Test

Passiv gekühlte Grafikkarten

10.06.2008 von Christian Helmiss
Passive Grafikkarten besitzen meist große Kühlkörper und kommen ohne eigenen Lüfter aus. Damit eignen sie sich für leise PCs. Wie schnell aktuelle Modelle sind, erfahren Sie in diesem Testbericht.

Passive Grafikkarten besitzen meist große Kühlkörper und kommen ohne eigenen Lüfter aus. Damit eignen sie sich für leise PCs. Wie schnell aktuelle Modelle sind, erfahren Sie in diesem Testbericht.

Von Christian Helmiss, PC-Welt

Testbericht

Psst! Leise! Hören Sie was? Passive Grafikkarten in der Regel nicht. Außer einem leisen und kaum wahrnehmbaren Surrend der Spulen, die zur eigenen Spannungsversorgung gehören, sind diese Modelle nämlich völlig lautlos. Das liegt daran, dass sie ohne Lüfter auskommen. Aber warum benötigen manche Karten einen Propeller und andere nicht? Das liegt einerseits daran, dass bei passiven Grafikkarten oft ein schwächerer Chip werkelt und andererseits, dass größere Kühlkörper verbaut werden.

Egal wie: Die Verlustleistung muss weg!
Jeder Transistor erzeugt Wärme. Die muss er an seine Umgebung abgeben können, sonst überhitzt er sich und hört auf korrekt zu funktionieren. Im Extremfall kann er sich dabei sogar zerstören. In modernen Grafikkartenchips werkeln zig Millionen dieser winzigen Transistoren, die bei der Arbeit eine Menge Wärme produzieren. Zwar werden die Fertigungstechniken immer besser, die Transistoren und die elektrischen Leitungen immer feiner und produzieren so immer weniger Abwärme. Jedoch genügt der Wärmeaustausch zwischen der wenigen Quadratzentimeter großen Chipoberfläche und der Umgebung nicht, um eine Überhitzung des Chips zu verhindern. Deswegen setzen die Kartenhersteller den Grafikchips Kühlkörper auf und verbinden sie thermisch durch eine dünne Schicht Wärmeleitpaste. So strömt die Hitze des Grafikchips in den Kühlkörper. Er besitzt eine größere Oberfläche als der Grafikchip und kann deshalb die Hitze deutlich besser an seine Umgebung weitergeben.

Entweder großer Kühler oder Lüfter
Je größer ein Kühlkörper ist, desto größer ist auch seine Oberfläche. Und je größer diese ist, desto weniger Luft muss daran vorbeiströmen, um genügend Hitze an die Luft abgeben zu können - im Idealfall kommt die Karte dann sogar ganz ohne eigenen Lüfter aus. Um die Oberfläche der Kühlkörper zu maximieren - ohne dabei die Kühler an sich zu vergrößern - gibt es mehrere Techniken. Einige Modelle besitzen gleich mehrere große, futuristisch geformte und gefaltete Alu- oder Kupferkühlkörper mit oder ohne Lammellen. Manchmal sind diese nicht nur auf der Vorderseite sondern auch auf der Rückseite der Karte montiert. Thermisch mit dem Grafikchip verbunden werden die verschiedenen Kühler dann über Heatpipes. Das sind kleine Wärmetauscher: Röhren, die mit einer Flüssigkeit gefüllt sind, die die Hitze des heißen Grafikchips aufnimmt und dadurch verdampft. Am etwas kühleren Kühlkörper kondensiert das Gas und gibt damit die Hitze ab.

