Umfrage

NSA-Enthüllungen schwächen Vertrauen in US-Onlinedienste

08.10.2013
Die Enthüllungen über die Internet-Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA haben das Vertrauen deutscher Nutzer in amerikanische Online-Firmen merklich geschwächt.
Foto: NSA

Der Anteil der Onliner, die Bedenken haben, ihre persönlichen Daten bei einem amerikanischen Anbieter zu speichern, sei seit dem vergangenen Jahr um 10 Prozentpunkte auf 37,30 Prozent gestiegen, ergab eine Repräsentativbefragung des Beratungsunternehmens Convios im Auftrag des "Focus".
Besonders hoch sei der Zuwachs in den Altersgruppen zwischen 30 und 49 Jahren. Dagegen seien die Vorbehalte bei Jugendlichen zwischen 14 und 19 Jahren, die bisher ohnehin gering waren, kaum höher geworden sind.

PRISM und die Cloud
Wir haben deutsche Service Provider gefragt, inwiefern sie damit rechnen, dass Unternehmen in Deutschland der Nutzung von Cloud-Diensten künftig noch zurückhaltender begegnen.
Dr. Clemens Plieth, Geschäftsführer und Director Service-Delivery bei Pironet NDH:
„Die aktuellen Enthüllungen könnten sicherlich einen Vertrauensverlust der Anwender nach sich ziehen. Dennoch denken wir, dass die Anwender differenzieren: Werden die Daten über gesicherte Anbindungen eines auf B2B-Kunden spezialisierten Providers übertragen, ist dies bei Weitem sicherer als beispielsweise eine Datenübermittlung über das öffentliche Netz an andere Firmenstandorte oder Kunden.“
Thomas Wittbecker, geschäftsführender Gesellschafter der ADACOR Hosting GmbH:
„Wenn ein amerikanisches Unternehmen verpflichtet ist, Daten an die NSA zu liefern, ist es unerheblich, ob eine klassische oder Cloud-Infrastruktur genutzt wird. Da anscheinend der gesamte Internet-Traffic an den Knotenpunkten mitgeschnitten wird, ist es sogar egal, ob man die Infrastruktur selber im eigenen Rechenzentrum betreibt oder sie ausgelagert hat. Unverschlüsselte Kommunikation wird abgefangen. “
Petra-Maria Grohs, Vice President Sales & Marketing bei ProfitBricks GmbH:
„Wir erwarten, dass Unternehmen aus Deutschland künftig noch genauer darauf schauen, ob Cloud Provider mit Ihren Angeboten nachweisbar die deutschen Datenschutzgesetze einhalten. Das ist immer garantiert der Fall, wenn das physikalische Hosting in einem deutschen, zertifizierten Rechenzentrum stattfindet und der Betreiber eine deutsche Firma ist. Initiativen wie Internet made in Germany oder Cloud Services made in Germany weisen in die richtige Richtung.“
Murat Ekinci, Executive Vice President Operations, Freudenberg IT:
„Mit Sicherheit werden Unternehmen in der nächsten Zeit gezielter danach fragen, wie sie ihre Daten vor unbefugten Zugriffen auch durch Behörden oder Geheimdienste abschotten können. Somit ist bei Cloud Computing-Projekten noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, gerade bei mittelständischen Fertigungsbetrieben, die um den Schutz ihrer Daten besorgt sind.“
Joachim Opper, Leiter Cloud-Services, Concat AG:
„Kunden und Interessenten hören so aufmerksam zu, wie noch nie, weil der Bedarf an sicheren Cloud-Lösungen da ist. Mit seinem starken Datenschutzgesetz hat Deutschland jetzt die Chance, für sichere Cloud-Lösungen eine Rolle einzunehmen, wie die Schweiz sie einst für Banken hatte.“
Donald Badoux, Managing Director Savvis Germany:
„Erfahrene IT-Manager in den Unternehmen haben schon immer die richtigen Fragen gestellt. Sie haben die jetzige Diskussion nicht gebraucht, um für Compliance- und Security-Themen sensibilisiert zu werden.“

Die größten Vorbehalte hegen die deutschen Internet-Nutzer der Umfrage zufolge weiterhin gegenüber Facebook. 80 Prozent der Onliner sprachen von Bedenken, ihre persönlichen Daten in dem sozialen Netzwerk zu speichern. Der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr sei aber sehr gering ausgefallen - ebenso wie die Konsequenz: Nur 2,4 Prozent gaben an, das Netzwerk nach dem NSA-Abhörskandal nicht mehr zu nutzen. Weitere 29 Prozent haben ihre Nutzung nach eigenen Angaben aber eingeschränkt. (dpa/rb)