Rechtsprechung hat sich geändert

Neues zur Ausschlussfrist in Arbeitsverträgen

23.09.2009
Wann arbeitsrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden können, sagt Dr. Christian Salzbrunn.

Zahlreiche Arbeits- und Tarifverträge enthalten sogenannte Ausschlussfristen. Solche Regelungen führen dazu, dass ein an sich bestehender Anspruch bereits vor dem Ablauf der Verjährung nicht mehr durchgesetzt werden kann. Während die Verjährung arbeitsrechtlicher Forderungen grundsätzlich erst nach drei Jahren eintritt, sind die Ausschlussfristen in der Regel erheblich kürzer bemessen. Zumeist betragen diese Fristen lediglich drei Monate. Der Hintergrund für solche Ausschlussfristen liegt in dem Bestreben, in möglichst kurzer Zeit zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages Klarheit über die bestehenden gegenseitigen Ansprüche zu erzielen.

Man unterscheidet regelmäßig zwischen einstufigen und zweistufigen Ausschlussfristen. Von einer einstufigen Ausschlussfrist spricht man, wenn die Klausel die - schriftliche - Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb einer bestimmten Frist verlangt. Eine zweistufige Ausschlussfrist sieht dagegen neben der Verpflichtung, den Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist geltend zu machen, zusätzlich die Forderung vor, dass innerhalb einer bestimmten weiteren Frist nach Ablehnung des Anspruchs oder der fehlenden Äußerung der Gegenseite der Anspruch auch gerichtlich geltend gemacht werden muss.

Bisherige Rechtsprechung

Die bisherige Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 22.02.1978, Az.: 5 AZR 805/76; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.06.2008, Az.: 11 Sa 88/08) ging davon aus, dass die zweite Stufe der Ausschlussfrist für Zahlungsansprüche nicht gewahrt wird, wenn der Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses lediglich eine Kündigungsschutzklage einlegt. Denn im Rahmen einer Kündigungsschutzklage begehrt der Arbeitnehmer in der Regel nur die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung beendet wurde.

Im Falle des Bestehens einer zweistufigen Ausschlussfrist im Arbeitsvertrag wurde es daher erforderlich, neben der reinen Kündigungsschutzklage auch noch eine Zahlungsklage auf den so genannten Annahmeverzugslohn zu erheben, um auch die nach dem Kündigungszeitpunkt entstehenden Lohnansprüche zu sichern (sofern die Gerichte zu einem späteren Zeitpunkt die Unwirksamkeit der Kündigung feststellten, wodurch das Arbeitsverhältnis über den Kündigungszeitpunkt hinaus ja noch Fortbestand hat).

Neue Rechtsprechung

Mit Urteil vom 19.03.2008 ist das Bundesarbeitsgericht von dieser bisherigen Rechtsprechung abgerückt und hat nun gegenteilig entschieden. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Bankangestellten, dessen Arbeitsvertrag aus dem Jahre 1992 in § 15 folgende zweistufige Ausschlussklausel enthielt: "Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von drei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle ihrer Ablehnung binnen einer Frist von drei Monaten einzuklagen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen".

Nachdem dem Bankangestellten mit Schreiben vom 30.06.2004 gekündigt wurde, erhob dieser innerhalb der 3 Wochenfrist eine Kündigungsschutzklage. Diese war letztlich erfolgreich, das Arbeitsverhältnis bestand mithin zwischen den Parteien fort. Aber erst im Oktober 2005 erhob der Kläger zusätzlich noch eine Zahlungsklage, mit welcher er auch noch die in der Zwischenzeit angefallenen Lohnansprüche verfolgte. Die Bank wandte hiergegen ein, dass der Angestellte die Monatsvergütungen nicht rechtzeitig außergerichtlich geltend gemacht habe und vor allem nicht rechtzeitig eine bezifferte Zahlungsklage bei Gericht eingereicht habe. Daher seien diese Vergütungsansprüche bereits verfallen.

Nach der bisherigen Rechtsprechung hätte die Bank auch Recht bekommen. Stattdessen stellte das BAG nun in Bezug auf diese üblichen Formulierungen von Ausschlussfristen in Formulararbeitsverträgen fest, dass diese von einem nicht rechtskundigen Durchschnittsarbeitnehmer nicht so verstanden werden könnten, dass nur die Erhebung einer bezifferten Zahlungsklage dem Erfordernis der zweiten Stufe der Ausschlussklausel genüge. Nach geänderter Ansicht des BAG darf diese vielmehr nun so verstanden werden, dass bereits jede gerichtliche Auseinandersetzung über die Ansprüche ausreichend ist, mithin auch die reine Erhebung einer Kündigungsschutzklage.

Möchte dagegen ein Arbeitgeber als Verwender von vorformulierten Arbeitsverträgen erreichen, dass ein Arbeitnehmer bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss eines Kündigungsschutzverfahrens - in Unkenntnis von dessen Ergebnis und unter Inkaufnahme eines weiteren Kostenrisikos - binnen bestimmter Fristen eine bezifferte Zahlungsklage erheben soll, so müsse er dies nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB im Arbeitsvertrag klar zum Ausdruck bringen (BAG, Urteil vom 19.03.2008, Az.: 5 AZR 429/07).

Wichtig ist zunächst, zu erkennen, dass diese Grundsätze nur für Ausschlussfristen in vorformulierten Arbeitsverträgen gelten. Tarifliche Ausschlussfristen fallen nicht unter diese Entscheidung. Des Weiteren kann festgehalten werden, dass Arbeitgeber durchaus die Möglichkeit haben, durch einen expliziten Hinweis im Arbeitsvertrag von den Arbeitnehmern zu verlangen, parallel zum Kündigungsschutzprozess auch die fälligen Monatsvergütungen innerhalb bestimmter Fristen einzuklagen. In Bezug auf die bislang üblichen Formulierungen von Ausschlussfristen ist dieses Urteil dagegen zu begrüßen, da es letztlich der Abschaffung einer bloßen Förmelei dient, neben der Kündigungsschutzklage allein aus dem Grunde der Fristwahrung zusätzlich noch eine bezifferte Zahlungsklage einreichen zu müssen. (oe)

Dr. Christian Salzbrunn ist Rechtsanwalt in Düsseldorf.

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