Produkttest: Samsungs ultra-mobiler Origami-PC

05.07.2006 von Thomas Rau
Unsere Schwesterpublikation PC-WELT hat den ultra-mobilen Origami-PC "Q1" von Samsung getestet. Lesen Sie hier den vollständigen Test:

Unsere Schwesterpublikation PC-WELT hat den ultra-mobilen Origami-PC "Q1" von Samsung getestet. Lesen Sie hier den vollständigen Test:

von Thomas Rau (PC-WELT)

„Origami“ machte auf der diesjährigen CeBIT Schlagzeilen. Hinter diesem Codenamen verbirgt sich ein PC im Taschenbuchformat. Wir hatten den ersten UMPC im Test: Den Samsung Q1.

Leicht, stylish, auffallend anders: Das Zeug zum hippen Trend-Gerät hat das 780 Gramm schwere Q1 auf jeden Fall. Im schicken schwarzen Gehäuse im A5-Format steckt ein vollwertiger Windows-PC - Microsoft bezeichnet den neuen Formfaktor als Ultra-Mobile PC (UMPC).

Der Clou: Der UMPC besitzt die Windows XP Tablet PC Edition. Damit lässt sich der Q1 zum einen als Notizblock verwenden, indem man auf einfach das Display schreibt - das erledigen Sie mit dem Programm „Windows Journal".

Außerdem erkennt der Q1 handschriftliche Eingaben und digitalisiert sie: So können Sie zum Beispiel auch in Word einen Schreibbereich einblenden, wo Sie Texte per Stift eingeben. Anschließend lassen Sie den Text erkennen und in das geöffnete Word-Dokument einfügen.

Rechenleistung

Samsungs Q1 ist damit derzeit der leichteste Tablet PC: Die Tablet-Konkurrenz kommt meist als Sub-Notebook daher und wiegt weit mehr als einKilogramm.

Allerdings sind andere Tablet-PCs deutlich rechenstärker als der Q1: Im Sysmark 2004SE schaffte der UMPC von Samsung 73 Punkte. Er ist damit 25 bis 30 Prozent langsamer als Tablet PCs und andere Sub-Notebooks.

Während diese auf ein besonders stromsparendes Ultra-Low-Voltage(ULV)-Modell aus der Pentium-M-Familie von Intel setzen, muss sich Samsung im Q1 mit einem Celeron ULV bescheiden: Ein leistungsstärkerer Prozessor ließe sich im kleinen Q1-Gehäuse nicht mehr ordentlich kühlen.

Die eingeschränkte Rechenleistung des Q1 stört in den meisten Fällen nicht: Mit dem UMPC kann man im Prinzip alles machen, was man auch mit einem Notebook erledigt - ein deutlicher Vorteil gegenüber einem viel leistungsschwächerem PDA. Nur wenn es schnell gehen soll, zum Beispiel bei umfangreichen Powerpoint-Präsentationen oder Excel-Berechnungen, nervt die Behäbigkeit des Q1: Als produktives Arbeitsgerät kann er ein (Sub-)Notebook nicht ersetzen.

Eingabe und Steuerung

Das liegt auch daran, dass die Eingabe von längeren Texten nicht besonders bequem ist: Außer man leistet sich eine USB-Tastatur - die lässt sich an die USB-Buchsen (je eine auf der linken und der rechten Seite) des Q1 anschließen.

Für rund 120 Euro bietet Samsung für den Q1 ein „Organizer Pack" an, das eine Tastatur und eine Tasche umfasst. Doch im Test funktionierte auch jede andere USB-Tastatur, die wir an den Q1 anschlossen.

Foto:

Zum Schreiben kann man den Q1 bequem im Querformat auf dem Schreibtisch platzieren - sein Aufstellmechanismus erlaubt eine Neigung von 20 und 80 Grad.

Die Schrifterkennung der Tablet-PC-Funktion funktioniert zwar beim Q1 wie bei jedem anderen Tablet-PC gewohnt gut: Sie ist deutlich effektiver als bei einem PDA oder Smartphone.

