AMD fordert Intel: Turion im Test gegen Centrino

21.06.2005
Bei Notebooks war bisher Intels Centrino das Maß aller Dinge. Jetzt will AMD mit dem Mobile Turion 64 dagegenhalten. Wir haben Turion-Notebooks getestet.

Überall kann AMD dem scheinbar übermächtigen Marktführer Intel Paroli bieten: Mit dem Athlon 64 gegen den Pentium 4 im PC-Bereich, mit dem Opteron gegen den Xeon bei Workstations und Servern – nur bei Notebooks war AMD bisher nicht konkurrenzfähig: Hier ist Intels Centrino-Plattform das Maß aller Dinge.

Der neue Notebook-Prozessor Mobile Turion 64 soll dies ändern. Bereits zur CeBIT 2005 stellte AMD die Mobil-CPU vor (die PC-WELT berichtete ): Nun sind die ersten Notebooks mit Turion 64 verfügbar. In unserem Test erfahren Sie, ob sie gegen Centrino-Maschinen bestehen können.

Während Centrino für eine Plattform aus Prozessor (Pentium M), Chipsatz (855, 915) und WLAN-Modul (2100BG, 2200BG, 2915ABG) steht, verkauft AMD nur den Mobilprozessor. Chipsatz und WLAN-Komponente kommen von Firmen wie ATI und SIS oder Atheros und Broadcom.

In einigen Discounter-Notebooks ist der Turion 64 bereits aufgetaucht: Anfang Juni verkaufte Lidl das Targa Traveller 826T MT32 und auch das aktuelle „Volks“-Notebook von Fujitsu-Siemens arbeitet mit AMDs Centrino-Herausforderer. Bei Herstellern, für die vor allem der günstige Preis zählt, scheint der Turion 64 also gut anzukommen. Bedeutet günstig aber auch gut?

Testfeld

Für unseren Test haben wir zwei Turion-Notebooks aus dem Einstiegsbereich gewählt: Das Acer Aspire 5022WLMi und das Asus A6K kosten jeweils rund 1200 Euro. Als High-End-Gerät mit Turion-Prozessor tritt das Acer Ferrari 4000 für rund 2200 Euro an.

Die Turion-Gegner kommen von Toshiba, Asus und LG: Das Satellite A80-121 für rund 1100 Euro vertritt die Centrino-Einsteigerklasse mit integrierter Grafik. Als Centrino-Allround-Notebook geht das Asus M6V für rund 1900 Euro ins Rennen. AMD will den Turion 64 auch in leisen und leichten Notebooks platzieren - mit dem LG LM70 ist ein entsprechendes Centrino-Pendant im Test vertreten.

Im Asus A4700K für rund 1100 Euro arbeitet der Turion-Vorgänger Mobile Athlon 64: So lässt sich ermessen, welche Fortschritte AMD selbst gemacht hat.

Geschwindigkeit

Wie Intel für den Pentium M hat sich auch AMD für den Turion 64 eine Modellbezeichnung einfallen lassen, aus der die Taktrate nicht mehr hervorgeht. Der Turion 64 ML-30 im Acer Aspire 5022WLMi arbeitet mit 1,6 GHz, ebenso der Turion 64 MT-30 im Asus A6K. Auf Intel-Seite entspricht dies dem Pentium M 730 (1,6 GHz), der im Toshiba Satellite A80-121 zu finden ist.

Die 1,8-GHz-Variante des Turion 64, der ML-34, ist im Acer Ferrari 4000 verbaut. Im Tempo-Test tritt er gegen den Pentium M 740 (1,73 GHz) im LG LM70 und den Pentium M 750 (1,86 GHz) im Asus M6V an. Die höchste Taktrate bringt der Mobile Athlon 64 3200+ im Asus A4700K mit 2,0 GHz mit.

Die bringt ihm im Leistungstest mit dem Sysmark 2004 auch den ersten Platz, gefolgt vom Asus M6V mit Pentium M 750. Entsprechend der Taktrate von 1,8 GHz ordnet sich das Acer Ferrari 4000 als Dritter ein. Praktisch gleichauf liegen der Turion 64 mit 1,6 GHz im Acer Aspire 5022WLMi und sein Pentium-M-Pendant im Toshiba Satellite A80-121. Dem LG LM70 hilft weder der schnellere Prozessor, noch der DDR2-Speicher. Mit knappem Abstand am Ende des Testfeldes liegt das Asus A6K.

