Gamestar

Nvidias Geforce 3D Vision im Test

27.02.2009
Nvidias Geforce 3D Vision lässt 3D-Spiele aus der Zweidimensionalität normaler TFTs ausbrechen - wir erklären, wie die 3D-Brille funktioniert und ob das Spielen damit Spaß macht.

Nvidias Geforce 3D Vision lässt 3D-Spiele aus der Zweidimensionalität normaler TFTs ausbrechen - wir erklären, wie die 3D-Brille funktioniert und ob das Spielen damit Spaß macht.

Eine Mini-Leia spricht aus dem Droiden R2D2; Gefechte werden auf dem Holo-Deck einstudiert: Dreidimensionale Projektionen sind in Star Wars oder Star Trek eher alltäglich denn eine Besonderheit. In der Spiele-Realität kämpfen wir uns noch immer durch 3D-Welten auf flachen Bildschirmen.

Zwar entsteht auch auf Standard-Monitoren ein Tiefeneindruck, aber das Objekte aus dem Monitor herausragen oder wir uns instinktiv ducken, weil ein Speer auf uns zufliegt - Fehlanzeige.

Mit der 3D-Brille Geforce 3D Vision will Nvidia modernen Spielen beim Ausbruch aus den Monitoren helfen. Und das dank 120-Hz-Technologie im Gegensatz zu den 3D-Shutter-Briller der Riva-TNT-Ära auch flimmerfrei.

Was brauche ich?

Neben dem etwa 150 bis 200 Euro teuren Geforce 3D Vision-Kit inklusive einer Shutter-Brille und einem Infrarot-Empfänger mit USB-Anschluss brauchen Sie mindestens eine Geforce-8-Grafikkarte und einen 120-Hz-fähigen Monitor.

Im Vergleich zu normalen TFTs mit einer Bildfrequenz von 60 Hz verlangen die Hersteller für 120-Hz-TFTs einen deutlichen Aufpreis. Kostet zum Beispiel der Samsung Syncmaster 2233BW etwa 170 Euro, müssen Sie für den 120-Hz-fähigen Syncmaster 2233RZ (360 Euro) fast 200 Euro mehr auf den Tisch legen.

Alternativ arbeitet die Technik auch mit 120-Hz-fähigen DLP-Projektoren und klassischen Röhrenmonitoren zusammen.

Wie funktioniert es?

Damit Figuren und Objekte außerhalb des Monitors erscheinen, muss unser Gehirn überlistet werden -- genau dafür sorgt die »Shutter-Brille« im Vision 3D-Pack zusammen mit dem Geforce-Treiber.

Dazu klont der Treiber das Bild und stellt es verschoben dar. Ohne die Brille sehen Sie also doppelt und dementsprechend unscharf. Damit der gewünschte 3D-Effekt eintritt, brauchen Sie die Shutter-Brille und den Infrarot-Empfänger.

Vereinfacht gesagt, sorgt die Brille dafür, dass Sie nur jeweils auf einem Auge das Monitor-Bild sehen. Während Sie also zum Beispiel auf dem linken Auge das Bild erkennen können, sehen Sie durch das verdunkelte rechte Brillenglas nichts.

Nach ein paar Millisekunden ändert sich der Status und das linke Glas bleibt dunkel, Sie sehen durch das rechte Auge. In der Praxis merken Sie dieses Umschalten aber nicht, denn beide Gläser können Ihren Zustand bis zu 60 Mal pro Sekunde ändern, was für den Eindruck einer flüssigen Bewegung genügt.

Der Infrarot-Empfänger sorgt dabei für ein synchrones Umschalten der Brille, denn die Frequenz muss immer zur aktuellen Bildwiederholrate des Spiels passen.

Das Gehirn denkt schließlich, es sieht das Bild aus zwei Blickwinkeln, einmal mit dem linken und einmal mit dem rechten Auge. Beide Bilder setzt es nun zu einem zusammen und so entsteht der Eindruck räumlicher Tiefe. Nvidia nennt diese Technik »Stereoscopic 3D«.