Der dünne Stift, den Samsung dem Q1 beilegt, erinnert allerdings eher an einen windigen PDA-Griffel - er besitzt außerdem keinen Zusatzknopf, der üblicherweise bei Tablet-PC-Stiften die rechte Maustaste ersetzt. Beim Q1 ruft man daher zum Beispiel das Kontextmenü auf, indem man den Stift mehrere Sekunden aufs Display drückt.

Besonders nervig: Der Q1 nimmt nicht nur handschriftliche Eingaben entgegen - als Touchscreen reagiert sein Display auf jede Berührung. Legt man beim Schreiben zum Beispiel die Hand versehentlich auf das Display, bekommt man statt sauberer Buchstaben eine wirre Krakelei präsentiert, da die Bildschirmoberfläche die handschriftliche Eingabe nicht mehr korrekt auswerten kann. Üblicherweise arbeiten Tablet PCs mit elektromagnetischer Induktion - das Display reagiert daher nur auf den Spezialstift, nicht auf andere Berührungen.

Als Eingabe-Alternative überzeugen auch die „Dial-Keys" nicht: Die virtuelle Tastatur lässt sich in den unteren Displayecken einblenden - man kann also den Q1 mit beiden Händen halten und mit den Daumen tippen. Das geht allerdings weder bequem noch schnell.

Bedienelemente

Beim Aufrufen von Programmen und dem Navigieren in den Menüs leistet der Touchscreen dagegen gute Dienste: Per Stift oder Finger steuert man den Q1 bequem wie einen PDA. Zusätzlich kann man noch eine spezielle Menüoberfläche aufrufen (Touch Pack), deren extragroße Icons und Buttons sich zur Bedienung per Finger anbieten.

Die Menütaste rechts neben dem Display öffnet eine Programmliste, über die sich zum Beispiel die Bildschirm-Helligkeit und die WLAN-Verbindung regeln und der Displayinhalt rotieren lässt. Per Knopfdruck kann man außerdem die Auflösung ändern: Von den nativen 800 x 480 Bildpunkten über 800 x 600 bis zu 1024 x 600 Pixel.

Den Vier-Wege-Joystick links kann man auch als Mausersatz verwenden, wenn man gleichzeitig den Menüknopf gedrückt hält. Doch auf diese Weise funktioniert die Cursorsteuerung nur sehr zäh - besser, Sie schließen eine richtige Maus an.

Multimediafunktionen und Akkulaufzeit

Als Wiedergabegerät macht das Q1 mit seinem 7-Zoll-Display im 15:9-Breitbildformat eine bessere Figur als bei der Eingabe: Beim Fernsehen per DVB-T zeigt der UMPC eine ruhiges Bild mit ordentlichen, leicht rotstichigen Farben. Laufschriften ruckelten nur wenig.

Auch beim Abspielen von Divx-Filmen überzeugte die Bildqualität. Die Tonqualität des UMPC schlägt sogar viele Sub-Notebooks. Der Film- und Fernsehgenuss ist allerdings auf Innenräume begrenzt: Unter freiem Himmel lässt sich auf dem Display nichts mehr erkennen.

Mit hochauflösendem Videomaterial in 720p oder 1080i kam das Q1 aufgrund des schwachen Prozessors nicht zurecht: Die Wiedergabe ruckelte stark.

Die Multimedia-Wiedergabe können Sie auch über die Software AV-Station steuern, die sich über einen Schiebeschalter am Q1 starten lässt.

Dank des integrierten WLAN-Moduls kann man das Q1 auch als mobile Surfmaschine einsetzen. Allerdings benötigt man dafür einen WLAN-Hot-Spot - eine Mobilfunkanbindung per UMTS oder HSDPA fehlt dem Q1. Immerhin kann man es per Bluetooth mit einem Handy koppeln und dieses als GRPS-Modem nutzen.

