Top oder Flop?

Projekt Ultrabook - packen wir's an!

07.11.2011 von Beate Wöhe
Intel geht davon aus, dass im kommenden Jahr der Anteil an Ultrabooks im weltweiten Notebook-Markt 40 Prozent ausmachen wird. Mit Feuereifer sind einige Hersteller dabei, sich in diesem Segment zu platzieren.

Intel geht davon aus, dass im kommenden Jahr der Anteil an Ultrabooks im weltweiten Notebook-Markt 40 Prozent ausmachen wird. Mit Feuereifer sind einige Hersteller dabei, sich in diesem Segment zu platzieren.
Etwas mehr als ein halbes Jahr hatten die Hersteller Zeit, sich seit Intels Vorstellung des neuen Formfaktors "Ultrabook" mit der Machbarkeit der Geräte zu beschäftigen. Jetzt sind sie da - zumindest ein paar von ihnen. Im Hintergrund haben die Hersteller und Zulieferer den im August von Intel ins Leben gerufenen 300 Millionen Dollar schweren Ultrabook-Fonds, "um die Revolution in der PC-Technologie zu beschleunigen", wie der Chiphersteller mitteilte.

Ob es auch die OEMs und am Ende die Kunden als Revolution sehen, ist zum aktuellen Zeitpunkt fraglich. "Schön sehen sie aus, die Ultrabooks - aber das war es dann auch", ist zum Beispiel das Fazit eines Fachhändlers aus Rheinland-Pfalz, dessen ausführliche Meinung dazu Sie in diesem Artikel lesen können.

"Wir erwarten uns von der neuen Geräteklasse eine deutliche Belebung des Marktes." Alexandra Böckelmann, Manager Communications bei der Acer Computer GmbH
Foto: Acer

Enthusiastisch spricht Intel dagegen von den anvisierten Marktanteilen im Notebook-Markt. Auch Früheinsteiger wie Acer setzen auf den neuen Formfaktor: "Wir erwarten uns von der neuen Geräteklasse eine deutliche Belebung des Marktes. Da in den vergangenen Jahren keine bedeutenden Innovationen im Notebook-Bereich zu verzeichnen waren, stellen die Ultrabooks mit ihrer zukunftsweisenden Technologie jetzt einen starken Anreiz dar, sich ein neues Modell zu kaufen", prognostiziert Alexandra Böckelmann, Manager Communications bei der Acer Computer GmbH. Es sieht danach aus, als würde sich nur innerhalb des Notebook-Marktes eine Verschiebung ergeben.

Die Frage ist nur, welche Geräte in Zukunft durch Ultrabooks ersetzt werden. Preislich oben angesiedelte Sub-Notebooks im Zwölf-Zoll-Format, die bisher vor allem von überwiegend mobilen Anwendern gekauft werden, sind besser ausgestattet als aktuelle Ultrabooks. Mit optischem Laufwerk, speziellen Schnittstellen und in den meisten Fällen optionaler Docking-Station erfüllen sie auf Hardwareseite die Anforderungen für den Business-Kunden. Bei Ultrabooks sucht dieser bisher vergeblich nach diesen Features, denn sie kosten richtig Geld.

"Aspire S3" von Acer
Foto: Acer

Und am Rande bemerkt: Aufgrund der extrem dünnen Bauweise befindet sich bei allen Ultrabooks der Akku innerhalb des Gehäuses. Für Notebook-Wechsel-Akkus gewähren die Hersteller in den meisten Fällen nur sechs bis zwölf Monate Garantie auf den Akku. "Die Akkus der Acer-Aspire-S3-Serie besitzen dieselbe Garantie wie das Notebook an sich. Diese liegt für private Endkunden gegenwärtig bei 24 Monaten ab Verkaufsdatum", erläutert Acer-Managerin Böckelmann. Damit ist Acer neben Asus, Lenovo und Toshiba der einzige Hersteller, der bei Ultrabooks die Garantiezeit des Akkus im Endkundenbereich an die Gerätegarantie angepasst hat.

