Praxistest: Samsung SGH-F490

29.10.2008

Lieferumfang / Verarbeitung

Der ungewöhnlich hohe Karton im Würfelformat verspricht viel Zubehör. Dazu gehört ein glänzender zweiter Akkudeckel, den man gegen die matt-griffige Rückseite austauschen kann. Das Handy lässt sich so schnell in einen Schimmerlook versetzen, ist dann aber auch anfälliger für Fingerabdrücke. Der dicke kurze Stylus ist ebenfalls ein Unikat. Er lässt sich in die Länge ziehen und wird per Kordel am Handy befestigt. Aber das ist noch nicht alles. Neben einer spärlichen Bedienungsanleitung findet man auch ein wenn nicht einmaliges, dann doch einzigartiges Angebot für eine Handy-Versicherung. Gegen Stoß-, Sturz-, Fall- und Bruchschäden sowie Bedienfehler kann sich der Nutzer für einen ersten Zeitraum kostenlos, dann mit Gebühren versichern. Neben den genannten Kuriositäten liegen auch Stoffetui, Ladegerät, Datenkabel, ein zweiteiliges Headset samt Anschluss für einen 3,5-Millimeter Klinkenstecker, eine 1 Gigabyte microSD-Speicherkarte samt SD-Adapter im Karton.

Mit 53,5 Millimetern ist das F490 schmaler als die meisten Touch-Handys, die Höhe von 115 Millimetern entspricht dagegen dem Standard. Dabei gelingt es Samsung, das F490 nur 11,8 Millimeter dünn zu bauen. Eine extrem gestreckte, ultrakompakte Barrenform ist die Folge. In Verbindung mit dem hochwertigen Kunstoff und dem minimalistisch-schnörkellosen Design ensteht ein überaus elegantes Handy, das seinem Lifestyle-Anspruch mehr als gerecht wird. Das F490 fällt nicht nur auf, wenn man den großen Touchscreen aktiviert, auch unbenutzt ist es ein echter Hingucker. 102 Gramm Gewicht liegen dabei längst nicht so schwer in der Tasche wie die Touch-Boliden anderer Hersteller.

Samsungs Lifestyle-Handy ist nahezu perfekt verarbeitet. Alle Spaltmaße zeigen feste Abstände und Abweichungen sind selbst bei den Ausfräsungen für Telefonielautsprecher und Kamera nicht zu erkennen. SIM und Akku lassen sich unkompliziert einlegen und entfernen. Beim Display im ungewöhnlichen 16:9-Format (240x432 Pixel) ist der koreanische Hersteller dann aber Kompromisse eingegangen. Lässt der eingeschränkte Betrachtungswinkel schon zu wünschen übrig, erschwert eine extrem spiegelnde Oberfläche das Ablesen der Anzeige bei starker Sonneneinstrahlung.

Die Probleme bei der Texteingabe, auf die man beim F490 unweigerlich stoßen wird, sind ebenfalls hausgemacht: zwar hat das F490 einen tadellosen Touch-Ziffernblock zu bieten (auf eine virtuelle QWERTZ-Tastatur hat Samsung leider verzichtet), das Texteingabefeld, sei es die Adressleiste im Browser, eine SMS, Email oder Notiz, verschwindet aber fast komplett hinter dem eingeblendeten Ziffernblock. Gerade einmal drei Zeilen werden anzeigt. Ein klarer Fall für SMS-Stenographen. Allen anderen dürfte der Anblick des riesigen virtuellen Ziffernblocks schnell Angstschauer den Rücken jagen.

Ausstattung

Fünf Megapixel als Begleitschriftzug der Kameralinse künden klar und deutlich von hoch auflösenden Fotos. Leider hat die Kamera gar nicht mehr als hohe Bildschärfe zu bieten. Die Fotos zeigen deutliche Übergänge und massives Farbrauschen. Was beim Film lange als "grobkörnig" bezeichnet wurde und künstlerischen Anspruch signalisierte, stört beim F490 massiv. Auch der Blitz bringt niemanden zum jubeln, eine simple Kerze hat mehr Leuchtkraft. Die durch die Touch-Bedienung vereinfachte Ordnernavigation und die umfassende Bildbearbeitung mit ihren Verzerrungseffekten heben den Kahn da auch nicht mehr von der Sandbank.

