70-Euro-Heimkino-Lautsprecher vs. 2300-Euro-Anlage

03.06.2005
Das neue 5.1-Lautsprecherset von Sharkoon tritt im Testcenter gegen unsere 2300 Euro teure Referenzanlage an. Was taugt das System?

Das Set gibt es für 70 Euro

Sharkoon geht mit einem Mehrkanalton-System fürs Heimkino, dem Audics 5.1., an den Start. Mutig, mutig: Sie haben uns sogar ein Testgerät geschickt, obwohl sie wissen, dass sich in der Hardware-Redaktion allerlei Hifi-Freaks befinden, die bei derartigen Systemen erst einmal die Nase rümpfen und fragen, ob man ihre Ohren beleidigen will. Meist klingen solche Brüllwürfel ja auch wie defekter Elektronikschrott aus der Mülltonne.

Testkandidat: Das Sharkoon Audics 5.1 besitzt fünf kleine Satellitenboxen und einen Subwoofer in Reservekanister-Größe. Laut Hersteller besitzt es 60 Watt Gesamtleistung. Preis: 70 Euro, ab sofort erhältlich.

Was taugt das Set? Wir stellen es unserem Referenzsystem gegenüber – es kostete rund 2300 Euro und besteht aus fünf Boxen und einem Subwoofer von Bowers & Wilkins (B&W) sowie einem Dolby-Digital-Receiver von Yamaha. Damit ließe sich auch die Kantine bei der nächsten Weihnachtsfeier zur Disco umfunktionieren (das tun wir dem Set aber voraussichtlich nicht an).

Nutzwert: Durch diesen (unfairen) Vergleich können wir Ihnen sagen, was Sie von dem Sharkoon-Set erwarten können, was damit gut geht und wo die Schwächen liegen. Das schützt Sie vor zu großen Erwartungen beziehungsweise Enttäuschungen nach dem Kauf.

Vor dem Start: Auspacken und Lieferumfang begutachten

Kleiner Karton: Wenn man an richtige Heimkinoanlagen denkt, ist man überrascht, dass das ganze Set in einen einzigen Karton passt. Es muss nicht von einer Spedition auf Europaletten geliefert werden - der Karton besitzt sogar einen Henkel.

Wir sind enttäuscht: Nach dem Auspacken stecken wir die Lautsprecherhalterungen auf die Satelliten auf und begutachten die Kabellängen. Die Kabel der vorderen drei Lautsprecher (Links, Rechts und Mitte) sind mit 1,8 Meter gerade mal lang genug für den Schreibtisch. Die Kabel für die hinteren beiden Satelliten messen viereinhalb Meter – sollen Sie die Kabel quer durch den Raum legen? Für eine dauernde Installation müssen also Verlängerungen her. Bei den geringen Leistungswerten der Satelliten würden normale Cinch-Kabelverlängerungen genügen - 5-Meter-Verlängerungen sind beispielsweise bei Conrad für fünf Euro erhältlich. Die Stereo-Kabel sind trennbar, Sie erhalten also immer 2er-Packs.

Leichtgewichte: Die Satelliten sind leicht, viel zu leicht – eine Dose Cola ist schon schwerer – ebenso der Center-Lautsprecher, der gerade mal so groß wie ein Tesafilm-Abroller ist. Wir dachten, dass voluminöser Klang ein großes, massives Gehäuse benötigt. Aber dazu später mehr.

Idiotensicher: Positiv sind uns die deutliche Beschriftung der Buchsen und der Signalkabel zum Subwoofer hin aufgefallen. Eine falsche Beschaltung kann praktisch nicht mehr vorkommen und wenn, dann ist der Fehler schnell gefunden.

Der Rivale: 70 Euro müssen sich gegen 2300 Euro behaupten

Sie finden, dass dieses Testszenario unfair ist? Ja, stimmt. Es ist nicht herstellerfreundlich, aber aussagekräftig. Denn Sie wollen ja wissen, was mit den Leichtgewichten möglich ist und was nicht. Wir gehen davon aus, dass die Mehrzahl unserer Leser mit unserem Testsystem glücklich würden (zugegeben, es ist sperrig und nicht besonders hübsch) und wissen wollen, welche Kompromisse sie für das supergünstige Modell eingehen müssen.

Im Hörtest lassen wir MP3-Playermusik, Audio- und Video-DVDs laufen. Wir suchen uns auch knackige, gut klingende Filmszenen heraus und hören sie uns abwechselnd mit dem Referenzsystem und dem Testkandidaten an.

Hörtest Musik: Ganz nett, aber ohne Mitten

Das Lautsprecherset Sharkoon Audics 5.1 bietet zwei Modi: Stereo und 5.1. Während im 5.1-Modus alle Kanäle von einem externen Decoder geliefert werden müssen, extrahiert die Technik im Subwoofer im Stereo-Betrieb aus einem Stereosignal die sechs einzelnen Kanäle – so in etwa wie es die Dolby-Surround-Technik macht. Mit Hilfe der Fernbedienung können wir den Subwoofer herunterregeln – sonst ist er zu präsent – und die einzelnen Kanallautstärken auf die Abstände der Lautsprecher zum Zuhörer hin einstellen.