Intels Ultrabook-Strategie in drei Phasen

Energieeffizienz, ein flaches Gehäuse, ein geringes Gewicht und eine kurze Reaktionszeit stehen im Vordergrund von Intels Ultrabook-Design. Während die Standards wie Gewicht und Abmessungen gleich geblieben sind, können sich in den kommenden Monaten sowohl die Hardware- als auch die Betriebssystemspezifikationen ändern. Die Ultrabook-Strategie soll in drei Phasen ablaufen:

Phase 1: 2011

Bis 14 Zoll Bildschirmdiagonale: maximal 18 mm Höhe; ab 14 Zoll: maximal 21 mm Höhe (2 mm Kulanz für Convertible-Formate)

Gewicht: unter 1,4 kg

Prozessor: Intel Core-i5- oder i7-Prozessor der zweiten Generation

Kein optisches Laufwerk

Bedienung im Akku-Betrieb: fünf bis acht Stunden

Stand-by-/Schlafmodus: 30 bis 50 Tage

Startdauer des Betriebssystems aus dem Ruhezustand: maximal sieben Sekunden

SSD-Speicher (alternativ HDD in Verbindung mit SSD-Startpartition)

Endkundenpreis unter 1.000 US Dollar (Einstiegsmodelle)

Phase 2: voraussichtlich erstes Halbjahr 2012

Prozessor: Intel-Codename "Ivy Bridge", basierend auf dreidimensionalen Trigate-Transistoren.

Mögliche Touch- und Tablet-Funktionalitäten über Windows 8

Phase 3: Plan für 2013

Prozessor: Intel-Codename "Haswell"

Die Thermal Design Poser (TDP) und den Stromverbrauch der Mikroprozessoren will Intel mit dieser Prozessortechnologie im Vergleich zu heute um die Hälfte senken. BW

Hersteller geraten bei Preisgestaltung ins Schlingern

Und somit sind wir beim zweiten Thema, das die Branche in Verbindung mit Ultrabooks beschäftigt. Die erste der drei Schlüsselphasen der Intel Unternehmensstrategie beginnt, so gab Intel Executive Vice President Sean Maloney auf der diesjährigen Computex bekannt, "mit der aktuellen zweiten Generation der Intel-Core-Prozessoren, die leichte und 20 Millimeter dünne Geräte zu Preisen unter 1.000 Dollar ermöglicht". Und genau hier liegt derzeit für die Ultrabook-Hersteller die größte Schwierigkeit. Um den von Intel angestrebten Preispunkt zu erreichen und die Geräteklasse damit zum Mainstream-Produkt zu machen, sind die Komponentenpreise zu hoch.

Vor allem Intel selbst sehen die Hersteller hierbei in der Pflicht. So hat Ray Chen, Präsident des Auftragsfertigers Compal Electronics, im September laut dem taiwanesischen Branchendienst "Digitimes" den Chiphersteller kritisiert. Die aktuellen CPU-Preise würden die Hersteller in dem Vorhaben, 40 Prozent des Notebook-Markts mit Ultrabooks abzudecken, nicht unterstützen. Wenn Ultrabooks nur geringe Verkaufserfolge erzielten, während Apple weiterhin gute Gewinne einfahre, sei die Wintel-Allianz gehalten zu reagieren. Sonst würden die betroffenen Hersteller mit dem Ultrabook-Projekt untergehen.

Nach Angaben der Hersteller seien CPU und Betriebssystem die beiden größten Kostenblöcke innerhalb eines Notebooks, gefolgt von ultradünnen Komponenten wie Panel und Solid State Drive. So liegt allein der Channel-Preis für den Intel-Core-i5-2467M-Prozessor schon bei 250 Dollar. Ob die Verknappung auf dem Festplattenmarkt zusätzlich zu einer Erhöhung der SSD-Preise aufgrund höherer Nachfrage führen wird, bleibt abzuwarten (siehe Seite 32).

"Um aus der Nische herauszukommen, müsste man Preispunkte deutlich unter 1.000 Euro treffen." Lars Henkel, Business Manager Consumer bei der Lenovo Deutschland GmbH
Foto: Lenovo

Da die Hersteller von Ultrabooks zusätzlich bisher noch mit geringen Stückzahlen planen, ist auch über die zahlenmäßig entsprechend niedrige Komponentendisposition eine Kostenreduzierung noch nicht möglich. Von Mainstream-Preisen kann daher noch nicht die Rede sein. Das bestätigt auch Lars Henkel, Business Manager Consumer bei Lenovo: "Um aus der Nische herauszukommen, müsste man Preispunkte deutlich unter 1.000 Euro treffen. Dazu würde eine hohe Stückzahl aufgrund der Skaleneffekte von Nutzen sein. Wir haben kaum preisliche Spielräume, es sei denn, man verwendet Bauteile, die auch plattformübergreifend eingesetzt werden können." Für das "Lenovo IdeaPad U300s" gibt der Hersteller eine unverbindliche Preisempfehlung von 999 Euro.

