Übergangsfrist bis zum 04.11.2011

Neues Muster zur Widerrufsbelehrung

01.09.2011
Welche Regelungen zum Wertansatz sich zum 4. August geändert haben, sagt Johannes Richard.
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Das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz beim Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge wurde am 26.05.2011 durch den Bundestag beschlossen. Das Gesetz wurde nach längerer Verzögerung endlich veröffentlicht und gilt seit dem 04.08.2011.

Was ändert sich?

Es wurde zum einen das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert sowie das EGBGB. Es gibt es ein neues Muster für die Widerrufsbelehrung. Wenn wir im Folgenden von der Widerrufsbelehrung sprechen, ist hiermit natürlich auch die Rückgabebelehrung gemeint, die sich ebenfalls geändert hat.

Grundsätzlich haben sich die Regelungen zum Wertersatz bei Benutzung der Ware und anschließendem Widerruf geändert.

Neu geregelt ist, dass ein Wertersatz dann zu leisten ist, wenn die Ware in einer Art und Weise genutzt wurde, die über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht. Die wirtschaftlichen Folgen hat der Gesetzgeber hierbei durchaus erkannt. Es heißt insofern in der Gesetzesbegründung:

"Soweit der Verbraucher die Ware in einer Weise nutzt, die nicht erforderlich ist, um sein Widerrufsrecht effektiv auszuüben, entspricht es daher den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben, für diese weitergehende Nutzung bzw. Abnutzung der Ware Wertersatz leisten zu müssen. Es wäre unbillig, wenn der Unternehmer diesen Nachteil tragen müsste. Denn nicht selten kann eine benutzte Sache nicht mehr als neuwertig verkauft werden und ist daher für den Unternehmer faktisch wertlos. Darüber hinaus wäre es dem Verbraucher bei einer Regelung, nach der er generell keinen Wertersatz leisten müsste, ohne weitere Konsequenzen möglich, eine Ware über mindestens zwei Wochen vollständig zu nutzen und dann wieder zurückzugeben."

Die Beweislast für eine Nutzung der Ware, die im Einzelfall über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht, liegt beim Unternehmer. Diesem kommt nach Ansicht des Gesetzgebers der Beweis des ersten Anscheins zugute: Weist die Ware deutliche bzw. erhebliche Gebrauchsspuren auf, entspricht die allgemeine Lebenserfahrung dafür, dass dies typische Folge einer intensiven Nutzung und nicht lediglich einer Prüfung ist. Erheblich sein kann aber nicht nur die Intensität der Gebrauchsspuren.

Theorie und Praxis

So weit die Theorie - in der Praxis dürfte es dem Verkäufer schwerfallen nachzuweisen, dass Schuhe bei einer Hochzeit getragen wurden oder ein Kommunionskleid einmalig genutzt wurde. Gleiches gilt auch für die Mitnahme einer Kamera in einen Urlaub, der weniger als zwei Wochen dauert.

Der Gesetzgeber vertritt ferner die Ansicht, dass eine entsprechende Prüfung bei Öffnen einer Verpackung, bei der dies nach Verkehrssitte nicht üblich ist (z. B. Hygiene-Artikel, verschweißte Medikamente) zu einer Wertersatzpflicht führt, da eine derartige Prüfung auch im Ladengeschäft nicht vorgenommen werden kann. Dies hat die Rechtsprechung bisher anders gesehen.

Übergangsregelung bis zum 04.11.2011 eingeführt

Bei der letzten sehr grundsätzlichen Änderung des Widerrufsrechtes zum 11.06.2010 hat der Gesetzgeber keine Übergangsregelung vorgesehen. Nunmehr besteht eine Übergangsregelung von drei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes. Die entsprechenden Widerrufsbelehrungen müssen somit bis spätestens zum 04.11.2011 abgeändert sein. Solange das alte Belehrungsmuster verwendet wird, gilt für den Händler natürlich auch noch die "alte" Regelung zum Wertersatz.

Konkrete Änderung der Widerrufsbelehrung

Für alle Internethändler, die eine Widerrufsbelehrung oder eine Rückgabebelehrung im Fernabsatz benutzen, geht an der Änderung der Widerrufsbelehrung kein Weg vorbei. Durch Formulierungsänderungen sowie die Änderung der Paragraphenkette in der Widerrufsbelehrung über die kann die alte Widerrufsbelehrung auf keinen Fall dauerhaft weiter verwendet werden. Ergänzend wird das Wort "auch" im Zusammenhang mit dem Hinweis aufgenommen, dass der Widerruf auch durch Rücksendung der Sache erfolgen kann. In die 40-Euro-Klausel wird das Wort "regelmäßigen" mit aufgenommen. In den Widerrufsfolgen werden die Formulierungen zum Wertersatz geändert.

Praxistipp: Vereinbarung der 40-Euro-Klausel muss das Wort "regelmäßigen" enthalten

Für die Verwendung der 40-Euro-Klausel im Rahmen der Widerrufsbelehrung ist eine gesonderte Vereinbarung notwendig. Vor dem Hintergrund, dass der Gesetzgeber das Wort "regelmäßigen" bei der Kostenerstattung mit aufgenommen hat, muss auch die entsprechende Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, jedenfalls außerhalb der Widerrufsbelehrung, angepasst werden. Das Wort "regelmäßigen" im Zusammenhang mit den Kosten der Rücksendung muss auf jeden Fall verwendet werden. Anderenfalls wird etwas anderes vereinbart als das, was der tatsächlichen Rechtslage entspricht. Bei Nutzung der Widerrufsbelehrung sollten Händler daher darauf achten, dass auch die regelmäßigen Kosten der Rücksendung gesondert vereinbart werden.

Nicht mehr aktuelle Widerrufsbelehrungen können dann abgemahnt werden

Ähnlich wie bei der letzten Änderung der Widerrufsbelehrung zum 11.06.2010 kann nach Ablauf der Übergangsfrist nach dem 04.11.2011 wieder einmal wettbewerbsrechtlich umfangreich abgemahnt werden, wenn Internethändler es verpassen, die Widerrufsbelehrung abzuändern. Wie auch bei der letzten Änderung ist für den Abmahner leicht zu erkennen, ob es sich um ein neues oder ein altes Muster handelt. Diesmal wird es jedoch entspannter zugehen, da die Übergangsfrist von drei Monaten besteht. (oe)

Der Autor Johannes Richard ist Rechtsanwalt und unter anderem auf Internetrecht spezialisiert.

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