Verkaufen mit Emotionen

Ohne Tradition keine Umsätze

22.06.2009
Wie Reseller ihrem Unternehmen ein "Gesicht" geben können, beschreibt Gerald Hahn.

Traditionen sind beständig. Sie sind regelmäßig, konstant, planbar und vorhersehbar. Eine Tradition ist oft das greifbare Sinnbild einer Lebenseinstellung - und sie ist immer mit Emotionen verbunden. Ohne Emotionen lassen sich Traditionen nicht beibehalten und pflegen. Doch was hat Tradition mit einem modernen Reseller-Unternehmen zu tun?

Tradition stammt von den lateinischen Begriffen "tradere" bzw. "traditio" und bezeichnet die Weitergabe von Wissen, Handlungsmustern oder Überzeugungen - und funktioniert so auch als Basis der Corporate Identity (CI). Wird erreicht, dass auf verständliche Weise die Mitarbeiter den Charakter des Unternehmens begreifen, können sie auch im Arbeitsalltag danach handeln. Traditionen binden Menschen zudem emotional. Der Aufbau und die Pflege von Unternehmenstraditionen fördert daher auch die Mitarbeiterbindung.

Emotionen prägen die Unternehmenspersönlichkeit und das Selbstverständnis des Unternehmens. Corporate Identity ist aber nur dann glaubwürdig, wenn sie der Unternehmensführung vorgelebt und von den Mitarbeitern zu den Kunden und in den Markt getragen wird. Sie basiert auf der ursprünglichen Idee, den Zielen, Träumen und Vorstellungen der Gründer und der Inhaber. Deshalb darf CI auch nicht nur auf das Corporate Design reduziert oder ausschließlich als Thema der Unternehmenskommunikation oder der Marketing-Abteilung gesehen werden.

Verkaufsargument Emotion

Warum hat sich Porsche den Forderungen des Kapitalmarktes nicht gebeugt und seine Zahlen quartalsweise veröffentlicht - und dafür sogar den Ausschluss aus dem MDAX hingenommen? Porsche verkauft ausschließlich über Emotionen. Ein Porsche ist Emotion und wer einen fährt, tut dies aus Leidenschaft. Diese Emotion geht auch von den Mitarbeitern aus. Befragt man Porsche-Mitarbeiter nach ihrem Arbeitgeber, trifft man überwiegend auf Menschen, die unglaublich stolz sind, für das Unternehmen zu arbeiten. Die meisten können vielleicht nicht das theoretische Kapitalmarktziel nennen. Sie werden aber sehr wohl in der Lage sein, die Emotion, die hinter dem Unternehmen steht, zu vermitteln. Das überzeugt sowohl Kunden als auch Aktionäre. Bei Unternehmen wie diesem zählt weit mehr als bloße Zahlen. Zahlen sind wichtig, aber nicht alles.

Häufig genügen schon wenig aufwändige Ansätze, um Unternehmenstraditionen im Arbeitsalltag einzuführen - und somit die emotionale Bindung zu stärken. Nachfolgend zwei Beispiele:

- Der Geschäftsführer oder Vorstand geht regelmäßig durch die Abteilungen, begrüßt die Mitarbeiter persönlich und wechselt ein paar Worte mit ihnen. Klingt zunächst banal, doch in der Praxis zeigt sich, dass Mitarbeiter diese Geste sehr schätzen. Der Effekt ist, dass dieser persönliche Kontakt auch gegenüber Kollegen, Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten praktiziert wird.

- Ein weiteres Beispiel ist das Einbinden der Familie des Mitarbeiters, etwa im Rahmen der Weihnachtsfeier, des Sommerfestes oder bei ähnlichen Anlässen. Werden auch die Familienmitglieder eingeladen, so zeigt das dem Mitarbeiter, dass nicht nur seine Arbeitskraft von Interesse ist. Auch er als Person und natürlich seine Familie, für die er in der Regel auch arbeitet, werden wichtig genommen. Darüber hinaus lernen die Familienmitglieder die Kollegen und Vorgesetzen sowie deren Familien kennen. Auf diesem Weg füllen sich die bisher anonymen, gesichtslosen Episoden mit Persönlichkeiten, mit denen wiederum Gesichter, Gefühle, Gespräche und Meinungen verbunden werden. So wächst nicht nur die soziale Bindung an das Unternehmen, sondern auch das Verständnis für eventuelle Überstunden oder Wochenend-Einsätze seitens der Familie.