Wie beschrieben, sehen Sie das Bild abwechselnd mit dem linken und rechten Auge, die Bildwiederholfrequenz wird also halbiert. Bei einem herkömmlichen TFT mit 60 Hz würde jedes Auge also nur 30 Hertz wahrnehmen. Resultat:

Das Bild flimmert und Kopfschmerzen sind die Folge. Um diesen Effekt zu umgehen und flimmerfreie 60 Hz pro Auge zu erreichen, brauchen Sie also einen Monitor mit 120 Hertz.

Installation

In der Theorie hört sich das alles ziemlich kompliziert an, ist es aber nicht. Die Installation geht recht flott von der Hand: Treiber installieren, Infrarot-Empfänger anschließen, Brille einschalten und den Anweisungen des Einrichtungs-Assistenten folgen.

Da bei jedem Menschen die Augen unterschiedlich weit auseinander sitzen, können Sie den Grad der Bild-Verschiebung einfach per Drehregler am Infrarot-Empfänger einstellen.

Um den 3D-Effekt in Spielen zu testen, können Sie »Stereoscopic 3D« im Treiber per Tastenkombination **Strg** + **T** ein- und ausschalten. Wenn Sie auch die Tiefenwirkung verändern wollen, klappt das mit den Kürzeln **Strg** + **F3** und **Strg** + **F4**.

Im linken Bügel der Brille sitzt ein eingebauter Akku, der vollaufgeladen für etwa 40 Stunden Betrieb ausreicht. Geht der Brille der Saft aus, laden Sie den Akku mit dem mitgelieferten Mini-USB-Kabel wieder auf.

Spiele und Benchmarks

Nvidia führt über 300 Spiele an, die von Geforce 3D Vision unterstützt werden, darunter so ziemlich jeder namhafte Titel der letzten zwei Jahre. Ob Crysis , Far Cry 2, World of Warcraft, Fallout 3, Age of Empires 3 oder Assassins Creed , alle unterstützen die Brille problemlos.

Bei jedem Spiel blendet die Nvidia-Software unten rechts ein kleines Menü mit Tipps ein. So sollten Sie zum Beispiel in Far Cry 2 die »Post Effekte« auf niedrig und die Schatten auf mittlere Detailstufe setzen sowie »Bloom« komplett deaktivieren.

Die 3D-Effekte unterscheiden sich von Titel zu Titel teils deutlich. Far Cry 2 überzeugt vor allem mit geradezu beängstigend plastischen Waffen, in Left 4 Dead wirken hingegen die unterstützenden Kameraden derart dreidimensional, als wollten Sie uns auch vor dem PC zur Seite stehen.

Das grafisch schon leicht angestaubte World of Warcraft profitiert stark von den Tiefen-Effekten des Stereoscopic 3D. Bäume scheinen teils aus dem Monitor zu ragen und die Herzen des Valentinstages schweben aus dem Spiel.

So beeindruckend die Effekte auch teils wirken, nicht alle Spiele profitieren von der neuen Technik. In den meisten Titeln wirkt die Bedienoberfläche aufgesetzt, da sie im Gegensatz zum normalen Spiel meist keine 3D-Modell ist.

In Racedriver Grid können Sie das Standard-HUD noch komplett abschalten und stattdessen im realistischen Cockpit rasen, doch der Codemaster-Titel ist die Ausnahme. So verhageln in Team Fortress 2 oder Fallout 3 viele Texteinblendungen und ein starre Bedienoberfläche die Räumlichkeit.

Weiteres Manko der Geforce 3D Vision: Die Grafikleistung halbiert sich nahezu. Während Far Cry 2 in 1680x1050 auf unserem Testsystem mit Core 2 Quad QX6850 mit 3,0 GHz, 4,0 GByte RAM und einer Geforce GTX 280 im Schnitt mit 98,7 Bildern pro Sekunde läuft, sind es im Stereoscopic-3D-Modus nur noch 48,7 fps.

