Wie Ihre Projekt-Management-Software garantiert scheitert

Projekte mit Stil an die Wand fahren

17.03.2016 von Simon Hülsbömer
Kennen Sie das? Sie führen ein neues Tool ein, um Projekte und Prozesse zu optimieren, doch schon während des Auswahlprozesses läuft alles reibungslos? Alle sind zufrieden und freuen sich? Das muss doch nicht sein!

Jedes Unternehmen wünscht sich erfolgreiche Prozesse und Projekte. Oft entsteht aber der Eindruck, dass nur, wer schon während des Auswahl- und Einführungsprozesses entsprechender Werkzeuge auch richtig "leidet", sich später den Erfolg verdient hat. Wenn er denn je eintritt...

Damit auch Sie richtig leiden können und es sich nicht zu einfach machen (denn einfach kann jeder...), stellen wir Ihnen im Folgenden zehn bewährte Wege vor, sich die Einführung eines Projekt-Management-Tools (PM-Tools) so schwer wie nur eben möglich zu machen. Aus leidvoller praktischer Erfahrung rekrutiert wurde das Ganze von Norman Frischmuth, Geschäftsführer der proventis GmbH, der mit dem PM-Tool "Blue Ant" selbst im Markt unterwegs ist...

Wie Ihre Projekt-Management-Software garantiert scheitert
Platz 10: Intensive Recherche
Lassen Sie den gesamten europäischen Raum nach einer für Ihr Unternehmen passenden Softwarelösung durchforsten.<br /><br /> Zum einen stellt dies sicher, dass alle in den nächsten Monaten mit der Software-Recherche beschäftigt sein werden und sich eine wahre Informationsflut in Ihr Unternehmen ergießen wird. Sie zeigen Aktion und stellen zudem sicher, dass niemand in absehbarer Zeit eine Entscheidung treffen wird.
Platz 9: Fragenkatalog
Konfrontieren Sie Anbieter von Projekt-Managemet-Software mit einem sehr umfassenden Fragekatalog, der sich aus den Features aller zuvor recherchierten Anbieter speist.<br /><br /> Damit erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, dass Anbieter, die sich auf Ihre wirklichen Bedürfnisse spezialisiert haben, früh ausscheiden.
Platz 8: Vage Anforderungen
Halten Sie Ihre konkreten Anforderungen eher vage und allgemein und verpflichten Sie alle Anbieter, schriftlich zu bestätigen, dass ihr Produkt alle erdenklichen Anforderungen abdeckt. Das siebt weitere seriöse Anbieter aus dem Rennen.
Platz 7: Viele Schnittstellen
Beschreiben Sie die Notwendigkeit von zahlreichen Schnittstellen in alle möglichen Systeme, obgleich Sie heute Projektmanagement mit Papier machen.<br /><br /> Das macht den Angebotsprozess spannender, da sich die Anbieter die Wirkungsweise und den Business-Case Ihrer Schnittstellen ausdenken können. Das schafft im wahrsten Sinne "unvergleichbare" Angebote, die sich niemand trauen wird, zu beauftragen.
Platz 6: Umfassende Ablösung
Konnten Sie den Auswahlprozess dennoch nicht verhindern, können Sie nun im Einführungsprozess Ihre Asse ausspielen. Bringen Sie bereits im erste Kickoff die Notwendigkeit zur Sprache, das PM-Tool in allen wesentlichen Prozessen des Unternehmens zu verankern und ggf. eine Vielzahl von Tools abzulösen.<br /><br /> Das schafft Ängste bei allen Akteuren und lässt Widerstände entstehen. Zudem ist mit einer Maximalforderung jedes Einführungsteam überfordert und verkomplizieren sich alle Folgeschritte.
Platz 5: Ohne Betriebsrat
Halten Sie den Betriebsrat möglichst lange von dem Einführungsprojekt fern. Damit erhöht sich die Chance einer bereits von Beginn entstehenden gespannten Stimmung zwischen Betriebsrat und Einführungsteam.
Platz 4: Keine Schulung
Führen Sie eine PM-Software ein, ohne die die dahinter liegenden Methoden und Prozesse zu erklären oder gar zu schulen.<br /><br /> Das Nichtverständnis führt dazu, dass sich alle Anwender schwer mit der Methode tun und dies jedoch dem Tool anlasten.
Platz 3: Doppelte Arbeit
Lassen Sie parallel zum neuen PM-Tool alle Daten sicherheitshalber in den alten Werkzeugen doppelt erfassen. Sie müssen ja schließlich dafür Sorge tragen, dass das Unternehmen nicht zusammenbricht.<br /><br /> Da werden sich alle Anwender freuen. Doppelter Aufwand bei gleichzeitig neuen Arbeitsprozessen. Die Herzen der Anwender werden Ihnen entgegen fliegen.
Platz 2: Chaos
Lassen Sie die Projekte so detailliert wir möglich ausplanen und in dem Tool erfassen. Am besten alles in den Projektablaufplan mit tausenden Abhängigkeiten. Spätestens nach der Ersteingabe wird jedem Anwender klar, dass er diesen Plan nicht mehr anfassen wird.<br /><br /> Damit schlagen Sie gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. Der Plan wird nicht mehr aktualisiert, was ein effizientes Ressourcenmanagement an absurdem führt. Die Statusberichte werden aus diesem Grund weiterhin in Microsoft Project "gefaked" und die ohnehin gering ausgeprägte Begeisterung zum Erfassen von Arbeitszeiten wird nun zu einem echten Event: "Finde die richtige Aktivitäten!"
Platz 1: Nebenkriegsschauplätze
Initiieren Sie nach der Einführung eine Vielzahl von "Maßnahmen", die als inoffizielle Projekte nicht über das PM-Tool abgewickelt werden müssen. Das bringt viel Neider auf den Plan und beschädigt praktischer Weise die offiziellen Projekte, da Sie selbstverständlich deren Ressourcen nutzen werden.<br /><br /> Nach ungefähr 6 Monaten wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nach einem neuen PM-Tool Ausschau gehalten.<br /><br /> Gratulation! Starten Sie nun wieder bei Platz 10!

