Fujitsu Siemens Computers

"Nichts ist entschieden!"

07.08.2008
Das Joint Venture Fujitsu Siemens Computers (FSC) läuft im September 2009 aus. Um auszusteigen, müssen Siemens oder Fujitsu den Kontrakt ein Jahr zuvor kündigen. Derzeit verhandeln sie - nur weiß niemand, worüber.
Welcher Wind in den Verhandlungen über FSC weht, weiß niemand.

Von Wolfgang Leierseder

"Nichts ist entschieden!" Mit diesem Satz versuchte Kuniaki Nozoe, Präsident des japanischen Computer-Anbieters Fujitsu, Spekulationen über ein Ende des Joint Ventures Fujitsu Siemens Computers (FSC) in einer Pressekonferenz in Tokio entgegenzutreten. Dass er gerade mit dieser Aussage den seit Monaten geführten Debatten um einen Ausstieg von Siemens oder Fujitsu aus dem Gemeinschaftsunternehmen den Wind aus den Segeln nehmen könnte, erscheint als unwahrscheinlich. Denn in der Vergangenheit hatten Siemens und Fujitsu viel zu oft nichts dafür getan, aufkommende Gerüchte, nahe liegende Spekulationen und ernsthaft nachdenkliche Überlegungen zu FSC zu widerlegen, zu begrenzen oder auch aufzunehmen.

So hat das "Wall Street Journal" (WSJ) vorgestern undementiert geschrieben, Siemens habe Fujitsu darüber informiert, es wolle aus dem Vertrag, der im September 2009 ausläuft, aussteigen. Das WSJ beruft sich auf Insider.

Gestern legte die Nachrichtenagentur Reuters nach. Sie meldete, Fujitsu wolle aus dem Vertrag aussteigen. Auch Reuters beruft sich auf Insider - weder Siemens noch Fujitsu dementierten. Und die gebeutelte FSC kann nicht dementieren, da sie, wie Firmensprecher Stefan Müller gegenüber ChannelPartner erklärte, "Vertragsgegenstand, nicht Verhandlungspartner" ist.

Tatsächlich erscheint die Sachlage selbst einfach. Im Jahr 1999 schlossen Siemens und Fujitsu den jetzt zu verhandelnden Vertrag, Ihm zufolge bietet das Gemeinschaftsunternehmen FSC in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA) Hard- und Software an. Das Portfolio reicht von Endkunden-PCs und Laptops über Geschäftsrechner-Rechner und Midrange-Rechner des Anbieters Sun bis hin zu Mainframes, unternehmenskritische Lösungen für Behörden, Finanzinstitute und weitere Branchen, das Betriebssystem BS 2000 und Services. Dazu brachte Siemens seine Sparte Siemens Nixdorf ein, Fujitsu sein Portfolio an Hardware und Services.

Das Gemeinschaftsunternehmen entwickelte sich zu dem größten europäischen Computer-Anbieter - mehr war ausgeschlossen, da Fujitsu unter eigenem Namen den großen Rest der Welt beliefert.

Heute beschäftigt FSC rund 10.500 Mitarbeiter, davon 6200 in Deutschland, erwirtschaftete im vergangenen Geschäftsjahr 6,6 Milliarden Euro und warf einen mageren Gewinn vor Steuern in Höhe von 105 Millionen Euro ab. FSC produziert einen guten Teil seiner Hardware in Deutschland. Einen wesentlichen Geschäftsbereich des Unternehmens bildet der Service-Arm "Infrastructure Services". In ihr arbeiten FSC zufolge etwa "4.000 Mitarbeiter in 500 Service-Centern verteilt auf 23 Ländern. Zusammen mit Partnern und Spezialisten werden 176 Länder abgedeckt." Die Abteilung steht für rund eine Milliarde Euro Umsatz; sie konkurriert mit Unternehmen wie IBM, EDS oder T-Systems um Firmenkunden.

Der Verhandlungsgegenstand FSC

Bernd Bischoff, FSC-Chef seit 2004.

Was Siemens und Fujitsu derzeit und bis spätestens Ende September verhandeln, ist, in welcher Weise FSC künftig positioniert werden soll. Es gibt mehrere Möglichkeiten: Sie reichen von der Verlängerung des Vertrages über einen Ausstieg eines Vertragspartners bis hin zur Neuausrichtung des Unternehmens in Richtung Lösungs- und Serviceanbieter für Unternehmenskunden. Keine Möglichkeit kann der Zeit ausgeschlossen werden.

So erklärte Müller, im Krisenmanagement erprobt durch seine Tätigkeiten bei dem Joint Venture Nokia Siemens und der pleite gegangenen BenQ Mobile, gegenüber ChannelPartner, Fujitsu habe gesagt, es gäbe Gespräche über eine Verlängerung, nicht über die Beendigung des Joint Ventures. In diesem Fall wäre alles klar, und Siemens, Fujitsu und FSC müssten sich nur mehr grundlegende Gedanken über die anstehende Ausrichtung machen.

Aber die entsprechende Erklärung von Fujitsu findet sich so eindeutig nicht. Dafür gibt es zum Beispiel die Aussage von Fujitsu-Chef Nozoe, für das Unternehmen, das japanischer Marktführer im Bereich Services ist, sei das Handy wesentlich, um "in Japan und in Übersee" Netz-Infrastruktur verkaufen zu können. Dem PC-Geschäft erteilte er jedoch eine mittlere Absage: "Der Wettbewerb bei PCs wird immer schwieriger." Doch er sagte auch: "Server sind für Fujitsu's Strategie wichtig."

Parallel dazu erklärte Siemens, es werde keinen Kommentar zu den laufenden Verhandlungen abgeben - was bedeutet, dass man als die letzte handfeste Äußerung von Siemens zu FSC diese Aussagen von Siemens-Chef Peter Löscher heranziehen muss:

"Auch Fujitsu Siemens ist keine Ertragsperle. Aber selbstverständlich stehen wir zu unseren Verträgen.

SZ: Dann trifft sich ja gut, dass der Vertrag mit Fujitsu 2009 ausläuft. Das Ende für FSC?

Löscher: Keine Frage, das Unternehmen muss besser werden. Und wenn das nicht gelingen sollte, müssen wir darüber reden, wie es überhaupt besser werden kann - oder ob neue strategische Überlegungen für die Zukunft angestellt werden müssen." (SZ-Interview vom 09.12.2007)

Derzeit liegt die Marge von FSC bei 0,6 Prozent, und FSC-Chef Bernd Bischoff musste gerade einräumen, dass FSC das selbst gesteckte Jahresziel von knapp sieben Milliarden Euro Umsatz und einen Gewinn von zwischen 150 bis 200 Millionen Euro kaum erreichen werde.

So folgt: Solange die beiden Vertragspartner sich nicht klar äußern, sorgen sie für Gerüchte und Spekulationen - und notwendigerweise für beträchtliche Unruhe bei Partnern, Kunden und Mitarbeitern.

Kein Wunder, dass Bischoff derzeit viel reist. Schließlich muss er viele beruhigen - auch wenn ihm das kaum gelingen wird. (wl)

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