Der Turion 64 ist also einem gleich getakteten Pentium M ebenbürtig. Die Plattform-Strategie von Centrino mit Prozessor und Chipsatz aus einer Hand bringt im Leistungstest keine Vorteile.

Akkulaufzeit

Der Turion 64 in den beiden Acer-Notebooks erreicht einen maximalen Stromverbrauch (Thermal Design Power, TDP) von 35 Watt – ersichtlich am „L“ in der Modellbezeichnung. Die MT-Variante des Turion 64 wie im Asus A6K verbraucht maximal 25 Watt. Intel spezifiziert die aktuelle Pentium-M-Reihe mit 27 Watt TDP.

Diesen maximalen Stromverbrauch erreichen die Prozessoren aber im Praxisbetrieb so gut wie nie: Deshalb sind Stromsparfunktionen wie Power Now (Turion 64) oder Enhanced Speed Step (Pentium M) wichtig – der Prozessor drosselt Taktrate und Spannung, wenn er weniger zu tun hat, senkt dadurch den Stromverbrauch und verlängert die Akkulaufzeit. Hat der Prozessor gar nichts zu tun, versetzt er sich in unterschiedlich tiefe Schlafzustände – selbst zwischen den einzelnen Tastenanschlägen beim Tippen eines Word-Dokumentes schafft er das: Deshalb hat es auch einen erheblichen Einfluss auf die Akkulaufzeit, wie viel Strom der Prozessor verbraucht, wenn er gar nicht arbeitet.

Trotzdem ist der Prozessor nur für rund 10 Prozent des gesamten Stromverbrauchs eines Notebooks verantwortlich, das Display beispielsweise verbraucht mehr als ein Drittel. Auch eine Grafikkarte belastet den Akku im Vergleich zu einer im Chipsatz integrierten Grafikfunktion deutlich höher.

Im Akkutest hält das Toshiba Satellite A80-121 mit 3:24 Stunden am längsten durch. Auch der Gesamtverbrauch des Notebooks liegt mit 13,7 Watt am niedrigsten.
Eine gute Figur macht auch das Acer Aspire 5022WLMi – das Notebook läuft 3:17 Stunden und verbraucht rund 20 Watt. Die anderen beiden Turion-Notebooks schneiden nicht so gut ab mit Laufzeiten von rund 2,5 Stunden und einem Verbrauch von knapp unter 30 Watt. Die Centrino-Konkurrenz mit dem Asus M6V und dem LG LM70 erweist sich als deutlich stromsparender. Wenigstens markiert der Turion einen klaren Fortschritt gegenüber dem Mobile Athlon 64, der es im Asus A4700K auf nur 2:16 Stunden bringt und über 30 Watt verbraucht.

Das Ergebnis des Acer Aspire 5022WLMi deutet an, dass der Turion 64 das Potenzial hat, mit einem vergleichbaren Centrino-Notebook bei der Akkulaufzeit mitzuhalten. Im Durchschnitt dürften Turion-Notebooks aber einen etwas höheren Stromverbrauch als Centrino-Pendants haben. Ein wirklich sparsames Notebook garantiert derzeit nur die Kombination Centrino mit integrierter Grafik und einem Display mit 15 Zoll (oder kleinerer) Diagonale.

Gewicht

Akkulaufzeit und Gewicht hängen eng zusammen: Je stromsparender ein Notebook, desto kleiner kann der Akku sein, um eine bestimmte Laufzeit zu erreichen.

Das Centrino-Notebook LG LM70 macht es vor: Bei rund 2,31 Kilogramm Gewicht hält es genau so lange ohne Netzstrom durch wie das Turion-Notebook Asus A6K, das über 800 Gramm mehr wiegt.

Die Turion-Vertreter im Testfeld bringen alle knapp über drei Kilogramm auf die Waage: Damit sind sie für den mobilen Dauereinsatz nicht ideal geeignet - für Notebooks mit einem 15,4-Zoll-Display geht dieses Gewicht allerdings in Ordnung. Die Zeiten, in denen ein Notebook mit AMD-Prozessor knapp vier Kilogramm wog, wie das Asus A4700K, sind dank Turion 64 endgültig vorbei.

Gewicht (Gramm)

LG LM70

2315

Toshiba Satellite A80-121

2755

Acer Ferrari 4000

3020

Acer Aspire 5022WLMi

3030

Asus M6V

3130

Asus A6K

3140

Asus A4700K

3850

Lautstärke

Je stromsparender ein Prozessor, desto leiser lässt er sich kühlen: Wenn die CPU nichts zu tun hat, braucht der Lüfter überhaupt nicht oder nur mit geringer Umdrehungszahl zu arbeiten. Und auch bei voller Belastung des Prozessors genügt eine niedrige Drehzahl, um die CPU ausreichend zu kühlen.

