Zu wenig Emotionen

Neun Todsünden im Verkauf

21.02.2011
Was Verkäufer vermeiden müssen, wenn sie das "Herz" ihrer Kunden erreichen wollen, sagt Ingo Vogel.

Wirtschafts- und Finanzkrise, sinkende Nachfrage und Preise: Gerade jetzt erhöhen viele Unternehmen ihre Bemühungen, Neukunden zu gewinnen und Bestandskunden mehr zu verkaufen. Also wächst der Druck auf den einzelnen Verkäufer. Denn jeder versucht, ein möglichst großes Stück vom kleiner werdenden Kuchen zu erhaschen. Und wer gewinnt? Der Verkäufer mit der größten emotionalen Kompetenz.

Gerade in wirtschaftlich turbulenten Zeiten gilt: keine Emotionen, kein Umsatz. Denn erst wenn das Herz des Kunden geöffnet ist und er sich im Gespräch mit dem Verkäufer wohlfühlt, interessiert er sich für dessen Angebot.

Spitzenverkäufer wissen dies und handeln danach. Sie praktizieren, ja leben geradezu das "Emotionale Verkaufen". Sie freuen sich auf ihre Verkaufsgespräche und sind neugierig auf jeden Kunden. Sie bauen auf ihre positive, vertrauensvolle Ausstrahlung und ihr Einfühlungsvermögen. Denn sie wissen: Meine emotionale Kompetenz ist mein größter Wettbewerbsvorteil. Und sie kennen folgende Todsünden, die jedes Verkaufsgespräch zu einem Flop werden lassen, und vermeiden sie.

Todsünde 1: Mangelnde Konzentration, Lust und Leidenschaft

Der Misserfolg vieler Verkaufsgespräche ist vorprogrammiert. Warum? Der Verkäufer ist unkonzentriert und hat keine Lust auf das anstehende Gespräch und den jeweiligen Kunden. Er gibt sich negativen Gedanken und düsteren Vorahnungen hin statt sich zum Beispiel an sein erfolgreichstes Gespräch zu erinnern. Dabei würde dies seine Laune verbessern und seine Selbstmotivation steigern. Also würde er auch im Kundenkontakt mehr Zuversicht und Leidenschaft ausstrahlen.

Todsünde 2: Den Kunden aus den Augen verlieren

Ein folgenschwerer Fehler vieler Verkäufer ist: Sie sind zu sehr mit sich oder ihrer Gesprächsstrategie beschäftigt. Deshalb geht ihnen in der für den weiteren Gesprächsverlauf so wichtigen Auftaktphase der Kundengespräche, die Wahrnehmung für den Kunden, seine Stimmung und Situation verloren. Das heißt, ihnen entgehen wertvolle Informationen, die ein wirklich kundenorientiertes Gespräch erst möglich machen und ihnen helfen, den nächsten Fehler zu vermeiden.

Todsünde 3: Langweiliger Small Talk

Ein sensibles Wahrnehmen des Kunden ist auch die Voraussetzung für einen außergewöhnlich guten Small Talk. Der ist für den Beziehungs- und Vertrauensaufbau wichtig. Weil ihnen die Antennen für ihre Kunden fehlen, dreschen viele Verkäufer in dieser Gesprächsphase stereotype Phrasen, die ihre Gesprächspartner langweilen.

Anders Spitzenverkäufer! Sie nehmen ihr Gegenüber und dessen Umfeld und Befinden sensibel wahr. Und die so gewonnenen Infos nutzen sie, um den Kunden zum Beispiel auf ein gemeinsames Hobby anzusprechen. Oder die gemeinsame Situation als Eltern. So schaffen sie einen persönlichen Draht zum Kunden.

Und noch etwas praktizieren echte Profis: den "Non Talk". Sie strahlen den Kunden nach einer freundlichen Begrüßung einfach an und sagen nichts. Das ist das beste Mittel, um Kunden in Sekunden-schnelle zu signalisieren: Ich bin anders als die Anderen! Das sorgt für ein positives "Aha-Erlebnis", steigert das Interesse und die Aufmerksamkeit.

Todsünde 4: Fragetechnik statt echtes Interesse

Jeder Verkäufer hat die Sätze "Wer fragt, der führt" und "Wer fragt, der lenkt, was der Kunde denkt" schon mal gehört. Trotzdem stellen viele Verkäufer in ihren Kundengesprächen zu wenig und zu unkonkrete Fragen. Warum? Ihnen fehlt das echte Interesse am jeweiligen Gegenüber. Also haken sie nur mechanisch ihre antrainierten Routinefragen ab, um ihre Pflicht zu erfüllen. Anders ist dies bei Verkäufern, die ein echtes Interesse am Kunden haben. Ihnen purzeln die Fragen sozusagen aus dem Mund. Ihnen fallen immer wieder neue Fragen ein. Dieses echte Interesse spürt auch der Kunde. Also öffnet er sich und eine echte Kommunikation entsteht.