Jetzt klingt die Musik angenehm, die Satellitenlautsprecher nicht wie befürchtet nach Plastik. Der Subwoofer macht selbst bei basslastigen Titeln keine Blasgeräusche, wie es bei vielen billigen Modellen mit Bassreflexrohr der Fall ist. Der Tiefbass ist gut präsent. Knackigen Kickbass gibt’s aber leider nicht, denn dafür ist der Subwoofer zu schwach beziehungsweise die Membrane nicht starr beziehungsweise flink genug.

Dass die Satelliten ob ihrer Gehäusegröße und dem -Material nicht unangenehm klingen liegt daran, dass die Mittenfrequenzen nicht über sie wiedergegeben werden – das würde das sehr leichte Plastikgehäuse über Gebühr zum Schwingen bringen. Diese unveränderliche Maßnahme hat den Nachteil, dass die Mittenfrequenzen zu schwach kommen – der Musik fehlt daher Volumen. Ungeübten Ohren macht dies aber nichts aus, da Bässe und Höhen recht gut abgestimmt sind und einem so einen runden Klang vorgaukeln.

Fazit: Nichts für Hifi-Freaks, da die Mitten fehlen. Für gelegentliches Musikhören oder als Hintergrundbeschallung aber bestens geeignet.

Tipp: Verlängern Sie die Lautsprecherkabel und stellen Sie die Satelliten weiter auseinander. Dadurch wird die Bühne breiter, die Räumlichkeit verbessert und die Musik bekommt mehr Transparenz.

DVD-Test – so klingt’s

Vorneweg erst mal, was passiert, wenn wir mit unserem Test-System DVD-Videos richtig schön laut genießen: Wenn in Jurassic Park der dicke Dino im Urwald spazieren geht, dann tun das auch die Kugelschreiber auf den Tischen im Testcenter, der PC-Tester kommt und schimpft: "Das tut den Festplatten gar nicht gut“. Und wenn in Star Wars (Episode 2 – der dunkle Schmachtfetzen) die Bombe im Meteoritenfeld platzt, dann kracht es auch im Testcenter richtig, man duckt sich und bekommt vor dem gemeinen Kopfgeldjäger richtig Respekt.

Jetzt probieren wir das mal mit dem Sharkoon Audics 5.1.: Filmmusik klingt immer gut. Nur fehlen die Mitten natürlich auch hier. Es wird jedoch nichts verzerrt, selbst bei höheren Lautstärken – das wäre ein k.o.-Kriterium. Die Lautsprecher klingen auch nicht scharf, die Ohren tun also auch bei längerem Zuhören nicht weh - dies war bei anderen Systemen öfters der Fall. Trotz fehlender Mitten kommen die Stimmen relativ voluminös, was am Subwoofer liegt, der Frequenzen bis 180 Hz wiedergibt. Das ist zwar nicht optimal, da dadurch der Brummwürfel zu orten ist – verstecken Sie ihn daher unter dem Tisch oder hinter dem Fernseher. Im Test störte dies aber nicht allzu sehr.

Fazit: Belassen Sie es bei Zimmerlautstärke, dann werden Sie mit dem Audics-5.1.-Set zufrieden sein. Sie bekommen recht guten Mehrkanalton, allerdings ohne Reserven. Wollen Sie extreme Basschläge und wild kreischende Raumschiffe um Sie herum fliegen hören, dann benötigen Sie ein deutlich teureres System.

Zusammenfassung: Pro und Contra

Was wir bemängeln:
- die Lautsprecherleitungen sind zu kurz. Fürs Wohnzimmer müssen Sie sich Verlängerungen besorgen.
- die Lautsprecher sind sehr leicht. Wir hatten gelegentlich Angst, die Boxen durch bloßes Berühren umzuwerfen und überlegten uns, dass Fenster ob kräftiger Windstöße überhaupt öffnen zu können.
- gute Stereowiedergabe ist nur in Verbindung mit einer Soundkarte möglich – in ihrem Treibermenü können Sie die so genannte 2.1-Lautsprecherkonfiguration wählen. Dabei arbeiten nur die vorderen beiden Lautsprecher und der Subwoofer.
- Musikliebhaber werden den mittleren Frequenzbereich vermissen. Stimmen und Orchester erhalten zu wenig Volumen.
- Für extreme Lautstärken (lauter als erhöhte Zimmerlautstärke) und knallige Basseinsätze fehlt dem Set die Leistung.

Was uns gut gefiel:
- Einfache Installation und Bedienung, sehr leicht und schnell aufgestellt.
- Man ist ob der Lautsprechergröße und Leistung beeindruckt, wie laut und gut das Set insgesamt klingt.
- Geringe Richtcharakteristik der Lautsprecher. Subwoofer ist, richtig aufgestellt, kaum ortbar.
- Bei Zimmerlautstärke klingt das Set sehr gut und angenehm.
- Im Hinblick auf Preis und Lautsprechergröße ist das Set absolute Spitzenklasse – es besitzt ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.