Recht: Open-Source-Software in kommerziellen IT-Produkten

13.07.2006
Welche rechtlichen Rahmenbedingungen bei der Nutzung von Open-Source-Software in kommerziellen Produkten zu beachten sind, erklärt Rechtsanwalt Mark Schomaker.

Der Begriff "Open-Source-Software" ist in Unternehmen geläufig. Weniger bekannt vielen dürfte dabei sein, dass mit "Open-Source" unter Programmierern wiederum nur ein Teilbereich dessen bezeichnet wird, was der Laie unter kostenloser und leicht zu erhaltener Software aus dem Internet kennt.

Selbst der Begriff "Freie Software" ist eine weitere Bezeichnung, welche ein Teil der Entwickler gewählt hat, um ihre Software gerade nicht als "Open-Source-Software" bezeichnen zu wollen.

In Deutschland wird das Thema aufgrund der zwischenzeitlich erkannten Werbewirksamkeit der Wörter "Open-Source" allgemein unter diesem Begriff behandelt.

Die Software ist dabei immer mit einem Lizenztext im Internet zusammen erhältlich. Je nachdem, unter welche der verschiedenen Lizenzen der geistige Urheber der Software diese gestellt hat, sind nicht zu unterschätzende rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten.

So sind die bekanntesten Lizenzen wohl die GNU GPL (GNU General Public License) und die LGPL. Weit verbreitet in Unternehmen sind aber auch die BSD-, MIT- und Apache-Lizenzen. Gerade die BSD-Lizenz hat weitere, ihr wesensverwandte Lizenzen hervorgebracht.

Die verschiedenen Lizenzklassen

Der Umstand, dass die meist in LINUX programmierte Software kostenlos im Internet erhältlich ist, ist nicht gleichbedeutend mit einer freien Nutzung des jeweiligen Programms ohne rechtliche Konsequenzen.

So können die Lizenzen hinsichtlich der kommerziellen Vermarktung dahingehend unterschieden werden, inwieweit das eigene "Know-how" in Form des Souce-codes (Quellcodes) eigener Software oder Softwareteilen, welche mit dem ursprünglichem Programm verbunden werden, freigegeben werden muss.

In diesem Bereich stellt die am weitesten verbreitete GNU GPL die strengsten Anforderungen. Wer die unter der GNU GPL stehende Software ändert, sie beispielsweise mit eigenen Programmteilen kombiniert und das Ergebnis als Software kommerziell verwerten möchte, stellt auch die geschaffene neue Software automatisch unter die GNU GPL.

Der Urheber der so entstandenen neuen Software ist im Fall von Änderungen z.B. dazu verpflichtet, den gesamten Source-Code des neuen Programms auf Anfrage offen zu legen.

Anzumerken ist dabei, dass die Offenlegung des Source-Codes nicht nur gegenüber dem nachweislichem und anfragendem Käufer verpflichtend ist, sondern gegenüber der so genannten "Open-Source-Gemeinschaft", d.h. gegenüber jedem Entwickler weltweit, der die unter der GNU GPL stehende Software mit ihren Änderungen für Folgeprogrammierungen und ähnlichem nutzen möchte.

Weniger strenge Anforderungen stellen Lizenzen wie die LGPL, welche eine Freilegung des Source-Codes nur in bestimmten Fällen verlangt.

BSD-verwandten Lizenzen geben dem Nutzer noch mehr Freiheiten hinsichtlich der Folgelizenzen und der Pflicht zur Offenlegung des Source-Codes. Sie weisen jedoch die Tücke auf, dass sie um Lizenzklauseln erweitert werden können. Die Tragweite solcher Klauseln ist für den Laien nicht abschätzbar.

Lizenzbestimmungen und deutsches Recht

Für die Nutzung der "Open-Source-Software" besteht kein rechtsfreier Raum. Für die Nutzung solcher Software gelten dieselben gesetzlichen Regeln wie für Verträge über sonstige IT-Leistungen (LG München 1). Die in der Regel aus dem angloamerikanischen Raum stammenden Lizenzvereinbarungen können beispielsweise dann Geltung entfalten, wenn der Anbieter der Software seinen Sitz im Ausland hat. Gerade bei Lizenzen, welche eine Abänderung der Lizenzvereinbarungen zulassen kann es zu Klauseln kommen, deren Tragweite nur vom Rechtsanwalt eingeschätzt werden können.

To-do's für Unternehmen

Ein Unternehmen, welches "Open-Source-Software" kommerziell nutzt sollte zunächst eine Ist-Analyse der Art und des Umfangs der Nutzung solcher Software durchführen. Die so aufgefundene Praxis sollte dann von der jeweiligen Lizenz abhängig und unter Zuhilfenahme eines rechtlichen Beraters so angepasst werden, das sie im Einklang mit der Lizenz steht. Die sich aufgrund der unterschiedlichen Lizenzen ergebenen Haftungsrisiken gegenüber dem eigenen Kunden sollten beispielsweise eine entsprechende Vertragsanpassung/-überarbeitung von Kundenverträgen nach sich ziehen.

Die Steuerung dieses gesamten Verfahrens erfordert weiter eine regelmäßige Kontrolle und Einpflege von Änderungen.

Fehlt ein geeignetes Verfahren hierfür, kann es als Organisationsverschulden gewertet werden.

Mögliche Konsequenzen der Nutzung für Unternehmen und von Verstößen gegen die Lizenzbestimmungen

Die kommerzielle Nutzung von Open-Source-Software kann gerade im Bereich der Mängelhaftung für den Unternehmer erheblich sein, da er selbst Ansprüchen ausgesetzt sein kann, auf welche er grundsätzlich keinen Einfluss hat. Den Urheber der Software hier in Regress nehmen zu wollen, kann an einem wirksam geschlossenen Haftungsausschluss oder mangels Erreichbarkeit des Urhebers scheitern.

Ob es für ein Unternehmen ratsam ist sein softwarebezogenes Know-how freizulegen, nur weil die neu entstandene Software nun unter eine entsprechende Lizenz fällt, ist abzuwägen.

Weigert sich ein Unternehmen den eigenen Source-Code freizugeben, so darf die gesamte Software nicht weiter vertrieben werden. Dieser Unterlassungsanspruch kann für ein Unternehmen ebenfalls zu nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Einbußen führen.

Ausblicke

Als betroffenes IT-Unternehmen sollte man sich - falls noch nicht geschehen - mit dem Thema Open-Source konkret auseinandersetzen. Eine Anpassung der Unternehmenspraxis an das rechtlich Geforderte ist möglich und sollte nicht auf die lange Bank geschoben werden. Befragen Sie hierzu den Anwalt Ihres Vertrauens. Das Argument "Die Software kostet doch nichts" könnte schnell nach hinten losgehen und die Existenz eines Unternehmens bedrohen.

Der Trend der "Open-Source-Gemeinschaft" wird in der Zukunft weiter dahin gehen, dass die lizenzwidrige Nutzung des geistigen Eigentums vor Gericht geklärt wird, wobei der deutsche Unternehmer dann hoffen sollte, dass seine Sache nicht vor einem U.S.-amerikanischen Gericht verhandelt wird. (mf)