Bisher als einziger Ultrabook-Hersteller auf dem deutschen Markt, der sich ein Schlupfloch in der Konfiguration zunutze gemacht hat, ist Acer mit dem "Acer Aspire S3" mit einer unverbindlichen Preisempfehlung ab 799 Euro angetreten. Der Preis für die Einstiegsvariante lässt sich durch die Verwendung einer normalen HDD anstatt einer SSD als Hauptspeichermedium erreichen (siehe Seite 21). "Hinsichtlich der Preisgestaltung bewegen sich unsere vier Ausstattungsvarianten zwischen 799 Euro und 1.399 Euro. Damit decken wir die gesamte Bandbreite ab und haben für jede Zielgruppe das passende Gerät im Angebot", führt Acer-Managerin Böckelmann aus.

"Spielraum bei den Kosten gibt es im Grund schon zum Zeitpunkt der Produktkonzeption." Gabriel Willigens, Produktmanager bei der Toshiba Deutschland GmbH
Foto: Toshiba

Alle Hersteller, die noch in diesem Jahr die ersten Produkte auf den Markt bringen, definieren ihre Modelle weniger über den Preis, sondern über die Formfaktoren "Dünn & flach" sowie schnelle Reaktionszeiten und besseres Batteriemanagement. "Es ist sicherlich auch möglich, ein günstigeres Ultrabook zu bauen, aber wir wollen mit unserer "Z380"-Serie keine Kompromisse eingehen", sagt Gabriel Willigens, Produktmanager bei der Toshiba Deutschland GmbH.

"Toshiba Portégé Z830" von Toshiba
Foto: Toshiba

Möglichen Spielraum bei der Preisgestaltung sieht der Manager allerdings auch: "Spielraum bei den Kosten gibt es im Grund schon zum Zeitpunkt der Produktkonzeption. So könnte man Einsparungen beispielsweise durch die Wahl des Massenspeichers (HDD statt SSD) oder der Displayqualität erzielen. Auch die Anzahl der Schnittstellen, der Einsatz einer herkömmlichen Tastatur ohne Spritzwasserschutz und die Hintergrundbeleuchtung können dazu beitragen."

Die Kunden

"Das Design und die hochwertigen Materialien sprechen besonders stilbewusste Käufer an." Haris Musemic, Produktmanager Mobile Computing bei der Asus Computer GmbH
Foto: Asus

Stehen die Hersteller auf der einen Seite unter dem Druck, die Fertigungskosten zu reduzieren, heißt es auf der anderen Seite, die passenden Kunden zu finden, die auf die neue Geräteklasse anspringen. "Die neuen Ultrabooks richten sich besonders an mobile Anwender, die ein portables Gerät mit einer langen Akku-Laufzeit für den Einsatz unterwegs suchen, dabei jedoch keine Abstriche bezüglich der Leistung machen wollen. Das Design und die hochwertigen Materialien sprechen zudem besonders stilbewusste Käufer an", definiert Haris Musemic, Produktmanager Mobile Computing bei der Asus Computer GmbH, die Zielgruppe. Mit Design und hochwertigen Materialien können die ersten Modelle des "Asus Zenbook" aufwarten. Der Hersteller verzichtet auf eine Festplatte und setzt nur auf SDD. Daraus ergibt sich eine Preisempfehlung von 999 Euro für die Einstiegsvariante.

"Ideapad U300s" von Lenovo
Foto: Lenovo

Fernab vom Business-Einsatz sieht auch Lenovo die neue Notebook-Variante, was schon daraus ersichtlich ist, dass der Hersteller die Geräte im Idea- und nicht im Think-Brand platziert. "Wir sehen Ultrabooks eher bei Privatkunden angesiedelt, die ein vollwertiges und leistungsstarkes Notebook, nicht nur in der Freizeit, benötigen und außerdem sehr viel Wert auf gutes Design legen. Frauen werden sicherlich einen größeren Kaufanteil stellen als bei herkömmlichen Notebooks", meint Lenovo-Manager Henkel.

Um sowohl im Consumer- als auch im Business-Bereich Fuß zu fassen, platziert Toshiba seine Ultrabook-Modelle der Z830-Serie in beiden Notebook-Serien. "Aufgrund ihrer Beschaffenheit sind Ultrabooks für alle Kunden interessant, die ein ultramobiles Gerät mit langer Akku-Laufzeit, hoher Leistung, schneller Verfügbarkeit und geringem Gewicht suchen. Aus diesem Grund werden wir unsere Ultrabook-Modelle der Z830-Serie sowohl als Satellite-Modelle für Privatanwender als auch als Portégé-Modelle für B2B-Kunden anbieten. Aufgrund der anvisierten Endkundenpreise von unter 1.000 Euro sprechen wir hier aber auch nicht vom Mainstream-Segment, das durch deutlich niedrigere Preispunkte dominiert wird", so Toshiba Manager Willigens. Andere Hersteller wie Acer sehen dagegen genau in diesem Kundensegment Potenzial für die Ultrabooks.