Natürlich können Sie alle Punkte auch einfach umdrehen, um so vielleicht doch erfolgreich zu werden - wenn Sie es denn möchten.

Projekt gescheitert, aber nicht am Ende

Schadenfreude ist die schönste Freude. Wer oben genannte Punkte befolgt, ist nicht selten zum Scheitern seiner Projekte verurteilt. So wie die Unternehmen in den hier vorgestellten Fällen. Dann ist das richtige Krisen-Management gefragt...

Die 14 Fehler beim Projekt-Management
Die 14 Fehler beim Projekt-Management
Sie tun es immer wieder: IT-Abteilungen begehen regelmäßig dieselben Fehler beim Projekt-Management. Risiken werden nicht analysiert oder nicht das richtige Personal eingesetzt. Kein Wunder, dass nur ein Drittel aller Vorhaben erfolgreich ist.
Falsches Personal
Der Fehler: Nicht die richtigen Leute für ein Projekt zu haben, kann das ganze Vorhaben sterben lassen. Alle Planungen sind nichts wert, wenn die notwendigen Talente fehlen.<br><br> Die Lösung: IT und Projekt Management müssen einen kompletten Überblick über die Fähigkeiten und Belastungsgrenzen des Personals haben. Das bezieht sich auch auf Berater, Anbieter und Outsourcing-Partner. Entscheidend ist, die Ressourcen bei den unzähligen Projekten und der täglichen Arbeit richtig einzusetzen.
Keine erfahrenen Projekt-Manager
Der Fehler: Projekte können schnell außer Kontrolle geraten, wenn ein erfahrener Projekt-Manager am Steuer fehlt.<br><br> Die Lösung: Es muss ein Projekt-Manager her, der über die richtigen Zertifizierungen und die Finesse verfügt, die einzelnen Akteure zu steuern. Gute Projekt-Manager verstehen es, Meetings in die gewünschte Richtung zu lenken, Risiken zu managen und mit einer Vielzahl von unterschiedlichsten Mitarbeitern umzugehen.
Keine Methode
Der Fehler: Keine Methode mit Standards zu haben erhöht das Risiko, dass das Projekt durch das Raster fällt. Es kann vorkommen, dass es dann komplett überarbeitet werden muss. Im schlimmsten Fall wird es nicht rechtzeitig fertig oder sprengt das Budget.<br><br> Die Lösung: Eine Methodik hilft, Projekte effizienter zu gestalten und informiert über alle Aktivitäten, die bei der Ausführung dazu gehören.
Zu viele Prozesse
Der Fehler: Zu viele Prozesse auf einmal macht das Projekt-Team unflexibel. Was dabei herauskommt ist Frust bei den Beteiligten. <br><br>Die Lösung: Flexibel sein und mit Auftraggebern und Projektbeteiligten kommunizieren.
Änderungen beim Projektumfang werden nicht berücksichtigt
Die Folge: Das Budget für das Projekt explodiert. Zeitpläne sind nur Makulatur. <br><br> Die Lösung: Strazza von CA empfiehlt einen Änderungsantrag ganz formal anzugehen. Ein Dokument sollte die spezifischen Änderungen auflisten. Der Projektleiter muss dann ermitteln, wie sie sich auf das Budget und den Zeitplan auswirken.
Keine Ahnung über den Status quo
Der Fehler: Bei vielen IT-Projekten fehlen aktuelle Daten über den momentanen Status. Aber wie soll man etwas managen, wenn man es nicht messen kann? Vor allem ist es schier unmöglich, Ressourcen zu koordinieren oder auf Veränderungen zu reagieren.<br><br>Die Lösung: Software einsetzen und sich stets über den aktuellen Stand der Dinge informieren.
Probleme ignorieren
Der Fehler: Probleme lösen sich leider nicht von selbst. Sie nehmen immer mehr zu, je länger man wartet. Die Folge sind steigende Kosten. <br><br> Die Lösung: Wenn mal etwas schief läuft, kommt es anschließend darauf an, wie schnell man es wieder in Ordnung bringt.