Paradox: Auch passive Grafikkarten brauchen Lüfter
Egal wie viele Kühlkörper und Heatpipes eine Grafikkarte hat, sie braucht in jedem Fall einen Lüfter. Warum? Weil sonst kein Luftstrom im PC vorhanden wäre. Dann könnte die passive Grafikkarte nur so lange Hitze in den PC geben, bis es darin ebenso heiß wie am Grafikchip ist. Das geht bis etwa 70 Grad gut. Denn was dem Grafikchip noch nichts ausmacht, kann der CPU, der Festplatte und den optischen Laufwerken schon viel zu heiß sein. Glücklicherweise zieht fast jedes Netzteil Luft aus dem PC und kühlt damit seine Komponenten. Die erhitzte Luft bläst es hinten oben aus dem PC heraus. Bei ganz leistungsschwachen Grafikchips kann dies schon genügen, um den PC zumindest in normal temperierten Zimmern beim Laufen zu halten. Das gilt beispielsweie für Grafikkarten mit AMD-ATI-Radeon-Chips der 2000er-Serie und Nvidia-GPUs der 8400er- und 8600er-Reihe. Passive Grafikkarten die auf Grafikchips der Mittelklasse basieren - AMDs 3000er- sowie Nvidias-8800er- und 9000er-Chips - sollten nur in PCs eingebaut werden, die von einem Gehäuselüfter mit Frischluft versorgt werden. Praktisch in jedem PC-Gehäuse ist dafür vorne unten ein Plätzchen frei. Den Vorteil eines flüsterleisen PC verlieren Sie dadurch nicht, denn es gibt schon nahezu lautlose 120-Millimeter-Lüfter wie etwa den sehr leisen Noctua NF-S12-800 für 19 Euro (5 - 8 dB) oder den zumindest kaum hörbaren Arctic-Cooling AF12025 PWM für 4,50 Euro (11 - 25 dB).

Je nach Grafikchip: So schnell sind passive Grafikkarten
Der Grafikchip entscheidet, wie schnell eine Grafikkarte ist. Die PC-Welt hat im Testcenter allerlei passive Grafikkarten getestet und sagt Ihnen anhand der Tempotests, welcher Grafikchip wie viel 3D-Leistung liefert. Auf der nächsten Seite finden Sie die schnellsten Grafikkarten aus dem Testcenter.

Überblick: Die schnellsten passiven Grafikkarten

Im Testcenter jagt die PC-Welt alle Grafikkarten durch einen umfangreichen Testparcours. Einer der Testläufe ist der integrierte Loop aus dem aktuellen 3D-Titel World in Conflict - ein auf Multiplayer-Gefechte ausgelegtes Strategiespiel. Wie schnell die passiven Grafikkarten im DirectX-9-Modus bei 1.280 x 1.024 Pixel sind, ist im Diagramm ersichtlich. Und im DirectX-10-Modus hat die Test-Redaktion den anspruchsvollen 3D-Kracher "Crysis" laufen lassen - auch dise Ergebnisse sind in der Grafik aufgelistet.

Platz 1: Gigabyte Geforce 9600 GT Diese Grafikkarte besitzt von den bisher getesteten passiven Modellen die stärkste GPU. Um die starken Wärmeentwicklung abzuleiten, ist eine aufwändige Kombination mit Lamellenkühlkörpern und vier Heatpipes nötig. Die Videoleistung beim Dekodieren von HD-Videomaterial ist sehr gut, die 3D-Leistung reicht aus, um aktuelle 3D-Titel bis zur Auflösung 1.280 x 1.024 Pixel zu beschleunigen. Nur Crysis stockt schon bei 1.024 x 768 mit 20 Bildern/s - hier hilft nur eine Reduktion von der höchsten in die mittlere Bildqualität.

Platz 2: Sapphire Radeon 3850 Ultimate Diese Grafikkarte aus dem Hause Sapphire wird passiv gekühlt. Die Wärme, die AMDs neuer Mittelklasse-Chip ATI Radeon HD 3850 abgibt, gelangt ohne Lüfter ins PC-Innere. Dafür sorgt ein großer Lamellenkühlkörper, der sich auf der Kartenrückseite befindet - dort, wo der CPU-Lüfter meist für viel Luftumwälzung sorgt. Ein Gehäuselüfter sollte aber dennoch im PC-Gehäuse vorhanden sein, um für den nötigen Luftzug und den damit verbundenen Wärmeabtransport zu sorgen. Die Leistung des Chips genügte für alle aktuellen 3D-Titeln im DirectX-9-Modus.