Die Akkulaufzeit ist für ein ultra-mobiles Gerät mit rund 2,5 Stunden enttäuschend. Hier verliert der Q1 den Vergleich mit PDA und Sub-Notebook deutlich. Samsung bietet aber einen größeren Akku an (rund 200 Euro), mit dem das Q1 rund 920 Gramm wiegt: Er soll die Laufzeit verdoppeln.

Besser als PDA oder Notebook?

Der Q1 steht als Ultra-Mobile PC schon von der Größe her zwischen PDA und (Sub-)Notebook. Verglichen mit einem Pocket-PC bietet der UMPC eine deutlich höhere Rechenleistung und benötigt keine speziell angepassten Programme, sondern läuft mit Standard-(PC-)Software. Auch das größere Display und der deutlich umfangreichere Speicherplatz sprechen für den Q1. Durch die Tablet-PC-Funktion gewinnt er auch in punkto Eingabe gegen einen PDA.

Allerdings ist er trotz seiner rund 800 Gramm kein Jackentaschengerät wie ein PDA oder ein Smartphone. Weitere ergonomische Nachteile: Er erwärmt sich im Betrieb, und auch mit einem fast ständigen laufenden Lüfter müssen sich PDA-Benutzer nicht abfinden.

Als Arbeitsgerät für den produktiven Einsatz ist er einem (Sub-)Notebook aufgrund der schwachen Rechenleistung und der gegenüber einer Tastatur unbequemeren Eingabemöglichkeiten per Stift deutlich unterlegen. Immerhin ist der Q1 etwas leichter und vor allem sehr viel günstiger als ein hochwertiges Sub-Notebook.

Derzeit kann der Samsung Q1 also weder einen PDA noch ein Sub-Notebook wirklich ersetzen: Für berufliche Anwender ist er aber interessant, wenn sie ein hochwertiges Wiedergabegerät benötigen - zum Beispiel für Präsentationen beim Kunden oder Videosequenzen -, das auch für kurze Notizen oder Mailabwicklung taugt.

Fazit

Als Tablet PC ist der Q1 derzeit konkurrenzlos mobil und günstig. Bei der Stifteingabe verhält er sich aber unhandlicher als größere Tablet-PCs.

Als Wiedergabegerät überzeugt er: Doch als bloßer Video- oder MP3-Player beziehungsweise Surfterminal ist er mit rund 1200 Euro eindeutig zu teuer.

Foto:

Potenzial hat der Formfaktor UMPC auf alle Fälle: Mit GPS-Modul wäre der Q1 ein ideales Navigationssystem, mit UMTS-Karte das perfekte mobile Surfgerät - beides will Samsung übrigens als Option noch im Lauf des Jahres anbieten. Würde man dann noch einen TV-Tuner plus Antenne integrieren - der Q1 wäre zu diesem Preis ein mobiles Traumgerät.

Den Samsung Q1 in bewegten Bildern präsentieren wir Ihnen in einem Clip auf PCWELT-TV.

Technische Daten und Testergebnisse

Technische Daten und Testergebnisse

Produkt:

Samsung Q1

Anbieter:

www.samsung.de

Preis:

rund 1200 Euro

Prozessor:

Intel Celeron M 353 (900 MHz)

Display:

7,1 Zoll / 800 x 480 Bildpunkte

Gewicht:

780 Gramm (Netzteil: 380 Gramm)

Festplatte:

38,2 GB; Hitachi Travelstar C4K60

Kommunikation:

100-MBit/s-LAN, WLAN (11a/g), Bluetooth

Schnittstellen:

1 VGA-Ausgang, 2 USB 2.0, 1 Kopfhörer-Ausgang, 1 Netzwerkanschluss, 1 Speicherkartenleser (Compact Flash), 2 Mikrofone, 1 Stromanschluss für externes Laufwerk

Rechenleistung (Sysmark 2004SE):

73 Punkte

Akkulaufzeit (Mobile Mark 2005):

2:23 Stunden

Lautheit (Ruhe / Last):

24,5 dB(A) / 28,5 dB(A)

(bb)