Natürlich sind diese Maßnahmen rein exemplarisch und sie funktionieren nur dann, wenn sie auch zu den Unternehmenszielen passen. Diese gilt es im Vorfeld genau zu analysieren.

Erfolgsfaktor im Vertrieb: die Begeisterung weitergeben

Wahre Verkäufer verkaufen eigentlich nicht - sie sind Überzeugungstäter. Ein guter Vertriebsmitarbeiter handelt aus seiner eigenen tiefen Überzeugung heraus - die natürlich auch rational begründet sein darf. Doch ein Sales-Mitarbeiter soll so sehr von seinem Produkt, seiner Leistung und seiner Firma überzeugt sein, dass er nicht verkauft, sondern andere Menschen "mitreißt". Diese Begeisterung verleiht ihm, und somit dem Unternehmen, Glaubwürdigkeit. Denn die große Herausforderung im Kundenkontakt lautet, persönliche Kontakte aufzubauen und so dem Reseller-Unternehmen - auch ohne eigene Produkte - ein Gesicht zu geben. Das gelingt nur mit echten Emotionen. Diese zu fördern, ist Ziel der Traditionen.

Verkaufen mit Emotionen heißt aber auch, wirkliches Interesse am angebotenen Produkt zu haben. Auch hier können Unternehmen ansetzen. Denn dieses Interesse hängt nicht vom Gehalt ab. Vielmehr zählt hier, wie sehr das Unternehmen die eigenen Mitarbeiter begeistern und einbinden kann - etwa mit den oben genannten Maßnahmen. Denn ein typischer Vertriebscharakter braucht ganz besonders die persönliche Bestätigung.

Drei wichtige Dinge braucht eine Vertriebsmannschaft, die erfolgreich sein will:

- Absolut überzeugt sein vom Produkt / der Leistung

- Persönlicher Einsatz bzw. Ausprobieren des Produkts / der Leistung aus reiner Überzeugung

- Umfassendes Wissen über das Produkt - aus eigenem Interesse angeeignet

Fazit: Tradition ist nicht out

Auch wenn der Begriff Tradition lange Zeit als altmodisch galt - die meisten Menschen sehnen sich noch immer nach dem, was Tradition ausmacht: Beständigkeit, Regelmäßigkeit, Konstanz, Planbarkeit, Selbstbestätigung, Zusammengehörigkeit und Zugehörigkeit. All diese Begriffe stehen für ein Urbedürfnis: Sicherheit. Und genau das bietet Tradition.

Dass dieses Bedürfnis in unserer globalisierten Welt heute extrem ausgeprägt ist, zeigt sich unter anderem daran, dass immer mehr Menschen lokale Traditionen annehmen, etwa die Tracht beim Münchner Oktoberfest. Für die Unternehmen heißt das: Bietet man den Mitarbeitern mit unternehmenseigenen Traditionen die Möglichkeit, das Bedürfnis nach Verbundenheit zu erfüllen, werden aus Angestellten Verfechter und Mitstreiter, Weggefährten und Missionare des Unternehmens. In der Regel rechnet sich der Aufwand für die Umsetzung schnell. Denn motivierte und überzeugte Mitarbeiter leisten überdurchschnittlich - und das schlägt sich auf den Unternehmenserfolg nieder. (oe)

Der Autor Gerald Hahn ist Spezialist für Vertrieb, Marketing und Business Development und Gesamtverantwortlicher für Deutschland beim Sicherheitsspezialisten AVG.

Kontakt:

Gerald Hahn, München, Tel.: 0172 8607990, E-Mail: gerald.hahn@googlemail.com