Todsünde 5: eine kraftlose, unemotionale Sprache

Mit jedem Wort transportieren wir Information und Emotion, und wir beeinflussen damit uns selbst und andere. Leider ist die Sprache vieler Verkäufer von langen, verschachtelten Sätzen und vagen Formulierungen geprägt. Es fehlen kundenorientierte Aussagen wie "Sie haben ...", "Sie gewinnen ...", "Sie erreichen ..." "Sie sparen...". Und so benutzen nur selten emotionalisierende Magic Words wie "wertvolle" Vorteile, "innovative" Technologie oder "traumhafte" Renditen.

Und ihre Sprechweise? Sie klingt oft alles andere als begeistert und überzeugt. Dabei gilt: Stimmt das "Wie" nicht, kauft der Kunde dem Verkäufer auch seine Worte nicht ab. Er wird misstrauisch und zögerlich. Das ist fatal für den gewünschten Abschluss!

Todsünde 6: Unflexibilität im Verhalten

Viele Verkäufer haben nur eine Gesprächsstrategie. Dabei tickt jeder Kunde anders. So legt der eine zum Beispiel wert auf viele Detailinfos. Er will genau wissen, wie das Produkt funktioniert. Dem Anderen reicht das Wichtigste. Er will primär wissen, welche Vorteile er vom Kauf hat. Berät der Verkäufer den erst genannten Kunden zu kurz oder den anderen zu ausführlich, sind Probleme vorprogrammiert. Dabei lässt sich dies durch eine so einfache Frage wie "Was möchten Sie denn über unser Angebot wissen?" vermeiden. Und der Verkäufer spart durch diese eine Frage viel Zeit. Denn den meisten Kunden reichen die wichtigsten Infos. Zu viele Details langweilen sie.

Todsünde 7: keine Teilerfolge sichern

Oft erfahren Verkäufer erst, wenn sie zum Verkaufsabschluss kommen wollen, ob der Kunde hierzu bereit ist. Das ist viel zu spät! Und es ist lästig, in diesem entscheidenden Moment noch mit Einwänden konfrontiert zu werden. Wenn dies geschieht, dann sind die Verkäufer meist selbst daran schuld. Denn jede Kaufentscheidung ist das Resultat vieler kleiner Teilentscheidungen. Und diese führen Verkäufer herbei, indem sie im Verlauf des Gesprächs immer wieder nachfragen: "Gefällt Ihnen das so?", "Wollen Sie das so?" oder "Haben Sie sich das so vorgestellt?". Durch solche Bestätigungsfragen, die den Kunden zu Teilentscheidungen veranlassen, kommen Verkäufer schneller zum gewünschten Ziel. Sie garantieren auch den "Einwandfreien Abschluss".

Todsünde 8: eindeutige Kaufsignale missachten

Verkäufer klagen oft über die Zögerlichkeit der Kunden. Dabei sehen sie häufig vor lauter Bäumen den Wald nicht. Sie sind so sehr mit sich und ihrer Gesprächsstrategie beschäftigt, dass sie die vielen sicht- und hörbaren Kaufsignale des Kunden übersehen. Ist ein Kunden interessiert, dann signalisiert er dies - zum Beispiel durch Kopfnicken, verstärkten Blickkontakt und indem er dem Verkäufer körpersprachlich entgegenkommt. Oder indem er sagt "Das klingt ja interessant" . Oder indem er durch Fragen wie "Wie ist das dann, wenn wir..." offenbart, dass er bereits mit der Zeit nach dem Kauf beschäftigt ist.

Todsünde 9: ziel- und mutlos sein beim Abschluss

Viele Verkäufer sind wie erfolglose Sprinter: Am Anfang zu stürmisch, am Ende verlassen sie Mut und Kraft. Nach einer tollen Beratung häufen sich plötzlich unverbindliche Formulierungen und Konjunktive. Dabei zählt in dieser Gesprächsphase freundliche Verbindlichkeit. Denn die meisten Menschen sind tendenziell entscheidungsschwach. Sie hoffen geradezu auf die Entschlossenheit des Verkäufers.

Zeigt er diese im Abschlussmoment nicht, ist der Kunde verunsichert. Und oft leitet er daraus sogar ab: Der Verkäufer ist ja selbst von seinem Angebot nicht überzeugt. Das stimmt häufig! Deshalb fordern viele Verkäufer die Kunden selbst zu einem Vertagen der Kaufentscheidung auf - in der Hoffnung: Dann habe ich eine bessere Chance.

Wie töricht! Warum sollte die Abschlusswahrscheinlichkeit kommende Woche oder nächsten Monat höher sein?

Übrigens: Alle genannten Todsünden haben - ebenso wie die häufige Scheu von Verkäufern, Kunden um eine Empfehlung zu bitten - etwas mit Unsicherheit sowie einem Mangel an Begeisterung, Überzeugung und Entschlossenheit zu tun. Oder allgemein formuliert: mit ihren Emotionen! (oe)

Der Autor Ingo Vogel, Esslingen, gilt als "Experte für emotionales Verkaufen". Im September erschien im Gabal Verlag sein neuestes Buch "Top Emotional Selling: Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer".

Kontakt: Tel.: 0711/7676-303, E-Mail: info@ingovogel.de