Produkt-Piraten geht es an den Kragen

20.06.2002
Letzte Woche verschickte Lexmark an alle Vertragshändler ein Einschreiben in dem vor Produkt-Piraterie gewarnt wurde. Clevere Produkt-Piraten haben erkannt, dass sich mit gefälschten Verbrauchsmaterialien (Toner und Tintenpatronen) Geld machen lässt. Aber nicht nur der Handel mit Fälschungen ist strafbar, auch Grauimporte sind gesetzeswidrig.

Produkt-Piraterie ist ein großes Thema für die Industrie. Dass man nachgemachte (gefälschte) Rolex-Uhren nicht verkaufen darf, dürfte sich herumgesprochen haben. Doch nicht nur Luxusartikel sind betroffen, auch Gebrauchsgüter rücken immer mehr in den Vordergrund. Ein Beispiel dafür sind Verbrauchsmaterialien für Drucker. Die Tonerkartuschen und Tintenpatronen werden zu extrem hohen Preisen verkauft. Und jeder, der sich einen Drucker zugelegt hat, braucht irgendwann Nachschub.

Diesen Markt haben die Produkt-Piraten inzwischen entdeckt. Denn hier kann man mit wenig Aufwand schnell viel Geld machen.

Die Vorgehensweise ist einfach - man kauft verbrauchte Original-Kartuschen, zum Beispiel zum Zweck der Entsorgung, bei großen Herstellern auf und füllt sie anschließend mit importiertem Toner aus Fernost, das Kilo zu 2,5 Euro. Den Originalkarton bastelt man nach und verkauft anschließend den Toner unter dem Herstellernamen.

Für den Handel und den Endverbraucher sind diese Fälschungen kaum zu erkennen, da es sich schließlich um Original-Kartuschen handelt.

Im gesamten europäischen Wirtschaftsraum (EWR) sind die Preise für Verbrauchsmaterialien in etwa gleich. Das gilt aber nicht für Nicht-EU-Staaten. So kosten zum Beispiel Tonerkartuschen im benachbarten Polen deutlich weniger als in der EU. Obwohl es sich um Original-Verbrauchsartikel des jeweiligen Herstellers handelt, dürfen diese in Deutschland nicht verkauft werden. Aufgrund der so genannten Davidoff-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20. November 2001 ist die Einfuhr und der Verkauf solcher Güter untersagt. Danach gelten so genannte parallel importierte Güter, die ihren Ursprung außerhalb des EWRs haben und die ohne Zustimmung des Marktinhabers innerhalb des EWR in den Verkehr gebracht werden, als rechtsverletzende Waren. EU-weit kann diese Rechtsverletzung sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich verfolgt werden. Aufgrund dieses Urteils können also Unternehmen rechtlich belangt werden, die solche Waren in Umlauf bringen oder auch nur auf Lager halten. Die Ware kann außerdem sofort beschlagnahmt und vernichtet werden.

Auf diesen Umstand hat Lexmark letzte Woche seine Vertragshändler per Einschreiben hingewiesen. Der Druckerspezialist sei von den Grauimporten nach Aussage von Alf Baumann, Leiter Geschäftsbereich Zubehör Lexmark Deutschland, besonders betroffen. "Denn unsere Tonerkartuschen enthalten die doppelte Menge an Toner und sind teurer als die Konkurrenzprodukte. Für Piraten lohne sich deshalb eine Fälschung oder ein Grauimport", so Baumann gegenüber ComputerPartner. Weiterhin betont er, dass Lexmark, besonders bei Werbeaktionen des Handels ein Hauptaugenmerk auf Tiefstpreise legt. "Werden diese Tiefstpreise über längere Zeit gehalten, so schicken wir Testkäufer. Und anhand der Seriennummer ist es für uns ein Leichtes festzustellen, woher die entsprechende Kartusche kommt", erklärt Baumann. Im Falle eines Verstoßes gegen die "Davidoff-Entscheidung" behält sich das Unternehmen rechtliche Schritte vor. "Das geht hin bis zu Schadensersatzforderungen gegen den jeweiligen Händler. Den entgangenen Gewinn werden wir vor Gericht einklagen", bekräftigt Baumann.

www.lexmark.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Rechtslage ist eindeutig: Auch Grauimporte dürfen nicht in der EU verkauft werden. Und in diesen schwierigen Zeiten lassen die Unternehmen nicht mit sich reden. Vom Kavaliersdelikt ist der Verkauf von Grauimporten jedoch weit entfernt. Ob es sich wirklich lohnt, sich wegen ein paar Euro mehr Marge in die Nesseln zu setzen, sollte man gut abwägen. (jh)