Praxistest: Nokia 8600 Luna

25.07.2007
Praxistest: Nokia 8600 Luna

Lieferumfang / Verarbeitung

Luxus hat bei Nokia bekanntlich bereits eine sehr lange Tradition. Denn seit 1996 mit dem Edelfunker 8110 endlich Design in die Branche kam, bringen die Finnen im regelmäßigen Takt neue 8er-Modelle in den Handel, die allesamt eines gemeinsam haben: Edle Materialien und eine Slidermechanik, die die komplette Tastatur freilegt, sobald man das Handy nach oben streckt. Das 8600 reiht sich brav in diese Philosophie ein, sodass man schon genauer hinschauen muss, um es vom ebenfalls in Schwarz erhältlichen Nokia 8800 zu unterscheiden. Hinzu kommt, dass die Designer auch beim Luna auf Edelstahl setzen, um das Innenleben mit einer angemessenen Noblesse zu verpacken. Doch es ist nicht alles Edelstahl, was glänzt. Tatsächlich verbirgt sich im geschlossenen Zustand die Tastatur unterhalb einer lichtdurchlässigen Rauchglas-Schicht. Die Macher nutzen dieses transparente Material für einen wirklich sehenswerten Effekt. In bestimmten Intervallen fängt die Tastaturbeleuchtung an zu leuchten, was der Betrachter dank des Glases mitverfolgen kann. Auf dem Tisch einer schummrigen Bar ist das 8600 dadurch mit Sicherheit der absolute Eyecatcher.

Weiteres Plus des Materials: Im Praxistest erweist es sich als sehr resistent gegenüber Kratzern - bei einem Slider-Modell, bei dem das Display stets freiliegt ein wichtiger Punkt! Bleiben wir beim Display. Der angemessen große und sehr brillante Informationslieferant (Maße: 3,4 x 4,1 cm) bietet eine QVGA-Auflösung (240 x 320 Pixel) und TrueColor-Darstellung (über 16,7 Millionen Farben), was das luxuriöse Antlitz zusätzlich unterstreicht. Ansonsten bietet das 8600 keine markanten Designmerkmale: Der Formfaktor ist schlicht-elegant gehalten und das Tastaturlayout verzichtet ebenfalls auf größere Design-Kapriolen und einem tieferen Griff in den Farbtopf. Das Gesamtbild ist somit in sich stimmig, was auch an der erwartungsgemäß exzellenten Verarbeitung liegt. So sorgt die formidable Slidermechanik für ein geradezu sinnliches Erlebnis, wenn es in die jeweilige Endstellung einrastet.

Wer die rund 869 Euro für den Edelfunker auf den Tisch legt, findet im rabenschwarzen Karton auch einige bekannte Dreingaben. Dazu gehören unter anderem eine Trageschlaufe aus Silbermetall, ein samtenes Reinigungstuch, ein Lederetui, in das man das Handy seitlich einschiebt, ein USB-Kabel sowie ein optisch schlichtes, schwarzes Headset, das via 2,5mm-Klinke mit dem Handy verbunden wird. Andere handelsübliche Kopfhörer bzw. Adapter funktionieren an dem Anschluss ebenfalls. Alles schön und gut, doch Nokia-Kenner dürften wohl am meisten über das Netzteil überrascht sein, das man mit Hilfe einer MiniUSB-Schnittstelle mit dem Handy verbindet. Erstmals in der Historie der Finnen wird ein Handy ausschließlich über diese Standardschnittstelle versorgt - ein Generationswechsel bei Nokia?

Ausstattung

"Na endlich!". So oder ähnlich dürften die Reaktionen von Ausstattungsfetischisten sein, wenn sie das Komfortpaket des 8600 überblicken. Erstmals überzeugt ein Achter-Modell nämlich nicht nur Optik, Haptik und Materialluxus, sondern auch durch ein absolut zeitgemäßes Ausstattungspaket. Dass (fast) alles im grünen Bereich ist, beweist bereits, dass das 8600 durch das bewährte Series40-Betriebssystem gemanaged wird. Features wie eine anstandslose Daten-Synchronisierung (auch via SyncML), alle gängigen Organizer-Funktionen (z.B. Weltzeituhr, Stoppuhr oder Notizzettel), Sprachwahl/Sprachsteuerung, Diktiergerät oder eine ausreichend laute Freisprecheinrichtung gehören bei Series40 standardmäßig dazu. Nutzer dürften außerdem keinerlei Probleme haben, ihre Adressen zu archivieren, denn bis zu 1000 Kontakte mit bis zu 15 Attributen lassen sich auf dem Luna verewigen - mehr braucht kein Normalsterblicher.

Bei den Datenschnittstellen hat der Nutzer die Wahl zwischen den beiden Klassikern USB und Bluetooth. Letztgenanntes präsentiert sich ebenfalls absolut zeitgemäß, denn neben dem Stereo-Profil A2DP beherrscht der Blaufunk auch das SIM Access Profile, das bei allen aktuellen Nokia Car Kits zum Einsatz kommt. Und das ist noch nicht alles: Dank der Software "Presenter" kann der Nutzer mittels der Bluetooth-Schnittstelle eine PowerPoint-Präsentation oder andere Windows-Anwendungen nach einer kleinen Installationsprozedur per 8600 höchst elegant steuern.