In Call of Duty 4 bricht die Framerate in 1680x1050 von 101,1 auf 48,9 fps ein (1680x1050, maximale Details, 4xAA / 8xAF).ProblemeAuch abseits der fast halbierten Spieleleistung und der nicht immer optimalen Unterstützung kämpft Geforce 3D Vision mit Problemen.

Durch das regelmäßige An- und Ausknipsen der Brillengläser wirkt das Spiele-Bild deutlich dunkler als ohne 3D-Effekt, da hilft nur eine höhere Bildschirmhelligkeit. Künstliche Lichtquellen in der näheren Umgebung können Störungen hervor rufen. Unsere Bürolampen brachten die Shutter-Brille regelmäßig zum Flimmern, einzige hilfreiche Maßnahme: Licht Aus!

Zudem klagten mehrere Tester in der Redaktion über Kopfschmerzen oder leichten Schwindel (siehe Meinungskästen). Überhaupt sind die Meinungen der Tester sehr unterschiedlich. Während einige überhaupt keine Probleme mit der etwas klobigen und unbequemen Brille hatten, störten sich andere an dem hohen Gewicht und den drückenden Bügeln.

Was bringt die Zukunft?

Eigentlich ist Nvidias Geforce 3D Vision ein tolles Produkt. Mit etwa 150 bis 200 Euro kostet es keine Unsummen, funktioniert dank der Treiber-Einbindung mit nahezu jedem 3D-Spiel und Installation sowie Betrieb sind unkompliziert.

Wäre da nur nicht die Voraussetzung eines teuren 120-Hz-Monitors. Im Heimkino-Bereich sind 100-Hz-Fernseher nichts Besonderes mehr, bis der Trend der hochfrequenten Flachbildschirme den PC-Markt aufrollt, wird es aber noch eine Weile dauern.

Erst dann könnte sich Nvidias Technik flächendeckend und ohne allzu große Kosten durchsetzen. Wir sind gespannt, ob es Nvidia mit Stereoscopic 3D endlich gelingt Spiele, in die dritte Dimension zu führen - auch wenn wir weiterhin auf coole Leia-Hologramme verzichten müssen.

Fazit

Ungewohnt, aber gut! Es gibt Tage, da macht die Arbeit noch mehr Spaß als sonst. Zum Beispiel weil sich Dutzende Redakteure vor dem eigenen Schreibtisch versammeln um auch mal die 3D-Brille von Nvidia auszuprobieren wollen.

Während einige über unscharfe Darstellung, Kopfschmerzen oder drückende Bügel motzten, hatte ich überhaupt keine Probleme mit der neuen Technik, im Gegenteil.

Nach kurzer Eingewöhnung wollte ich WoW nur noch in 3D spielen. Bislang nerven mich nur die oft zweidimensionalen HUDs in Spielen, das Hin- und Her-Fokussieren der Augen strengt das Gehirn zu sehr an. Ich hoffe, dass sich die Technik durchsetzt, kann aber nur gelingen, wenn die 120-Hz-Monitoren und auch die Brille selbst günstiger werden. (Hendrik Weins hendrik@gamestar.de)

Flimmerkasten

Ich erinnere mich noch gut daran, wie meiner einstigen Riva-TNT2-Karte eine 3D-Brille beilag. Seitdem sind zehn Jahre vergangen -- zehn Jahre, in denen sich technisch eine Menge getan hat. Im Gegensatz zu damals sitzen Nvidias Vision-Gläser gut auf der Nase, der Treiber lässt sich komfortabel konfigurieren, und der 3D-Effekt erzeugt vor allem in Rennspielen und Shootern ein tolles Mittendrin-Gefühl. Aber wie schon 1999 kann ich -- anders als der Kollege Hendrik -- nicht länger als eine halbe Stunde auf die flimmernden Bilder gucken, ohne Kopfschmerzen zu bekommen. Angesichts des recht hohen Preises sollten Sie also erstmal Probe schauen. (Daniel Matschijewsky danielm@gamestar.de)