Je nachdem, bei welchen Kunden die Hersteller ihre Ultrabooks platzieren, werden sie auch ihre Vertriebswege danach ausrichten. Bisher sieht es danach aus, dass die neuen Geräte eher im Privatkundensegment Fuß fassen, sich aber auch ein Hintertürchen für B2B offen lassen. Intel plant in diesem Zusammenhang weiterhin Maßnahmen zu ergreifen, mittelständische Unternehmen einzubinden und frühzeitig über neueste Entwicklungen zu informieren.

Die Vertriebswege

"Zenbook UX21" von Asus
Foto: Asus

Lenovo will mit der neuen Geräteklasse weiterhin sämtliche Vertriebskanäle - stationärer Vertrieb wie auch Internethandel bedienen. Asus setzt ebenfalls auf die breite Masse: "Wir flankieren die Markteinführung im zweiten Halbjahr mit der größten Werbekampagne in der Asus-Geschichte "Auf der Suche nach dem Unglaublichen". Sie soll Consumer verstärkt zum Kauf von innovativen Premium-Notebooks wie dem Zenbook anregen. Maßgeschneidert für sämtliche Vertriebskanäle stehen unterschiedliche Verkaufspakete zur Verfügung. Insbesondere eine hohe Beratungskompetenz eröffnet dem Fachhandel eine große Chance für erfolgreiche Abverkäufe", erklärt Asus-Manager Musemic den Plan.

Toshiba will ebenfalls den gewohnten Weg gehen. Mitte November soll das erste Modell der Satellite-Z830-Serie im deutschen Markt verfügbar und für den Fachhandel bei den Toshiba-Distributoren erhältlich sein. Acer dagegen wird die Modelle erst in den nächsten Wochen bei den autorisierten Acer-Distributionspartnern platzieren. Die ersten Geräte der Acer-Aspire S3-Serie sind bereits seit zwei Wochen im Markt.

"Wir unterscheiden zwischen den verschiedenen Kanälen. Online sprechen die Geräte sicher vorwiegend technisch affine Kunden an, die sich im Vorfeld bereits über die Geräte und die Technologien informiert haben. In den Flächenmärkten begeistern die Geräte schon aufgrund ihrer Optik: Das stylische Design sowie der ultraschlanke Formfaktor stechen sofort ins Auge, und das sehr geringe Gewicht macht die Geräte zu perfekten mobilen Begleitern. Gerade Fachhändler können hier mit ihrer Beratungskompetenz punkten. Wenn sie das Konzept und die Vorteile der Ultrabooks inklusive Instant-On und Instant-Connect ausführlich erläutern, werden sie die Kunden leicht überzeugen", ergänzt Acer-Managerin Böckelmann.

Alles in allem ist es mit Sicherheit nicht einfach, für die Hersteller, den Fokus auf klar definierte Zielgruppen zu legen. Eine neue Geräteklasse will erst einmal von den Anwendern erkundet werden, und die Hersteller müssen Erfahrungen sammeln. (bw)

Meinung der Redakteurin

Sexy wie Apples MacBook Air und schnell wie das iPad: So soll sich die neue Geräteklasse Ultrabook in spätestens zwei Jahren darstellen. Ein mobiles Gerät also, das die Kunden dem Händler aus der Hand reißen. Aber bis dahin ist es noch ein langer Weg. Intels Phase eins der Ultrabook-Strategie ist gerade erst angelaufen. Händlern, die bereits in diesem frühen Stadium auf den Zug aufspringen möchten, geben die Hersteller Argumente an die Hand, die nichts mit Technik zu tun haben. Es geht um Design und Anwendererlebnis.

Ultrabooks werden nicht nur in den Verkaufsregalen die Blicke der Kunden auf sich ziehen, sondern auch durch ihre Schnelligkeit punkten. Dass sich hinter einem sekundenschnellen Windows-Start Intels Rapid-Start-Technologie verbirgt und dass das System ultraschnell auf Daten zugreift, weil es statt einer HDD eine SSD als Datenspeicher nutzt, sollte die meisten Kunden nach der Demonstration nicht mehr interessieren. Und Tatsachen, wie zum Beispiel ein fehlendes optisches Laufwerk, lassen sich wegargumentieren (hat Apple auch nicht).

Nicht wegargumentieren lässt sich dagegen der Preis. Der Fachhandel muss den Kunden bis zu dieser Frage mit den emotionalen Argumenten so überzeugt haben, dass er kein Zurück mehr kennt. Und, liebe Hersteller: Überzeugend argumentieren lässt sich nur von Mensch zu Mensch und weniger vor dem Retail-Regal oder im Online-Shop. BW