Nortel kauft Alteon

08.03.2000

Seit zwei Jahren ist der kanadische Netzwerker Nortel auf der Suche nach einem Unternehmen, das ihm den Durchbruch im IP-Markt erlaubt. Denn obwohl die Kanadier im Juni 1998 den IP-Riesen Bay Networks für geschätzte 9,1 Milliarden Dollar schluckten, verlieren sie im boomenden IP-Markt Marktanteile - vor allem an dem Kon-kurrenten Cisco.

Mit dem Kauf des US-Anbieters Alteon für rund 7,8 Milliarden Aktiendollar hoffen sie nun, bei Internet-Providern, ASPs und anderen E-Business-Betreiber interessanter zu werden. Alteon, 1996 gegründet, bietet so genannte Web-Balancing-Switche an. Mit diesen ist es möglich, in Serverfarmen, aber auch in verteilten IP-Netzen die Kapazität von Web-Servern so zu adressieren, dass sie entsprechend dem jeweiligen Datenbedarf Rechnerleistung zur Verfügung stellen. Diese "On demand"-Fähigkeiten verhalfen Alteon im letzten Geschäftsjahr zu einem Umsatz von 109,6 Millionen Dollar; der Verlust betrug 9,7 Millionen Dollar. Laut Marktforscher Dell’Oro vereinigt die Firma rund 50 Prozent Marktanteile des weltweiten Web-Switches-Markts auf sich. Der Markt war im letzten Jahr insgesamt rund 203 Millionen Dollar schwer. 2004, so die Prognose von IDC, soll sein Gesamtwert rund vier Milliarden Dollar betragen.

Ob Alteon das schwache IP-Geschäft Nortels wirklich auf Vordermann bringen kann, bezweifeln Marktexperten. Sie bemängeln, dass Nortel, das bis zum Bay-Kauf ausschließlich als Ausrüster von TK-Netzen agierte, für den schnellen IP-Markt zu schwerfällig sei. "Nortel ist eine Bürokratie", beschwert sich ein Insider. Der mühsame Verlauf der Bay-Integration habe das gezeigt, und ebenso zeigte das der Entwickler-Exodus, der nach den Käufen von DSL-Anbieter Rapid City und "Optical-Switches"-Spezialist Optera stattfand. "CEO John Roth hat gesagt, er wolle die Firma in eine IP-Company umwandeln. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass das bisher passiert ist", urteilt Frank Dzubeck, Präsident der Washingtoner Beratungsfirma Communications Network Architects. Er billigt Nortel allein im Bereich optischer Verbindungen gute Geschäfte zu. (wl)