichendes vertraglich vereinbart, ohne den Vertragspartner zu benachteiligen;

c) der gesetzliche Verzugszinssatz für Handelsgeschäfte zwischen Unternehmern wird von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz erhöht; der Verzugszins gegenüber Verbrauchern bleibt demgegenüber mit 5-Prozentpunkten über dem Basiszinssatz unverändert;

d) Unternehmen sind automatisch berechtigt, neben den Verzugszinsen einen pauschalen Betrag von 40,00 € als Entschädigung für Beitreibungskosten zu fordern, auch wenn es sich bei der rückständigen Forderung lediglich um eine Abschlags- oder Ratenzahlung handelt. Auf Kosten der Rechtsverfolgung ist diese Beitreibungspauschale anzurechnen.

Fazit

Die von der Richtlinie gewollte Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr ist gut gemeint, aber in der Umsetzung misslungen. Gegenüber öffentlichen Auftraggebern bleibt es grundsätzlich bei der derzeitigen gesetzlichen Zahlungsfrist von 30 Tagen ab Zugang der Rechnung, nach deren Ablauf automatisch Verzug mit den entsprechenden gesetzlichen Folgen eintritt. In der freien Wirtschaft tritt dieser Verzug nach der Neuregelung nunmehr erst nach 60 Tagen ein, eine insgesamt mittelstandsfeindliche Regelung, sofern es für die betroffenen Unternehmen schwierig werden wird, abweichende vertragliche Regelungen mit ihren Kunden zu vereinbaren.

Was bislang kraft Gesetzes galt, nämlich Zahlungsverzug nach 30 Tagen, muss also nun ausdrücklich mit den Kunden vereinbart werden. Die Neuregelung führt damit das eigentliche Ziel der Richtlinie, nämlich die Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr und damit die Steigerung der Liquidität des Mittelstandes, ad absurdum.

Weitere Infos: Arnd Lackner ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht und Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V., www.mittelstands-anwaelte.de
Kontakt: WAGNER Rechtsanwälte, Großherzog-Friedrich-Str. 40, 66111 Saarbrücken, Tel.: 0681 958282-0, E-Mail: wagner@webvocat.de, Internet: www.webvocat.de