Der Musikplayer kann ebenfalls nicht halten, was er verspricht. Als innovative Entwicklung kennt die Fangemeinde bereits die kreuzförmige Steuerung, mit der Lautstärke und Songfortschritt mit einem Fingertipp auf den Bildschirm eingestellt werden können. Ein fehlender Equalizer und eine anstrengende Menüführung sorgen aber schnell für lange Gesichter. Das teure Highend-Handy bietet hier eindeutig zu wenig. Die Wiedergabe von Videos enttäuscht ebenfalls. Zwar bieten die hohe Displayauflösung und das spielfilmtaugliche 16:9-Format genug Platz für jegliche Art von Bewegtbildern, leider werden Videos nicht automatisch an die größtmögliche Ansicht angepasst. Meistens ist das Bild kleiner als das Display, nur das Promo-Video von Samsung passt haargenau bis in die letzte Ecke. Im Querformat ist die Darstellung oftmals verzerrt. Für Fans von Video-Podcasts also keine Empfehlung. Schade, die Menge an Formaten, die das F490 abspielt, kann sich nämlich sehen lassen.

Der Browser und die Internetperformance hinken selbst den älteren Internetboliden anderer Hersteller hinterher. Zwar sorgt die UMTS-Verbindung mit schnellem HSDPA mit 3,6 Megabit pro Sekunde für satte Downloadraten, doch nur, sobald das F490 als Modem dient, und da kann der Ausflug ins Netz auch noch schnell zu einer unerwartet hohen Handyrechnung führen. Ansätze, den vorinstallierten Browser von Access mit nützlichen Features vollzupacken, sind durchaus vorhanden, doch zu mehr als dem Aufruf von WAP-Seiten ist das Handy im Alltag nicht zu gebrauchen. Sobald man echte HTML-Seiten ansurft, muss man ewig auf den vollständigen Seitenaufbau warten. Fast scheint es, als ob sich Samsungs SGH-F490 dagegen sträuben würde, eine Verbindung mit dem Internet einzugehen. Auch von der Email-Anwendung scheint kein Anreiz auszugehen, sie auch wirklich zu nutzen. Eine Downloadbeschränkung von 300 Kilobyte und HTML-Emails, die als Text angezeigt werden, lassen den Gedanken an die ernsthafte Nutzung des Touchphones als mobiles elektronisches Postfach schnell verfliegen.

Der Kalender und die anderen Organizerfunktionen leiden an denselben Kinderkrankheiten, die wir bereits beim Qbowl bemängelten. Immerhin gelangt man schnell vom Homescreen zum Kalender und kann ihn wahlweise als Tag, Woche oder Monat anzeigen lassen. Die Begrenzung auf 100 Termine reicht allerdings kaum für ernsthafte Planungen aus, vergangene Einträge müssen da schnell gelöscht werden. Das anstrengende Scrollen macht größere Kontaktlisten unpraktikabel. Zwar existiert ein Suchfeld, dabei kann der Nutzer allerdings entweder nur den Begriff eintippen oder das Ergebnis betrachten. Der alles überdeckende Ziffernblock hindert an der direkten Interaktion. Schnell mal jemanden anrufen ist leichter gesagt, als getan.

Neben schnellem HSDPA gewährleistet das Tribandhandy F490 die telefonische Erreichbarkeit in den meisten Netzen weltweit. Auch im Nahbereich holt es sich Punkte, vor allem die Liste der unterstützten Bluetooth-Profile sucht ihresgleichen. So kann beispielsweise im Auto von der Freisprechanlage per SAP (SIM Access Profile) auf die SIM des F490 zugegriffen werden. Die interaktion mit dem PC ist einfach und gleichzeitig der vielseitig. Bild- und Tonbearbearbeitungsprogramme bieten etwa die Möglichkeit, auf die Festplatte kopierte Bilder, Videos, Aufnahmen oder Musikstücke nachträglich für den vorgesehenen Zweck aufzubereiten. Des Telefonbuch und die Termine sind nicht nur mit dem lokalen PC, sondern auch mit externen Internet-Servern synchronisierbar.