Platz 3: Gigabyte GV-NX86T512H Der große schwarze Kühlkörper sollte zwar einen eigenen, lauten Grafikkartenlüfter unnötig machen. Achten Sie jedoch darauf, dass der PC über einen großen Gehäuselüfter verfügt, sonst könnte es der Grafikkarte zu heiß werden. Ihr Treiber taktet den Chip dann zwar solange herunter, bis die Temperatur wieder im Normalbereich ist. Aber derweil könnte es den anderen Komponenten im PC schon viel zu heiß sein, denn CPU, Festplatten und optische Laufwerke sind viel temperaturempfindlicher als Grafikchips. Die Ausstattung ist großzügig. Die 3D-Leistung genügte für aktuelle 3D-Titel bis zur mittleren Bildqualität.

Platz 4: Gigabyte GV-NX85T512HP Diese Grafikkarte kommt mit einem goldfarbenem Kühlkörper. Bei diesem Modell ist es wichtig, dass in Ihrem PC ein ausreichend starker Luftstrom vorliegt, ansonsten genügt nämlich die relativ geringe Fläche des Kühlkörpers nicht. Die Kraft des Grafikchips reichte für aktuelle 3D-Titel bei niedriger Bildqualität für mindestens 1.280 x 1.024 Bildpunkte.

Platz 5: Leadtek Winfast PX8400 GS TDH Statt wie üblich zwei, bietet diese Grafikkarte nur einen DVI-Anschluss. Sie ist damit für Leute interessant, die nie mehr als ein digitales Display mit DVI-Schnittstelle anschließen wollen. Und Besitzer von analogen Monitoren wiederum sparen sich bei der Installation das Anschließen des DVI-VGA-Adapters, da auch eine der alten, analogen VGA-Buchsen vorhanden ist. Da der Grafikchip nicht viel Abwärme produziert, genügt ein kleiner passiver Kühlkörper. Die Grafikakrte ist allerdings auch nur zum Ausprobieren von aktuellen 3D-Krachern bei niedriger Bildqualität und Auflösung geeignet. HD-Filme liefen nur in Verbindung mit einer Dualcore-CPU flüssig.

Fazit & Alternativen

Fazit: Passive Grafikkarten besitzen meist einen etwas schwächeren Grafikchip. Das ist auch verständlich, weil so weniger Wärme entsteht und die Karte ohne Lüfter auskommt. Die wenigen besonders leistungsfähigen Modelle benötigen unbedingt einen PC, der mit einer guten Luftzirkulation durch einen Gehäuselüfter ausgestattet ist. Aktuelle und kommende 3D-Kracher können Sie damit zumindest bei mittleren Bildqualitätsansprüchen ruckelfrei genießen. Und fürs Dekodieren von HD-Videomaterial im Heimkino sind die meisten Grafikkarten ebenfalls gut geeignet - gerade hier legt man ja auf ruhige PC-Komponenten wert. Schließlich soll nicht die Spannung bei leisen Szenen durch einen ständig heulenden Grafikkartenlüfter gestört werden.

Alternativen: Es gibt auch Grafikkarten mit leisem Lüfter. Sie sind bei geschlossenem PC-Gehäuse kaum zu bemerken. Wie laut eine Grafikkarte im Betrieb ist, erfahren Sie in den jeweiligen Einzeltests zu den Grafikkarten.
Um einen PC leise zu bekommen, können Sie unter anderem auch Dämmatten auf die Gehäusebleche kleben. Auch lassen sich Grafikkarten mit Lüfter umbauen: In einem entsprechenden Set sind neben den Kühlern für den Grafikchip auch welche für die Speicherchips enthalten sowie allerlei Befestigungsmaterial.

(pc-welt/bb)