So kommen Unternehmen schneller an ihr Geld
Inkassounternehmen als Partner an die Seite holen
Inkassounternehmen beraten Unternehmer auch schon im Vorfeld gern und kompetent. Es muss nicht erst aus einem Kunden ein Schuldner geworden sein, bevor man die Dienste eines Inkassounternehmens in Anspruch nehmen kann. Die umfassende Beratung durch ein Inkassounternehmen kann helfen, das Forderungsausfallrisiko zu verringern und/oder die Buchhaltung, das Forderungsmanagement zu optimieren.
Keinen Alleingang starten
Ist es trotz aller Mühe und Vorsicht nicht gelungen, außergerichtlich an das ausstehende Geld zu kommen, bleibt der Weg zum Gericht. Ein Alleingang kann hierbei allerdings zu kostspieligen Fehlern führen. Spätestens beim Gang durch den "Gesetzesdschungel" sollte man sich einen Fachmann an die Seite holen. Qualifizierte Ansprechpartner sind da Inkassounternehmen oder Rechtsanwälte.
Kompetente Hilfe holen
Damit der Forderungseinzug nicht zur "Schwerstarbeit" wird, sollte man sich Hilfe vom Fachmann holen. In der Regel hat der Schuldner die Kosten, die durch die Beauftragung eines Rechtsanwalts oder eines Inkassounternehmens entstehen, als Verzugsschaden zu tragen. Dass Inkassokosten grundsätzlich als Verzugsschaden vom Schuldner zu ersetzen sind, hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich herausgestellt.
Forderungen verzinsen lassen
Ab Beginn des Zahlungsverzuges können Zinsen auf die Forderung verlangt werden. Der flexible Basiszinssatz, der von der Europäischen Zentralbank in Abständen neu festgelegt wird, gilt dafür als Richtwert. Der Verbraucher hat bei Verzug einen Zinssatz von fünf Prozentpunkten über dem flexiblen Basiszinssatz zu entrichten, der von einem Unternehmer zu entrichtende Zinssatz beträgt sogar acht Prozentpunkte.
Unbedingt Mahngebühren verlangen
Bei Zahlungsverzug werden in der Regel von den Gerichten pro Mahnung 5,- Euro anerkannt. Sie dürfen mit der zweiten Mahnung erhoben werden. Ist der Kunde aber schon vor der ersten ausgehenden Mahnung in Verzug, dürfen jetzt schon Gebühren verlangt werden.
Den Kunden in Zahlungsverzug setzen
Das heißt: Der Zahlungsverzug tritt spätestens mit dem Zugang der ersten Mahnung nach Fälligkeit ein. Wenn der Schuldner Unternehmer ist, kommt er aber auf jeden Fall (lt. § 286 Abs. 3 BGB) automatisch 30 Tage nach Zugang und Fälligkeit der Rechnung in Zahlungsverzug. Zahlungsverzug ist eine Voraussetzung, um beim Kunden Ersatz für Verzugsschaden geltend machen zu können.
Sofort handeln, sobald eine Kundenrechnung fällig ist
Den Kunden sollte man in höflichem, bestimmtem, aber unmissverständlichem Ton zur Zahlung auffordern. Kaufmännisch üblich sind hierbei im Abstand von sieben bis zehn Tagen zwei bis drei schriftliche Zahlungsaufforderungen. Dabei sollte die eindeutig definierte Zahlungsfrist "Zahlung bis zum …. bei uns eingehend" Bestandteil der letzten Mahnung sein.
Lieferschein unterzeichnen lassen
Ein unterzeichneter Lieferschein sowie die schriftliche Bestätigung des Auftraggebers nach Beendigung des Auftrages, dass alle Arbeiten zu seiner Zufriedenheit erledigt wurden, gehören zwingend mit zur Vertragsdokumentation. Bedingung für die Fälligkeit der Rechnung ist gerade bei Handwerksleistungen deren "Abnahme" durch den Kunden.
Vorabversand der Rechnung per Fax oder E-Mail
Bevor die Rechnung per Post an den Kunden geschickt wird, sendet man sie ihm am sichersten auch auf elektronischem Wege zu. Sollte der Kunde nämlich ggf. behaupten, er habe keine Rechnung bekommen, ist man als Unternehmer in der Beweispflicht, dies mit Fakten zu widerlegen. Auch eine Rechnungszustellung per Einschreiben kann u. U. sinnvoll sein.
Sofortige Rechnungsstellung
Sobald die Lieferung oder Leistung erbracht wurde, sollte man dem Kunden die Rechnung mit konkretem Zahlungsziel, also einem genauen Datum wie "zahlbar bis zum xx.yy.20zz" stellen. Das vermeidet Missverständnisse und lässt keinen Raum für Interpretationen über vielleicht "branchenübliche Zahlungsziele".
Eigene Geschäftsbedingungen mit einbeziehen
Eigene Geschäftsbedingungen sind ein MUSS für jeden Unternehmer. Diese sollten unbedingt Regelungen über den normalen und verlängerten Eigentumsvorbehalt enthalten (Formulierungen, die bei späterer Kundeninsolvenz bares Geld wert sein können). Sowohl im Angebot als auch in der Auftragsbestätigung sollte der Hinweis nicht fehlen, dass die Leistung oder Lieferung auf Basis "beigefügter" Geschäftsbedingungen erbracht wird.
Alle Schritte schriftlich festhalten
Alten Zeiten, wo ein Handschlag noch galt, hinterherzutrauern ist heute leider müßig. Von der Erstellung des Angebots über die Bestellung/Auftragserteilung sowie deren Bestätigung! bis hin zur Rechnung und Mahnungen sollte alles schriftlich festgehalten werden.