Im Lautstärke-Test zeigt sich eine deutliche Zwei-Klassen-Gesellschaft: Die Centrino-Notebooks bleiben auch unter Last noch sehr (LG LM70) bis einigermaßen leise (Toshiba Satellite A80-121). Auch das Lüftergeräusch des Asus A4700K lässt sich noch tolerieren.

Die Turion-Notebooks sind dagegen deutlich lauter – konzentriertes Arbeiten oder problemlose Zweisamkeit mit dem Partner, der gerade ein Buch liest, ist bei derartigen Lärmschleudern kaum möglich. Hier zahlen die Turion-Notebooks im Testfeld offensichtlich den Preis für die kompakte Bauweise: In einem Drei-Kilogramm-Gehäuse benötigen die Lüfter sehr hohe Drehzahlen, damit der Prozessor und die eng gepackten übrigen Komponenten nicht zu heiß werden.

Die Centrino-Komponenten lassen sich dagegen auch in einem extrem flachen und leichtem Gehäuse wie beim LG LM70 mit nur geringem Lüftereinsatz kühlen.

Preis

Viele Notebook-Hersteller schätzen zwar Centrino, fluchen aber über den Preis: Denn nur wer alle Komponenten – Prozessor, Chipsatz und WLAN-Modul – bei Intel kauft, darf sich den werbeträchtigen Centrino-Sticker aufs Notebook kleben.

Bei Chipsatz und WLAN-Modul für AMD-Notebooks drückt dagegen der Wettbewerb zwischen mehreren Komponentenherstellern den Preis – gut für die Notebook-Hersteller, aber auch gut für die Anwender: Gemessen an der Ausstattung sind die beiden Turion-Notebooks Acer Aspire 5022WLMi und Asus A6K sehr günstig.

Doch Turion 64 ist nicht nur etwas für Billigheimer: Das Acer Ferrari 4000 kostet rund 2200 Euro und liegt damit in der Preisklasse hochwertiger Centrino-Buisness-Notebooks – bringt allerdings auch eine vergleichbare Ausstattung mit.

Preis (Euro)

Toshiba Satellite A80-121

1100

Asus A4700K

1100

Acer Aspire 5022WLMi

1200

Asus A6K

1200

LG LM70

1750

Asus M6V

1900

Acer Ferrari 4000

2200

Fazit

Mit dem Turion 64 hat AMD gegenüber Centrino aufgeholt - wenn es um Notebooks der Drei-Kilo-Klasse ohne integrierte Grafik geht. Für lärmempfindliche Anwender sind die drei Turion-Geräte aber nicht zu empfehlen. Ob der Einsatz des Turion 64 auch in Notebooks Sinn macht, die deutlich unter drei Kilogramm wiegen, muss man angesichts der Ergebnisse im Lautstärketest bezweifeln: Für wirklich portable oder Sub-Notebooks scheint weiterhin Centrino die bessere Wahl zu sein. Deshalb dürfte AMD auch mit dem Turion 64 nicht Intels Vorherrschaft bei Notebooks für Geschäftsanwender gefährden.

Doch für Privatanwender sind Notebooks mit dem Turion 64 eine echte Alternative, wenn sie einen Allround-Mobilrechner suchen, der weder besonders leicht sein noch eine extrem lange Akkulaufzeit haben muss. In dieser Klasse ist der Turion 64 ein deutlicher Schritt nach vorne gegenüber den bisherigen Mobilprozessoren von AMD. Das attraktive Preis-Leistungs-Verhältnis des Acer Aspire 5022WLMi und des Asus A6700K deutet die Marktlücke an, die AMD mit dem Turion 64 ausfüllen kann.

Turion 64: AMDs Centrino-Killer (PC-WELT Online, 10.3.2005)

AMD: Turion ist bereit für Kampf gegen Centrino (PC-WELT Online, 11.3.2005)

Acer Aspire 5022WLMi (PC-WELT-Test, 21.6.2005)

Acer Ferrari 4000 (PC-WELT-Test, 21.6.2005)

Asus A6K (PC-WELT-Test, 21.6.2005)

Asus A4700K (PC-WELT Test, 1.3.2005)

LG LM70 (PC-WELT-Test, 31.5.2005)

Toshiba Satellite A80-121 (PC-WELT-Test, 1.4.2005)