Was an Prozessorleistung im F490 steckt, reicht für die Menüführung und natürlich zum Telefonieren. Multitasking ist allerdings keine Stärke des smarten Handys, einzig die Musik kann im Hintergrund weiter spielen, wenn man etwa eine SMS schreibt. Dabei muss sich der Nutzer allerdings mitunter in Geduld üben, da das Handy dann verzögert reagiert. Der rekordverdächtig niedrige JBenchmark von 139 Punkten offenbart, dass das F490 kaum für anspruchsvollere Java-Anwendungen oder gar Spiele taugt.

Telefonfunktionen / Ausdauer

Sechs Telefonprofile passen das F490 an die aktuelle Umgebung des Telefonierenden an. Sie können auch individuell verändert werden. Aus dem Startbildschirm heraus muss sich der Nutzer zunächst mal zur Telefonfunktion durchtippen. Das Benutzer-Interface "Cross UI", aufgerufen durch drücken der seitlichen Taste über dem Kameraknopf, führt zur Auswahl der vier Hauptfunktionen des Touch-Barrens. Zum vollständigen Hauptmenü gelangt man vom Startbildschirm über den Tipp auf ein pulsierendes Quadrat in der Mitte oder über das mittlere Tastenfeld im kreuzförmigen Kurzmenü. Einmal im Telefonmodus gelandet, lässt sich die gewünschte Nummer schnell und bei angeschalteter Bestätigungsvibration auch ohne Vertipper auf dem Touch-Ziffernblock eintippen.

Praxistest: Samsung SGH-F490
Foto:

Die Sprachqualität entspricht dem Standard. Der Lautsprecher kann dabei richtig laut werden. In Sachen Verbindungsstärke kann das F490 allerdings kaum mit vergleichbaren Handys mithalten. Schon leicht erschwerte Bedingungen sorgten im Testzeitraum für Sprachaussetzer, auch die gesamte Verbindung ging sehr schnell verloren. Bis sich das F490 bequemt hat, eine Neue aufzubauen vergehen lange Sekunden. Für Städter mit guten Empfangs-Voraussetzungen dürfte es zwar wenige Probleme geben, wer aber in ländlichen Gebieten oder hinter Bleiwänden wohnt, ist mit so manchem Einsteigerhandy besser beraten. Der 1000 mAh starke Akku hat genug Leistung, um auch längere Sitzungen im Netz durchzuhalten. Da er lediglich HSDPA und kein WLAN zu versorgen hat, läuft die Batterie bei normaler Nutzung auch 4-6 Tage. Eine durchaus gute Laufzeit.

Fazit

Nach der glatten Bauchlandung mit dem Qbowl versucht Samsung mit dem F490, kleinere Brötchen zu backen. Der Anspruch kleiner - der Funktionsumfang auch, nur der Preis ist gleich geblieben. Wäre das F490 für weniger Geld zu haben, so könnte man über die schlechte Kamera, die Tastatur-Notlösung, das lahme Interneterlebnis und die placeboartigen PIM-Funktionen hinwegsehen, doch für diesen Preis bekommt man bei anderen Herstellern deutlich mehr Funktionalität. Vielleicht gibt es aber einen Grund, sich das F490 trotzdem zu zulegen: ein kompakteres Designhandy hat der Markt schon lange nicht mehr gesehen. Impuls-KäuferInnen also aufgepasst: die unaufdringliche, aber schöne Optik in Kombination mit bester Verarbeitung und dem relativ niedrigen Gewicht könnte so einige schwach werden lassen. Eine Empfehlung für lifestyle-orientierte Menschen, die ein Telefon vorwiegend zum Telefonieren nutzen.

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