Umfang nicht klar definieren
Der Fehler: Wenn der Umfang eines Projekts nicht klar umrissen ist, kann es so aufgeblasen enden wie Elvis in seinen letzten Jahren. Irgendwann verliert die IT die Richtung, um das Vorhaben im Rahmen des Zeitplans und des Budgets so über die Bühne zu bekommen, wie sich das Business das vorstellt. <br><br> Die Lösung: IT und Business sollten sich zunächst einmal Zeit nehmen und die Grenzen des Projekt strikt feststecken.
Zusammenhänge zwischen Projekt nicht sehen
Der Fehler: Projekte laufen niemals isoliert für sich allein. Sie hängen oft mit anderen zusammen. Projektleiter vergessen schon mal, das zu berücksichtigen. Die Folge ist, dass nicht nur das einzelne Projekt den Bach runtergeht, sondern auch noch weitere mit nach unten zieht. <br><br> Die Lösung: Zusammenhänge zwischen einzelnen Projekten sollten schon bei der Planung berücksichtigt werden. Dabei hilft es, sich mit den Beteiligten zu besprechen und Projekte als Diagramme darzustellen, um zu erkennen, wie sie sich gegenseitig beeinflussen.
Murphy´s Law vergessen
Der Fehler: Probleme kann es immer geben - und meistens folgt eins dem anderen. Das Schlimme ist nur, wenn die IT davon auf dem falschen Fuß erwischt wird. Das Projekt hat dann erst mal Zwangspause, während die IT versucht, den Laden wieder auf Vordermann zu bringen. <br><br> Die Lösung: Zu einer guten Projektplanung gehört ein Risiko-Assessment. Dafür muss das ganze Team überlegen, was passieren könnte. Danach geht es darum, diese Szenarien zu verhindern.
Kein Change Management
Der Fehler: All die Zeit, Geld und harte Arbeit, die man in neue Technologien steckt, bringen nichts, wenn die Anwender diese nicht annehmen. <br><br> Die Lösung: Bevor zum Beispiel neue Applikationen implementiert werden, sollte geschaut werden, wo es im Unternehmen Widerstand gibt, um die entsprechenden Leute ansprechen zu können. Aufklärungsarbeit ist gefragt.
Unvollständige Ablaufpläne
Der Fehler: Die Beteiligten wissen oft nicht, was wann zu erledigen ist. <br><br> Die Lösung: Zunächst sollten alle Schritte festgelegt werden, die für das Projekt notwendig sind. Als zweiter Schritt muss jedem Punkt eine Deadline gesetzt werden. Hilfreich dabei ist eine entsprechende Software.
Unrealistische Deadlines
Der Fehler: Die IT weist zu selten nicht einhaltbare Deadlines zurück, die vom CEO vorgegeben werden. Dass das Projekt dann nicht just in time läuft, ist kein Wunder. <br><br> Die Lösung: Die IT muss dem CEO erklären, was es kostet, bestimmte Termine einzuhalten. Der hat dann die Wahl zwischen mehr Kosten oder mehr Zeit, die er dem Projekt zur Verfügung stellt.
Fachchinesisch
Der Fehler: Die IT kommuniziert oft mit den Auftraggebern und anderen Beteiligten in einer Weise, die keiner außer ihr selbst versteht. <br><br> Die Lösung: Von Vorteil ist es, wenn man sich bei der Kommunikation auf die Gegenseite einstellt. Das gilt vor allem für die IT. Das Business hat keine Lust, seitenweise Technikbegriffe lesen zu müssen, die ein paar Funktionalitäten erklären sollen.

Und wenn Sie nun immer noch auf der Suche nach dem für Sie passenden Tool sind, geben wir Ihnen gerne noch ein paar Empfehlungen mit auf den Weg. In diesem Sinne: Viel Erfolg mit ihren Projekten - auf Wunsch auch gerne ohne "Leidenszeit"...