Auch den Multimedia-Bereich bohrt Nokia gegenüber dem 8800 auf. Vorbei sind die Zeiten von mickrigen 0,5 Megapixeln ? das 8600 schießt Fotos mit einer Auflösung von bis zu 2 Megapixeln. Die auf der Rückseite im Slider-Mechanismus integrierte Kamera liefert auch ohne eine Fotoleuchte und Autofokus dank einer guten Lichtempfindlichkeit ganz ansehnliche Schnappschüsse auf iPhone-Niveau. Ausgelaugte Farben und ein unübersehbarer Blaustich sind der kleinen Linse bzw. der einfachen Optik geschuldet. Unter dem Strich eine gehobene Durchschnittsleistung also. Da die Videokamera-Funktion nicht über 176 x 144 Pixel hinauskommt, kann dieses Feature nur als blanke Spielerei angesehen werden. Flankiert wird die Kamera durch ein Stereo-Radio, das wie gewohnt nur im Zusammenspiel mit dem Headset seinen Dienst solide verrichtet, vier mehr oder weniger unterhaltsamen Java-Games (Golf Tour, Highroller Casino, Soccer 3D, Sudoku) sowie einem Audio/Video-Player. Dessen Sound kommt über Stereo-Lautsprecher aus dem Handy und kann via 3D-Soundfeature noch verbessert werden.

Unter dem Strich scheint also nichts Wesentliches zu fehlen. Bei genauerem Hinschauen leider doch: Auch bei diesem Achter-Modell konnten sich die Designer nicht dazu durchringen, dem Schönling einen Slot für microSD-Speicherkarten zu spendieren. Besitzer müssen sich daher mit den internen 122 MB begnügen. Das ist zwar nicht gerade wenig, doch wer die Fähigkeiten des Audio/Video-Players intensiver nutzen möchte, stößt schnell an die Grenzen des Machbaren. Dass das 8600 Luna nur ein GSM-Funker ist, mag zwar mobile Datenjongleure stören, doch die haben ohnehin mit Sicherheit noch ein Smartphone im Gepäck.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Die Tastatur des 8800 ist vielen Besitzern ein Dorn im Auge, da die obere Zeile so stark am Steuertastenfeld angrenzt, dass vor allem Herren größerer Bauart so ihre Probleme haben. Das Tastaturfeld des 8600 ist zwar auch kein Spielplatz für ausgedehnte SMS-Orgien, doch den Machern gelang es, die Knöpfe ausreichend groß zu dimensionieren. Das Joypad und die vier Steuertasten lassen sich ebenfalls unfallfrei bedienen, was auch an den Wölbungen und dem guten Druckpunkt liegt. Über die Menüführung müssen wohl nicht viele Worte verloren werden. Wer mit der Struktur von Series40 vertraut ist, wird recht intuitiv durch die einzelnen Menüebenen gelotst. Die Aufteilung in insgesamt zehn Optionen ist außerdem anschaulich gelungen und dank einer Favoritenliste sowie einigen Softkeys lässt sich die Menüführung nach eigenem Gusto definieren.

Das Kapitel Akkuleistung ist beim 8800 bekanntlich eher ein düsteres. Doch auch in diesem Bereich haben die Entwickler beim 8600 einen deutlichen Schritt nach vorn gemacht. Ein Marathonläufer ist der Edelschieber zwar nicht, doch selbst bei regelmäßiger Nutzung sind immer noch Nonstop volle vier Tage drin. Kein spektakulärer Wert, doch Luxushandys lieferten in der Vergangenheit in der Regel deutlich schlechtere Werte. Metallhandys waren in der Vergangenheit auch nicht gerade als Empfangswunder bekannt. In dieser Hinsicht bleibt das 8600 der Tradition leider treu. Während im D-Frequenzband immerhin noch ein durchschnittliches Empfangsniveau erreicht wird, gibt es im E-Netz nur selten steile Empfangsbalken, was vor allem in ländlichen Gebieten zu Problemen führen dürfte. Im direkten Vergleich zum Nokia 8800 ist das Mondscheinhandy allerdings der pflichtbewusstere Funker, und für den Großstadteinsatz reicht die Empfangsleistung allemal aus! Bei der Verständigung ist ebenfalls technisches Mittelmaß angesagt. Durch ein dezentes Hintergrundrauschen und leicht gedämpfte Stimmen erreicht das 8600 beileibe kein Festnetz-Niveau. Die Sprachqualität ist unterm Strich sicherlich nicht schlecht, doch angesichts des hohen Preises und der guten Performance vieler Handys aus der E-Serie, wäre sicherlich mehr drin gewesen.

Fazit

Schick waren die Achter-Modelle ja schon immer, doch beim Nokia 8600 Luna kommt endlich auch ein Allround-Ausstattungspaket sowie eine vernünftige Handhabung und Technik dazu! Nokia gelingt erstmals der Spagat aus Luxus und Nutzwert, denn Lunas Mankos sind im Gegensatz zum 8800 verzeihbar. Dennoch: Es gibt bei künftigen Achter-Modellen immer noch sehr viel Spielraum nach oben - Stichwort "Wechselspeicher".

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